Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Rassen.
Niemand wäre auf den Gedanken verfallen, Adda Komplimente zu ihrer Schönheit zu machen. Man bewunderte sie wortlos.
Die vier Negerdiener hatten soeben den ersten Gang abgetragen, als die Hunde wieder laut zu bellen begannen.
Alle blickten erstaunt auf, doch Remi sagte: »Beachten Sie sie nicht, es ist nur Justin, der nach Hause kommt.«
Mit einem Mal schwoll das Geheul der Hunde an. Die Brüder nickten einander zu.
»Hat er den Tiger erlegt?«, fragte René.
»Ja«, erwiderte Remi, »und er bringt sein Fell mit, was die Hunde in Raserei versetzt.«
In diesem Augenblick wurde die Zimmertür geöffnet, und der älteste der drei Brüder, ein schöner junger Mann von herkulischer Gestalt, mit rotblondem Haupthaar und Bart, erschien auf der Schwelle, gekleidet in einen Kittel nach gallischer Art, der ihm bis zu den Knien reichte und gegürtet war, und wie auf einem antiken Bildnis mit dem Kopf des Tigers bekrönt, dessen Tatzen sich über seiner Brust kreuzten.
Diese Erscheinung war so fremdartig und unerwartet, und der Anblick dieses Antlitzes, an dem die Blutstropfen des Tiers hinabrannen, war so gebieterisch, dass alle Anwesenden sich erhoben.
Justin jedoch verneigte sich an der Tür, ging auf Hélène zu, beugte ein Knie und sagte: »Mademoiselle, seien Sie so gnädig, den Fuß auf diesen Teppich zu setzen, den ich Ihrer würdiger wünschte.«
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Das irdische Paradies
Im Jahr 1780 und ungefähr fünfundzwanzig Jahre vor dem oben Berichteten war der Vicomte de Sainte-Hermine als Kapitän der Victoire mit einem Geheimauftrag zu dem König von Pegu entsandt worden, der sein Reich kurz zuvor von dem Reich Ava abgespalten hatte. Sein Auftrag war, am Golf von Bengalen, das heißt am Westufer des neuen Königreichs, ein Territorium von sieben oder acht Meilen Ausdehnung zwischen dem Fluss Metra und dem Meer zu finden, um dort eine französische Kolonie zu errichten. König Ludwig XVI. hatte Waffen, Geld und sogar französische Ingenieure angeboten, um dem neuen Königreich in den Sattel zu helfen.
Der neue Herrscher hieß Mondirawia-paja. Als intelligenter Mann erklärte er sich einverstanden, doch um dem Vicomte de Sainte-Hermine zu beweisen, wie ernst es ihm mit der Bindung an Frankreich war und wie sehr er den Vicomte schätzte, bot er ihm an, sich unter den bewohnten Teilen des Königreichs einen Landstrich auszusuchen, auf dem er eine Handelsniederlassung gründen konnte.
Der Vicomte de Sainte-Hermine hatte an Bord der Victoire einen sehr gescheiten Zimmermann, den Sohn eines alten Dieners seines Vaters.
Dieser Zimmermann hieß Remi; das einzige Buch, das er je gelesen hatte – mehr noch, das er ohne Unterlass immer wieder las -, war Robinson Crusoe . Die Lektüre von Defoes Roman war ihm so sehr in den Kopf gestiegen, dass er jedes Mal, wenn an einer Insel angelegt wurde, die seinem Geschmack entsprach, den Vicomte de Sainte-Hermine anflehte, ihn mit seinem Werkzeug an Land abzusetzen, ihm ein Gewehr samt Pulver und Kugeln mitzugeben und ihn seinem Schicksal zu überlassen.
Monsieur de Sainte-Hermine hatte kein Privatvermögen erworben; er wusste, wie reich der Boden der Ländereien war, die ihm angeboten wurden, und er beschloss, das Angebot des Königs anzunehmen, sich umzusehen und seine Wahl zu treffen, sollte sich etwas Geeignetes finden. Zudem bedeutete dies, dass er Remi seinen Wunsch erfüllen konnte, ohne auf seine Dienste verzichten zu müssen.
Vermutlich legte er den gleichen Weg zurück, den wir zuvor mit seinen zwei Töchtern, deren jüngere damals noch gar nicht geboren war, siebzehn Jahre später zurückgelegt haben, bis er die Stelle erreichte, die wir gegen Beginn des Jahres 1805 als Land des Betels bezeichnet finden.
Die Lage der Ländereien war vortrefflich, und der Vicomte war sich dieser Vorteile bewusst. Über den Fluss Pegu war man mit Rangun und Siriam verbunden, über den Fluss Sittang mit dem Archipel von Mergi und über den Fluss Thalawadi mit Mataban und der Westküste von Siam. Die Gegend war von der Natur befestigt. Sie bildete eine Halbinsel, von den Zuflüssen des Sittangs fast ganz umschlossen. Mit dem Festland war sie nur auf eine Breite von wenigen hundert Metern verbunden. Ganz offenkundig war bereits versucht worden, systematisch Landwirtschaft zu betreiben, denn dem Betel, der in Indien nicht heimisch ist, begegnete man dort auf Schritt und Tritt.
Monsieur de Sainte-Hermine entschied sich für diesen Ort. Die Halbinsel umfasste ein Gebiet von etwa
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