Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
weniger Monate den Hass zu ersticken, den ein über zweihundert Jahre währender Krieg zwischen den zwei Nationen entfacht hat?
Sie wissen, wie wenig Macht die englischen Gesetze uns über die Presse einräumen; uns sind die Hände gefesselt, sogar gegenüber denen, die jeden Tag die englische Regierung mit Schimpf und Schande überhäufen. Die Bezüge der Chouans wiederum sind der Lohn für vergangene Dienste und nicht etwa Zahlungen für künftige. Und der Empfang, der den emigrierten Prinzen zuteil wird, ist der noble Ausdruck englischer Gastfreundschaft.«
»Doch all das«, unterbrach ihn Bonaparte, »rechtfertigt weder die Nachsicht, mit der die französischen Pamphletisten behandelt werden, noch die Ruhegelder, die Sie den Meuchelmördern zahlen, noch die Ehrenbezeigungen, die den bourbonischen Prinzen zuteil werden.« Er brach in Gelächter aus. »Einem Mann, den ich so schätze wie Sie«, sagte er, »will ich nicht die Haltlosigkeit Ihrer Argumente vor Augen führen. Kehren wir zu Malta zurück.«
»Nun denn, ich kann Ihnen versichern«, sagte Lord Whitworth schnell, »dass unsere Soldaten zum gegenwärtigen Zeitpunkt Alexandria geräumt haben dürften, und das Gleiche träfe auch auf Malta zu, hätte Ihre Politik nicht so gewaltige Veränderungen in Europa bewirkt.«
»Auf was für Veränderungen spielen Sie an?«, rief Bonaparte.
»Haben Sie sich etwa nicht zum Präsidenten der Republik Italien ernennen lassen?«
»Milord«, sagte Bonaparte lachend, »ist Ihr Zahlengedächtnis so schwach, dass Sie vergessen haben sollten, dass diese Präsidentschaft mir vor dem Vertrag von Amiens angetragen wurde?«
»Und was ist mit dem Königreich Etrurien, das Sie geschaffen haben«, erwiderte der Gesandte, »ohne England zu diesem Gegenstand im Mindesten zu konsultieren?«
»Da irren Sie sich, Milord: England wurde so eingehend konsultiert, obwohl es sich dabei um eine überflüssige Formalität handelte, dass es die umgehende Anerkennung dieses Königreichs in Aussicht gestellt hat.«
»England«, erwiderte Lord Whitworth, »hat Ihre Zusage verlangt, den König von Sardinien wieder in Besitz seiner Länder zu setzen.«
»Und ich habe Österreich, Russland und Ihnen erwidert, dass ich ihm nicht nur seine Länder nicht wiedergeben, sondern ihn auch nicht entschädigen werde. Sie wussten schon immer, denn es war nie ein Geheimnis, dass ich mich seit Langem mit der Absicht trage, Piemont mit Frankreich zu vereinigen; diese Vereinigung ist Voraussetzung für meine Herrschaft über Italien, eine ungeschmälerte Herrschaft, weil ich es so will, und so
soll es bleiben. Aber lassen Sie uns beide ruhig einen Blick auf die Karte Europas werfen: Sehen Sie selbst, sehen Sie nur. Gibt es in irgendeinem Winkel, an irgendeinem Flecken ein Regiment meiner Armee, das dort nichts zu suchen hat? Gibt es irgendwo einen Staat, den ich bedrohe oder den ich überfallen will? O nein, das wissen Sie sehr wohl, zumindest solange der Frieden Bestand haben wird.«
»Wären Sie offen, Citoyen Erster Konsul, gäben Sie zu, dass Sie Ägypten noch immer im Sinn haben.«
»Gewiss habe ich Ägypten im Sinn, gewiss doch, gewiss werde ich es immer im Sinn behalten, und das erst recht, wenn Sie mich zwingen sollten, Krieg zu führen. Doch Gott bewahre mich davor, den Frieden aufs Spiel zu setzen, den wir seit so Kurzem erst genießen, und das einer bloßen Frage der Chronologie wegen. Das Osmanische Reich bröckelt an allen Ecken und Enden und steht kurz vor dem Zusammenbruch; sein Platz ist nicht in Europa, sondern in Asien; ich werde mich dafür einsetzen, es solange wie möglich am Leben zu erhalten, doch wenn es zerbricht, dann will ich, dass auch Frankreich davon profitiert. Sie müssen zugeben, nichts wäre leichter gewesen, als eine der zahlreichen Schiffsbemannungen, die ich nach Santo Domingo führe, Kurs auf Alexandria nehmen zu lassen. Sie haben dort viertausend Mann stationiert, die seit zehn Monaten Ägypten hätten verlassen sollen; diese viertausend Mann wären kein Hindernis für mich gewesen, sondern im Gegenteil ein Vorwand. Ich hätte Ägypten in vierundzwanzig Stunden erobert, und diesmal hätten Sie es mir nicht wieder abgejagt. Sie denken, meine Machtfülle mache mich blind für das Bild, das die öffentliche Meinung in Frankreich und in Europa von mir hat. Ich aber sage Ihnen, dass diese Machtfülle nicht so groß ist, dass sie mir einen mutwillig vom Zaun gebrochenen Angriffskrieg erlauben würde. Wäre ich so töricht,
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