Der Graf von Monte Christo
plötzlich, daß sich das Zimmer erleuchtete, und wandte sich um.
Ei! guten Abend, mein lieber Herr Caderousse, sagte Monte Christo, was zum Teufel tun Sie denn zu dieser Stunde hier?
Der Abbé Busoni! rief Caderousse.
Und da er nicht wußte, wie diese seltsame Erscheinung bis zu ihm gekommen war, da er doch die Tür geschlossen hatte, ließ er seinen Bund falscher Schlüssel fallen und blieb bestürzt und unbeweglich auf der Stelle. Der Graf stellte sich zwischen Caderousse und das Fenster und schnitt ihm so sein einziges Rückzugsmittel ab.
Der Abbé Busoni! wiederholte Caderousse, den Grafen mit stieren Augen anschauend.
Allerdings der Abbé Busoni; er selbst, in Person, und es freut mich, daß Sie mich wiedererkennen, mein lieber Herr Caderousse; das beweist, daß wir ein gutes Gedächtnis haben, denn wenn ich mich nicht täusche, sind es bald zehn Jahre, daß wir uns nicht gesehen.
Diese Ruhe und Ironie erfüllten Caderousse mit einem schwindelartigen Schrecken.
Der Abbé! der Abbé! murmelte er, während seine Zähne klapperten und seine Hände sich krampfhaft zusammenzogen.
Wir wollen also den Herrn Grafen von Monte Christo bestehlen? fuhr der vermeintliche Abbé fort.
Mein Herr Abbé, murmelte Caderousse, der das Fenster zu erreichen suchte, das ihm Monte Christo unbarmherzig abschnitt, mein Herr Abbé, ich weiß nicht ... ich bitte Sie zu glauben ... ich schwöre Ihnen ...
Ein Fenster durchschnitten, fuhr der Graf fort, eine Blendlaterne, ein Bund Nachtigallen, ein halb gesprengter Sekretär, das ist doch klar?
Caderousse erstickte beinahe in seiner Halsbinde, er suchte eine Ecke, in der er sich verbergen, ein Loch, durch das er verschwinden könnte.
Ah! ich sehe, Sie sind immer noch derselbe, mein Herr Mörder, sagte der Graf.
Herr Abbé, da Sie alles wissen, so wissen Sie auch, daß nicht ich es war, sondern die Carconte; die Richter haben das auch erkannt und mich nur zu den Galeeren verurteilt.
Sie haben also Ihre Zeit beendigt, da ich Sie hier gerade damit beschäftigt finde, sich wieder auf die Galeeren zu bringen?
Nein, Herr Abbé, es hat mich jemand befreit.
Dieser Jemand hat der Gesellschaft einen vortrefflichen Dienst geleistet!
Ah! ich hatte jedoch versprochen ...
Sie sind also ausgebrochen?
Ach! ja! erwiderte Caderousse in größter Unruhe.
Schlimmer Rückfall ... das wird Sie, wenn ich mich nicht täusche, auf den Richtplatz bringen. Schlimm, schlimm, Diavolo! wie die Weltlichen meines Landes sagen.
Herr Abbé, ich gebe einem Zuge nach ...
Das behaupten alle Verbrecher.
Die Not ...
Schweigen Sie doch, sagte verächtlich Busoni, die Not kann dahin führen, daß man ein Almosen fordert, daß man ein Brot an der Tür des Bäckers stiehlt, aber nicht daß man einen Sekretär in einem Hause sprengt, das man unbewohnt glaubt. War es auch die Not, als Sie den Juwelier Joannès, der Ihnen 45 000 Franken für den Diamanten, den Sie von mir erhalten, auszahlte, ermordeten, um den Diamanten und das Geld zu haben?
Verzeihung, Herr Abbé, Sie haben mich schon einmal gerettet, wenn Sie noch einmal ...
Das ermutigt mich nicht.
Sind Sie allein, Herr Abbé, fragte Caderousse, die Hände faltend, oder haben Sie bereits Gendarmen in Ihrer Nähe, um mich festzunehmen?
Ich bin ganz allein, antwortete der Abbé, und werde noch einmal Mitleid mit Ihnen haben und Sie gehen lassen welches Unglück auch meine Schwäche nach sich ziehen sollte, wenn Sie mir die volle Wahrheit sagen.
Ah! Herr Abbé, rief Caderousse, sich Monte Christo einen Schritt nähernd, ich kann wohl sagen, daß Sie mein Retter sind.
Sie behaupten, man habe Sie aus dem Bagno befreit?
Oh! so wahr ich Caderousse heiße, Herr Abbé.
Wer hat es getan?
Ein Engländer, namens Lord Wilmore.
Ich kenne ihn und werde also erfahren, ob Sie lügen.
Herr Abbé, ich spreche die reine Wahrheit.
Dieser Engländer beschützte Sie?
Nicht mich, sondern einen jungen Korsen, der mein Kettengefährte war.
Wie hieß dieser junge Korse? – Benedetto.
Das ist ein Taufname.
Er hatte keinen andern, denn er war ein Findelkind.
Also ist dieser junge Mann mit Ihnen entwichen?
Ja. Wir arbeiteten in Saint-Mandrier bei Toulon. Während des Mittagsschlafes unserer Wärter gingen wir in einen Winkel, durchsägten unsere Ketten mit einer Feile, die uns der Engländer hatte zukommen lassen, und flüchteten uns schwimmend.
Was ist aus Benedetto geworden?
Ich weiß es nicht. Wir trennten uns in Hyères.
Und um seiner Beteuerung mehr
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