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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

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habe und keine mehr haben soll. Ich danke Ihnen, daß Sie so gütig waren, mich zu erkennen.
    Debray stieg zwei Stufen zurück, gab Albert einen kräftigen Händedruck und sagte mit aller Rührung, deren er fähig war: Glauben Sie, lieber Albert, daß ich innigen Anteil an Ihrem Unglück genommen habe, und daß Sie in jeder Beziehung über mich verfügen können.
    Ich danke, mein Herr, erwiderte Albert lächelnd; doch mitten in unserem Unglück sind wir reich genug geblieben, um zu niemand unsere Zuflucht nehmen zu müssen; wir verlassen Paris, und es bleiben uns nach Bezahlung unserer Reise noch 5000 Franken.
    Schamröte übergoß Debrays Stirn, der eine Million in seinem Portefeuille trug. Trotz seiner geringen poetischen Veranlagung konnte er nicht umhin, Vergleiche darüber anzustellen, daß dasselbe Haus noch vor wenigen Augenblicken zwei Frauen enthielt, von denen die eine mit 1 500 000 Franken doch arm wegging, während die andere, erhaben in ihrem Unglück, mit wenigen Pfennigen reich war.
    Diese Betrachtung störte ihn in seinen Höflichkeitsphrasen; er stammelte ein paar allgemeine Worte und ging rasch die Treppe hinab.
    An diesem Tage hatten die ihm untergeordneten Schreiber im Ministerium viel unter seiner verdrießlichen Laune zu leiden. Doch am Abend kaufte er sich ein schönes, auf dem Boulevard de l'a Madeleine liegendes Haus.
    Am andern Tage, um fünf Uhr abends, stieg Frau von Morcerf, nachdem sie ihren Sohn zärtlich umarmt hatte und zärtlich von ihm umarmt worden war, in den Wagen der Schnellpost.
    Ein Mann stand verborgen im Hofe der Messagerie Laffitte hinter einem von den gewölbten Fenstern, die jenes Büro überragten; er sah Mercedes in den Wagen steigen, er sah die Post wegfahren, er sah Albert sich entfernen.
    Dann fuhr er mit der Hand über seine vom Zweifel durchfurchte Stirn und sagte: Ach! Wie vermag ich diesen beiden Unschuldigen das Glück zurückzugeben, das ich ihnen genommen habe?

Der Löwengraben.
     
    Eine Abteilung der Force, welche die gefährlichsten Gefangenen enthielt, hieß die Cour de Saint-Bernand. Die Gefangenen nannten sie aber in ihrer kräftigen Sprache Löwengraben, ohne Zweifel, weil sie Zähne haben, die häufig in die Gitterstangen und zuweilen auch die Wächter beißen.
    Es ist ein Gefängnis im Gefängnis, die Mauern haben die doppelte Dicke. Jeden Tag untersucht ein Kerkerknecht sorgfältig die massiven Gitter, und an den herkulischen Gestalten, an den kalten, scharfen Blicken der Wächter erkennt man, daß diese in Anbetracht der Gefährlichkeit der Insassen sorgfältig ausgewählt sind.
    Der zu dieser Abteilung gehörige Grasplatz ist von ungeheuren Mauern umgeben, über welche die Sonne nur schräg hereinfällt. Hier irren von der Stunde des Aufstehens an sorgenvoll, abgemagert, bleich wie Schatten, die Menschen umher, welche die Gerechtigkeit unter dem Messer gebeugt hält, das sie für sie schärft. Man sieht sie an der Mauer lehnen, die am meisten Wärme einzieht und zurückhält. Hier verweilen sie, zwei und zwei plaudernd, öfter noch allein, das Auge unablässig auf die Tür geheftet, die sich öffnet, um einen von den Bewohnern dieses finsteren Aufenthaltes für immer abzurufen, oder um in den Schlund eine neue aus dem Schmelztigel der Gesellschaft ausgeworfene Schlacke zu speien.
    Diese Abteilung hat ihr eigenes Sprechzimmer; es ist ein langes Viereck, durch zwei etwa drei Fuß voneinander parallel laufende Gitter in zwei Teile geteilt, so daß der Besuch dem Gefangenen nicht die Hand geben oder ihm etwas zuschieben kann. Dieses Sprechzimmer ist düster, feucht und in jeder Hinsicht fürchterlich.
    So gräßlich aber auch der Ort ist, so ist er doch ein Paradies für diese Menschen, deren Tage gezählt sind; denn selten verläßt man den Löwengraben, um anderswohin zu gehen, als aufs Schafott, in das Bagno oder in das Zellengefängnis.
    In dem beschriebenen feuchtkalten Hofe ging, die Hände in den Rocktaschen, ein junger Mensch auf und ab, der von den Bewohnern des Grabens mit großer Neugierde betrachtet wurde.
    Nach dem Schnitte seiner Kleider hätte man ihn für einen feinen Herrn halten können, wären diese Kleider nicht zerfetzt gewesen. Sie sahen indessen auch nicht abgetragen aus; fein und weich an den unberührten Stellen, nahm das Tuch unter der streichelnden Hand des Gefangenen leicht wieder seinen Glanz an. Er wandte dieselbe Sorgfalt an, um sein Battisthemd in Ordnung zu bringen, und fuhr über seine lackierten Stiefel mit dein

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