Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
den Salven der Belagerer auszusetzen.
    Die größeren Tiere grasten draußen. Die Hühner pickten in der Nähe des Hauses ihre Würmer.
    Am Abend brachte der Instinkt die Tiere in die Umfriedung zurück: Aus dem besorgten Krähen des Hahns und dem Bellen der Hunde konnte man erraten, dass ein Tiger oder ein Panther um den Zaun herumschlich.
    Doch weder tagsüber noch nachts ließ sich einer dieser Räuber blicken.
    Remi musste sich jedoch eingestehen, dass seine vielen Mitesser allmählich
mehr Arbeit machten, als er allein bewältigen konnte; bisweilen, wenn er seine Schwäche beklagte, dachte er sich, dass eine Frau in seiner entstehenden Kolonie nicht fehl am Platz wäre – nicht allein, um ihm Hoffnung einzuflößen, sondern auch, um ihm bei den zahlreichen Arbeiten zu helfen, die es zu verrichten galt.
    Eines Nachts, als diese Gedanken, die er für das Werk des bösen Feindes hielt, ihn besonders hartnäckig gequält hatten, weckten ihn vor Tagesanbruch das Krähen seines Hahns, das Gebell seiner Hunde und Gewehrschüsse, die vom Flussufer zu kommen schienen.
    Remi ergriff ein Gewehr, steckte Patronen ein und eilte zum Sittang, von seinen Hunden gefolgt.
    Am Ufer lagen drei Tote, die offenbar von den Wegelagerern überfallen worden waren, die auf dem Fluss in den Westen von Siam zu fahren pflegten.
    Remi rief, doch niemand antwortete; als es hell war, sah er ein menschliches Wesen neben den Toten knien, steif und reglos wie eine Statue.
    Er ging hin; es war eine junge Inderin von zwölf oder dreizehn Jahren; sie kniete neben einem etwa vierzigjährigen Mann, der tot am Boden lag, von einer Kugel in der Brust niedergestreckt.
    Remi, der seit zwei Monaten in dieser Einöde lebte, wirkte mit seinen langen Haaren und seinem struppigen Bart selbst wie ein Brigant.
    Doch das junge Mädchen bezeigte bei seinem Anblick keinerlei Furcht, sondern wies auf den Toten, senkte wieder den Kopf und brach in Tränen aus.
    Remi wartete einige Zeit, damit das Mädchen sich ausweinen konnte. Dann bedeutete er ihm, aufzustehen und ihm zu folgen.
    Das Mädchen erhob sich, stieß drei Rufe aus, auf die keine Antwort erfolgte, legte mit jugendlicher und ungekünstelter Anmut Hand und Kopf an Remis Schulter und ging im gleichen Schritt neben ihm her.
    Eine Dreiviertelstunde später erreichten sie den Palisadenzaun.
    Die Tiere drängten sich am Tor, seit sie die beiden erblickt hatten, und scharten sich voller Wiedersehensfreude um sie, als sie eintraten.
    Der Hund bellte, das Schwein grunzte, die Kuh muhte, das Pferd wieherte, die Katze miaute, der Hahn krähte.
    Eva betrat das irdische Paradies, und jedes Tier begrüßte sie auf seine Manier. Nur der Mensch schwieg, doch als er die Tür seines Hauses öffnete, klopfte sein Herz wie nie zuvor.

72
    Die Kolonie
    Remi trug mehrere Armvoll eines Farngewächses, das um das Haus herum üppig wucherte, auf den Speicher, legte das Pantherfell darüber, schnitzte zwei weitere Schemel, und der Speicher wurde zum Gemach der neuen Eva.
    Remi war es, als sähe er die junge Birmanin zum ersten Mal, und was er sah, bezauberte ihn: Sie trug ein weites himmelblaues Gewand mit einer Seidenkordel als Gürtel, am Halsausschnitt und an den weiten Ärmeln bestickt; Sandalen aus geflochtenem Stroh bekleideten ihre kindlichen Füße; ihre bloßen Hände, deren Haut nur um weniges dunkler war als die des Gesichts, waren reizend geformt, und ihr aufmerksamer Blick war voller Dank für Remi und schien zu besagen: »Wenn das Unglück mich schon zu dir gebracht hat, was kann ich für dich tun?«
    Remi seinerseits war bereit, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das junge Mädchen von dem Unglück abzulenken, das ihm widerfahren war; und ihre beiderseitige Bereitschaft ermöglichte ihnen, sich schon bald mit birmanischen und französischen Brocken über die grundlegenden Bedürfnisse radebrechend zu verständigen.
    Das Mädchen stammte zweifellos aus einem bäuerlichen Volk, denn es kümmerte sich sofort um die Tiere; es gab Remi zu verstehen, dass Eber und Bache getrennt untergebracht werden mussten, und noch am selben Tag wurde der Schweinestall gebaut. Das Kalb war groß genug, um die Milch seiner Mutter nicht mehr zu benötigen, die es aus Genusssucht oder Bequemlichkeit noch immer trank. Remis neue Gefährtin flocht aus Pflanzenfasern Körbe von so feiner Beschaffenheit, dass sie die Milch so gut auffangen konnten wie ein Gefäß aus Holz oder Steingut; sie sammelte die Eier ein und unterteilte die

Weitere Kostenlose Bücher