Der Graf von Monte Christo
befriedigt fühlen.
Herr Morel, sagte Chateau-Renaud, Sie können dem Herrn Grafen von Monte Christo ankündigen, daß Herr von Morcerf eingetroffen ist und daß wir zu seiner Verfügung stehen.
Morel machte eine Bewegung, um sich seines Auftrages zu entledigen. Beauchamp zog zu gleicher Zeit sein Pistolenkästchen aus dem Wagen.
Warten Sie, meine Herren, sagte Albert, ich habe Herrn von Monte Christo ein paar Worte zu sagen.
Unter vier Augen? fragte Morel.
Nein, vor allen.
Alberts Zeugen schauten sich erstaunt an; Franz und Debray wechselten leise ein paar Worte, und Morel kehrte, freudig über diesen unerwarteten Zwischenfall, zu dem Grafen zurück, der mit Emanuel spazieren ging.
Was will er von mir? fragte Monte Christo.
Ich weiß nicht; er verlangt mit Ihnen zu sprechen.
Oh! er versuche Gott nicht durch eine neue Beleidigung!
Ich glaube nicht, daß dies seine Absicht ist, entgegnete Morel.
Der Graf ging, von Maximilian und Morel begleitet, vorwärts; sein ruhiges, heiteres Antlitz stand in seltsamem Widerspruch zu dem verstörten Antlitz Alberts, der sich ihm mit den vier jungen Leuten näherte.
Drei Schritte voneinander blieben Albert und der Graf stehen.
Meine Herren, nähern Sie sich, sagte Albert; kein Wort von dem, was ich Herrn von Monte Christo zu sagen die Ehre haben werde, soll verloren gehen, denn was ich sage, mögen Sie jedem wiederholen, der es hören will, so seltsam meine Rede auch erscheinen mag.
Ich warte, mein Herr, sagte der Graf.
Herr Graf, begann Albert mit einer anfangs zitternden Stimme, die jedoch immer mehr Sicherheit gewann, Herr Graf, ich machte Ihnen zum Vorwurf, daß Sie das Benehmen des Herrn von Morcerf in Epirus bekannt machten, denn so schuldig auch Herr von Morcerf war, so glaubte ich doch nicht, Sie seien berechtigt, ihn zu bestrafen. Heute aber weiß ich, daß Sie dieses Recht haben. Nicht der Verrat Fernand Mondegos gegen Ali Pascha macht mich so bereitwillig, Sie zu entschuldigen, sondern der Verrat des Fischers Fernand gegen Sie und das unerhörte Unglück, das die Folge dieses Verrats gewesen ist. Auch sage ich und erkläre ich laut: Ja, mein Herr, Sie haben recht gehabt, sich an meinem Vater zu rächen, und ich, sein Sohn, danke Ihnen, daß Sie nicht mehr getan haben.
Hätte der Blitz mitten unter die Zuschauer dieser unerwarteten Szene geschlagen, sie wären sicherlich nicht erstaunter gewesen, als bei dieser Erklärung.
Monte Christo erhob langsam die Augen zum Himmel mit einem Ausdrucke unendlicher Dankbarkeit und konnte nicht genug bewundern, wie die aufbrausende Natur Alberts, dessen Mut er in Rom kennen gelernt hatte, sich so völlig unter diese Demütigung beugte. Er erkannte Mercedes' Einfluß und begriff, wie deren edles Herz sich dem Opfer nicht widersetzt hatte, von dem es zum voraus wußte, daß es unnötig sein sollte.
Wenn Sie nun meine Entschuldigungen genügend finden, mein Herr, sagte Albert, so bitte ich Sie, geben Sie mir Ihre Hand.
Das Auge feucht, die Brust beklommen, den Mund halb geöffnet, reichte Monte Christo Albert seine Hand, die dieser mit einem Gefühle drückte, das einem ehrfurchtsvollen Schrecken glich.
Meine Herren, sagte er, Herr von Monte Christo hat die Güte, meine Entschuldigungen anzunehmen; ich hatte voreilig gegen ihn gehandelt. Die Eile ist eine schlechte Ratgeberin, ich handelte schlecht. Nun ist mein Fehler wieder gutgemacht. Ich hoffe, die Welt wird mich nicht für feig halten, weil ich getan, was mir mein Gewissen befohlen. Doch in jedem Falle, sollte man meinen Schritt falsch auffassen, sagte der junge Mann, stolz das Haupt erhebend, und als richtete er eine Aufforderung an seine Freunde und an seine Feinde, in jedem Fall würde ich diese Ansicht über mich in das rechte Geleise zu bringen wissen.
Was hat sich denn in der letzten Nacht ereignet? fragte Beauchamp Chateau-Renaud; es scheint mir, wir spielen hier eine traurige Rolle.
In der Tat, was Albert getan, ist entweder sehr erbärmlich oder sehr schön, antwortete der Baron.
Ah! lassen Sie hören? fragte Franz Debray, was soll das bedeuten? Wie! der Graf von Monte Christo entehrt Herrn von Morcerf, und er hat recht in den Augen seines Sohnes? Hätte ich zehn Janina in meiner Familie, so würde ich mich verpflichtet fühlen, mich zehnmal zu schlagen.
Die Stirn gesenkt, die Arme schlaff, niedergebeugt unter der Last von vierundzwanzig Jahren der Erinnerung, dachte Monte Christo weder an Albert, noch an Beauchamp, noch an Chateau-Renaud,
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