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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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drei Schritte nach dem Fenster hin, denn er kannte die ausgezeichnete Feinheit der Sinne seines treuen Dieners. Er sah wirklich einen anderen Menschen, der auf einen Randstein gestiegen war und, wie es schien, zu sehen suchte, was bei dem Grafen vorging.
    Gut! sagte er, es sind zwei, der eine handelt, der andere steht auf der Lauer.
    Er hieß Ali den Mann auf der Straße nicht aus dem Gesichte verlieren und wandte sich zum Kabinett zurück.
    Der Einbrecher war eingetreten und schaute sich um, die Arme vor sich ausstreckend. Endlich schien er sich orientiert zu haben; es waren zwei Türen im Kabinett, und er schickte sich an, die beiden Riegel vorzustoßen.
    Als er sich der Schlafzimmertür näherte, glaubte Monte Christo, er wolle hereinkommen, und hielt eine Pistole bereit; doch er hörte nur das Geräusch des zugeschobenen Riegels. Es war nur eine Vorsichtsmaßregel: der nächtliche Gast, der nicht wußte, daß der Graf die Schließkappe weggenommen hatte, hielt sich nun für sicher und meinte, völlig unbesorgt vorgehen zu können.
    Jetzt zog der Mann aus seiner weiten Tasche etwas, das der Graf nicht erkennen konnte, legte dieses Etwas auf ein Tischchen, ging gerade auf den Sekretär zu und bemerkte, daß der Schlüssel wider sein Erwarten fehlte.
    Doch der Einbrecher war ein vorsichtiger Mann, der an alles gedacht hatte. Der Graf hörte bald, wie Eisen an Eisen klirrte, wie vom Schütteln eines Bundes formloser Schlüssel, wie sie die Schlosser benutzen und die bei den Dieben Nachtigallen heißen.
    Ah! ah! murmelte Monte Christo mit einem Lächeln der Enttäuschung, es ist nur ein Dieb.
    Aber der Mann konnte in der Dunkelheit das passende Werkzeug nicht herausfinden. Er nahm daher seine Zuflucht zu dem Gegenstand, den er auf das Tischchen gelegt hatte, ließ eine Feder spielen, und alsbald warf ein bleiches Licht seinen fahlen Widerschein auf die Hände und das Gesicht des Mannes.
    Halt! flüsterte Monte Christo, mit einer Bewegung des Erstaunens zurückweichend, es ist ...
    Ali hob seine Axt.
    Rühre dich nicht, sagte Monte Christo leise zu ihm, laß deine Axt liegen, wir brauchen hier keine Waffen mehr. Dann fügte er, seine Stimme noch mehr dämpfend, einige Worte hinzu; denn der Ausruf, den das Erstaunen dem Grafen entrissen hatte, war, obwohl schwach, doch hinreichend gewesen, den Mann beben zu lassen.
    Der Graf hatte Ali einen Befehl gegeben, dieser entfernte sich sogleich und machte von der Wand des Alkovens einen schwarzen Rock und einen dreieckigen Hut los. Währenddessen warf Monte Christo rasch seinen Rock, seine Weste und sein Hemd von sich, und der durch den Spalt der Füllung dringende Lichtstrahl traf ein geschmeidiges Stahlhemd, wie es in Frankreich, wo man jetzt keine Dolche mehr zu fürchten hat, vielleicht zuletzt Ludwig XVI. trug, der seine Brust vor dem Messer schützen wollte und dann mit dem Beile in den Hals getroffen wurde.
    Diese Tunika verschwand bald unter einer langen Soutane, wie die Haare des Grafen unter einer Perrücke mit Tonsur; der auf die Perrücke gesetzte dreieckige Hut verwandelte den Grafen vollends in einen Abbé.
    Der Mann hatte sich indessen, als er nichts mehr hörte, erhoben und ging wieder auf den Sekretär zu, dessen Schloß unter seiner Nachtigall zu krachen anfing.
    Gut! murmelte der Graf, der sich ohne Zweifel auf irgend ein Geheimnis der Schlosserei verließ, das dem Diebe, so geschickt er auch sein mochte, nicht bekannt war, gut! du wirst ein paar Minuten zu tun haben; worauf er ans Fenster trat.
    Der Mensch, den er hatte auf einen Randstein steigen sehen, war wieder herabgestiegen und ging in der Straße auf und ab. Als ihn Monte Christo noch einmal ins Auge faßte, schlug er sich plötzlich vor die Stirn und ließ über seine halbgeöffneten Lippen ein leichtes Lächeln hinschweben. Dann näherte er sich Ali und sagte leise zu ihm: Bleibe hier in der Dunkelheit verborgen, und welchen Lärm du auch hörst, was auch vorgehen mag, tritt nicht eher ein, als bis ich dich rufe.
    Ali machte mit dem Kopfe ein Zeichen, daß er verstanden habe und gehorchen werde. Hierauf nahm Monte Christo aus einem Schranke eine Kerze, zündete sie an, und in dem Augenblick, wo der Dieb gänzlich von dem Schloß in Anspruch genommen war, öffnete er sacht die Tür, wobei er Sorge trug, daß das Licht, das er in der Hand hielt, vollständig auf sein Gesicht fiel.
    Die Tür drehte sich so sacht, daß der Dieb das Geräusch nicht hörte, aber zu seinem großen Erstaunen sah er

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