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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Männer wurden von Jules und Bernard zu ihren Räumen gebracht.
    Jules hatte in Kalkutta seine Lehre gemacht und sprach Englisch, und deshalb war er dem englischen Kapitän zugeteilt worden.
    Bernard, der neben dem Französischen nur einen Dialekt beherrschte, der auf Sumatra und der Halbinsel Malaysia gesprochen wird, war für René zuständig.
    Und damit man uns nicht missverstehe: Die Wendungen »zugeteilt« und »zuständig« bezeichnen keinerlei Tätigkeit, die sich der des Dienstbotenstandes vergleichen ließe, und die Söhne Remis besaßen im Bewusstsein ihres Werts einen ungeschliffenen Stolz, der ihnen die Höflichkeit eines Gastgebers und nicht eines Dieners verlieh. Von Anfang an waren René und Bertrand gute Freunde. Sir James war von hochmütigerem Naturell, und es dauerte einige Zeit, bis er sich mit Jules arrangierte.
    Nach einer halben Stunde wurden die Neuankömmlinge zu Tisch gerufen.
    Als die Gäste das Speisezimmer betraten, fanden sie nur vier Gedecke vor. Vater, Söhne und Tochter standen an der Wand.
    »Adda«, sagte Hélène mit ihrer sanften Stimme, »außer dem Gedeck Ihre Bruders, der auf der Jagd ist, fehlen vier weitere Gedecke.«
    Adda sah Hélène erstaunt an. »Mademoiselle«, sagte sie, »ich verstehe Sie nicht.«
    »Ein Gedeck für Ihren Vater«, sagte Hélène in beinahe gebieterischem Ton, »zwischen meiner Schwester und mir, eines für Sie zwischen diesen zwei Herren, eines zu meiner Rechten und zur Linken Janes für Ihre zwei anwesenden Brüder und ein fünftes Gedeck für Ihren Bruder, der noch auf der Jagd weilt. Ich wagte sogar zu behaupten, dass Monsieur René mir nicht widerspräche, wenn ich sagte, es würde ihn freuen, seinen Freund Monsieur François mit ihm zu Tisch sitzen zu sehen; François hat heute einen Tiger erlegt und dabei eine Gelassenheit und Selbstverständlichkeit bewiesen wie der geübteste Jäger; wer aber einen Tiger zu erlegen versteht, der hat es meiner Ansicht nach auch verdient, an jedem Tisch Platz zu nehmen, sogar an dem eines Kaisers.«
    »Aber Mademoiselle«, wandte der alte Mann ein, indem er vortrat, »warum wollen Sie die Schranken zwischen Dienern und Herrschaft niederreißen? Sie können sie leugnen, doch wir werden sie niemals vergessen.«
    »Meine Freunde«, sagte Hélène, »unter uns gibt es weder Diener noch
Herren, denn das hat mein Vater mir beharrlich versichert. Wenn wir Sie um Ihre Gastfreundschaft bitten, erheben Sie sich von Ihrem Tisch, Sie empfangen uns, doch ist das Gastfreundschaft? Wir wollen keinen Einfluss auf Ihre Zeiteinteilung oder Ihre Gewohnheiten nehmen, doch wir bitten Sie, uns heute Abend die Ehre zu erweisen, mit uns zu speisen.«
    »Wenn Mademoiselle es verlangt«, sagte Remi, »gehorchen wir ihr, Adda.«
    Und er schlug auf ein Tamtam, dessen lautes Dröhnen die Diener herbeirief, und vier Neger präsentierten sich.
    »Befehlen Sie«, sagte Remi zu Hélène.
    Hélène befahl, fünf weitere Gedecke aufzulegen, und zeigte, wo sie aufgelegt werden sollten.
    Die zwei Schwestern rückten auseinander, so dass der Greis zwischen ihnen sitzen konnte; seine zwei Söhne setzten sich zu Hélènes rechter und Janes linker Seite. Die beiden Franzosen waren ebenfalls auseinandergerückt, und mit französischer Galanterie bot René Adda einen Stuhl an.
    Dann wurde François gerufen, der nach ein wenig Zieren sah, dass ihm keine Wahl blieb, und sich dareinschickte, gegenüber dem Gedeck des abwesenden Jägers Platz zu nehmen.
    Erst da beachteten die Besucher Adda; ihre Schönheit war so außergewöhnlich, dass sogar die zwei Französinnen einen leisen Ruf der Bewunderung ausstießen.
    Mit ihren großen schwarzen Augen, ihrem leicht bräunlichen Teint, ihren glatten schwarzen Haaren, die an Rabengefieder erinnerten, mit ihren kirschroten Lippen und ihren Zähnen wie Perlen war Adda die Verkörperung einer indischen Venus; ihre Arme und Hände waren vom Ebenmaß einer Statue, und gekleidet war sie in einen Sari aus bengalischer Seide, dessen dünne Falten keine der Beschönigungen europäischer Gewänder erlaubten. Solche Gewänder legen die Bildhauer über den Marmor ihrer Statuen, Gewänder, die alle Liebesgeheimnisse verraten, welche die Keuschheit ihnen anvertraut. Addas Anmut war von jener Art, wie sie nicht nur Frauen, sondern auch wilde Tiere auszeichnet. Sie hatte sowohl etwas vom Schwan als auch von der Gazelle und daneben Feuer und Geist zutiefst französischer Prägung. Sie war das glanzvolle Ergebnis der Kreuzung zweier

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