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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Warum hast du dies getan? Warum hast du nicht das getan? Unser Gott antwortet nicht, er ist uns zu fern, und unsere kleinen Kümmernisse kümmern ihn nicht. Und dann behandeln wir ihn ungerecht, wir werfen ihm die Missgeschicke vor, die uns widerfahren, als hätte er sie über uns gebracht, und als wären wir es nicht zufrieden, bloß unglücklich zu sein, handeln wir gottlos und gotteslästerlich.
    Sie, meine liebe Jane, wollen von Gott wissen, warum er uns nicht so nebeneinander belässt, wie wir jetzt sitzen, und Sie bedenken nicht, dass Sie die Zeit mit der Ewigkeit verwechseln. Wir sind armselige Atome, mitgerissen von den Umstürzen einer Nation, zermalmt zwischen einer endenden und einer beginnenden Welt, mitgerissen von einem Königtum, das sich zugrunde richtet, und einem Reich, das sich erhebt. Fragen Sie Gott, warum Ludwig XIV. mit seinen Kriegen Frankreich die Männer geraubt hat, warum er das Staatsvermögen mit seinen prunkvollen Launen aus Marmor und Bronze ruiniert hat. Fragen Sie ihn, warum er eine katastrophale
Politik betrieben hat, um am Ende einen Ausspruch zu tun, der, als er ihn tat, schon nicht mehr zutraf: ›Es gibt keine Pyrenäen mehr.‹ Fragen Sie ihn, warum er unter dem Einfluss der Launen einer Frau und unter der Knute eines Priesters das Edikt von Nantes widerrufen und Holland und Deutschland reich gemacht hat, indem er Frankreich ruinierte. Fragen Sie ihn, warum Ludwig XV. das verhängnisvolle Werk seines Großvaters fortgesetzt hat und eine Herzogin Châteauroux, eine Marquise d’Étioles, eine Gräfin du Barry geschaffen hat. Fragen Sie ihn, warum er gegen jede geschichtliche Vernunft dem Rat eines bestochenen Ministers folgte und es einer österreichischen Prinzessin ermöglicht hat, den französischen Thron zu besteigen, als hätte er vergessen, dass eine Allianz mit Österreich dem Lilienbanner noch nie Glück gebracht hat. Fragen Sie ihn, warum er Ludwig XVI. statt mit königlichen Eigenschaften mit der biederen Gesinnung eines braven Bürgers bedacht hat, aber ohne die Achtung vor dem eigenen Wort, ohne die Festigkeit des Familienvaters; fragen Sie ihn, warum er zugelassen hat, dass ein König einen Eid schwört, den er nicht zu halten gedenkt, warum er zugelassen hat, dass dieser König sich im Ausland Unterstützung gegen seine Untertanen suchte, und warum er einen erhabenen Kopf auf das Schafott gebracht hat, das für gewöhnliche Verbrecher bestimmt ist.
    Denn dort, meine arme Jane, finden Sie den Beginn unserer Geschichte. Dort erfahren Sie, warum ich nicht bei Ihrer Familie bleiben konnte, in der ich doch einen Vater und zwei Schwestern gefunden hatte. Dort erfahren Sie, warum mein Vater auf dem Schafott starb, das noch vom Blut des Königs gerötet war, warum mein ältester Bruder füsiliert wurde, warum mein zweitältester Bruder guillotiniert wurde, warum ich, als Nächster an der Reihe, ein gegebenes Versprechen zu halten, ohne Begeisterung und ohne Überzeugung einem Weg gefolgt bin, der mich in ebenjenem Augenblick, als ich des Glücks teilhaftig zu werden wähnte, all meinen Hoffnungen entriss und für drei Jahre in das Temple-Gefängnis verbannte, um mich danach der geheuchelten Milde eines Mannes auszuliefern, der mein Leben dem Unglück überantwortete, indem er mich begnadigte. Wenn Gott Ihnen antwortete und wenn er die Frage beantwortete, warum er Ihnen nicht erlaubt, so zu leben, wie es Ihnen genügen würde, dann könnte er sagen: ›Bedauernswertes Kind, mit den unendlich geringfügigen Ereignissen Ihrer beider Leben, die Sie zufällig zusammengebracht haben und ebenso zufällig trennen, habe ich nichts zu schaffen.‹«
    »Aber glauben Sie denn nicht an Gott, René?«, rief Jane entsetzt.

    »Gewiss doch, Jane, aber ich glaube an einen Gott, der die Welten erschafft, der ihnen ihren Weg im Äther weist und aus ebendiesem Grund keine Zeit hat, sich mit Unglück oder Wohlergehen zweier armseliger Atome zu befassen, die auf der Oberfläche unseres Globus dahinkriechen. Jane, meine arme Freundin, ich habe drei Jahre damit zugebracht, all diese Rätsel zu ergründen; ich bin auf der einen Seite des Lebens in diese unergründlichen Geheimnisse eingetaucht und auf der anderen hinausgelangt, ohne erfahren zu haben, wie und warum wir leben, wie und warum wir sterben, und ich dachte mir, dass Gott ein Wort ist, das ich benutze, um zu bezeichnen, was ich suche; das wahre Wort wird mir einst der Tod sagen, wenn er nicht noch stummer ist als das Leben.«
    »O

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