Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
lange dauern, bis er es war. Die Kanonenkugeln von sieben Schiffen der vereinigten Flotte pfiffen ihm bereits über den Kopf, zerrissen die Segel der Victory und durchpflügten ihr Oberdeck.
Der erste Gefallene an Bord der Victory war Nelsons Sekretär, ein junger
Mann namens Scott; als er mit seinem Admiral und Kapitän Hardy sprach, riss ihn eine Kanonenkugel entzwei.
Da Nelson dem jungen Mann sehr zugetan gewesen war, ließ Hardy den Leichnam sogleich entfernen, damit sein Anblick den Admiral nicht betrübte.
Fast im selben Augenblick zerstückelten zwei Stangenkugeln acht Männer an Deck.
»Oh«, sagte Nelson, »es geht zu hitzig her, um lange anzuhalten.«
Er hielt sich am Arm eines Leutnants fest, schwankte einen Augenblick lang keuchend und sagte dann: »Schon gut, schon gut, es ist vorbei.«
Die Kanonenkugeln stammten von der Redoutable.
Wie gesagt war es zu jener Zeit üblich, auf Mastwerk und Takelage zu zielen, doch Lucas teilte diese Eigenart nicht.
»Freunde«, sagte er zu den Kanonieren, bevor sie feuerten, »zielen Sie tief! Es freut die Engländer nicht, wenn sie getötet werden.«
Und sie zielten tief.
Die Victory hatte noch keinen Schuss abgegeben.
»Drei Schiffe stehen uns zur Auswahl; welches davon wollen wir ansteuern?«, fragte Hardy Nelson.
»Das nächste«, erwiderte Nelson. »Wählen Sie selbst.«
Es war die Redoutable , die bis dahin die größten Schäden an der Victory verursacht hatte. Hardy befahl den Rudergängern, die Victory so dicht wie möglich an die Redoutable heranzumanövrieren und längsseits zu gehen.
»Ich glaube«, sagte René zu Lucas, »ich sollte allmählich meinen Posten im Mastkorb beziehen.«
Und er kletterte die Wanten des Besanmasts hinauf.
Während René kletterte, spien die Geschütze beider Schiffe ununterbrochen Tod und Verderben. Als die Schiffe einander berührten, war das Geräusch so entsetzlich, als hätte eines von ihnen das andere gerammt, und das wäre auch geschehen, wenn nicht der Wind, der sich in dem Gewirr aus Segeln verfing, die Redoutable rückwärtsgeführt hätte, so dass sie die Victory mit sich zog.
Die Schiffe, die der Victory folgten, durchquerten die gegnerische Schlachtlinie durch die geschlagene Lücke, schwärmten nach links und rechts aus und trennten die Überbleibsel der vereinigten Flotte von ihrer Hauptstreitkraft ab.
Es war Mittag, als das Gefecht begann. Die Engländer hissten die
Fahne des heiligen Georgs, die Spanier entfalteten das Banner Kastiliens und hängten unter ihrer Flagge ein langes Holzkruzifix auf, und unter dem siebenmal wiederholten Ruf: »Es lebe der Kaiser!« erhob sich die Trikolore über dem Bug jedes französischen Schiffs.
Daraufhin eröffnen die sechs oder sieben Schiffe in Villeneuves unmittelbarer Umgebung das Feuer auf die Victory. Die Redoutable kann sie mit ihren zweihundert feuerspeienden Mäulern nicht aufhalten. Sie gelangt bis auf Pistolenschussweite hinter die Bucentaure ; eine Karronade aus einem Achtundsechzigergeschütz trifft die Bucentaure unterhalb der Back und speit eine Kanonenkugel und fünfhundert Gewehrkugeln durch die Fenster der Poop des Franzosen; fünfzig doppelte und dreifache Kartätschenladungen zerschmettern das Heck der Bucentaure , setzen siebenundzwanzig Kanonen außer Gefecht und übersäen das Schiff mit Toten und Verwundeten.
Die Victory überwindet langsam den Abstand, den das fürchterliche Feuer von der Redoutable zu mindern begann. Bord an Bord entfernen beide Schiffe sich von der Gefechtslinie; von den Mastkörben und Batterien der Redoutable wird das Feuer der Victory erwidert, und in diesem Gefecht, das eher einem Musketenfeuer als einem Artilleriefeuer ähnelt, befinden unsere Matrosen sich nun wieder im Vorteil. In kurzer Zeit sind die Planken der Victory leichenübersät; von den einhundertzwanzig Männern Besatzung des Schiffs sind nur mehr zwanzig einsatzfähig; das Zwischendeck ist voller Verwundeter und Sterbender, die unablässig hergebracht werden. Angesichts der zahllosen Verwundeten, der verstümmelten Beine und abgerissenen Arme sehen die Wundärzte einander ratlos an; der Schiffskaplan der Victory , vom Entsetzen und von seinen Gefühlen übermannt, will mit dieser Schlachtbank, wie er es noch zehn Jahre später nannte, nichts mehr zu tun haben und eilt mitten im Gefecht an Deck; durch den Rauch erkennt er Nelson und Hardy auf der Schanz. Er läuft mit ausgebreiteten Armen auf sie zu, als Nelson plötzlich wie vom Blitz getroffen zu
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