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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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und Beschämung stellten sie sich taub.
    René war vor ihnen oben angekommen und führte die scharfe Klinge seines Messers gegen das dicke Tau, mit dem das geblähte Segel an der Besanrah festgemacht war. Als hätte es nur auf diesen Anstoß gewartet, riss das Segel sich von seinen übrigen Leinen los und schwebte vorwärts über das Schiff hinweg wie ein Banner, das sich entfaltet; dann wurde das Schiff von einer schweren Woge emporgetragen und stürzte schwerfällig unter der Last des eigenen Gewichts und des Sturms in das Wellental.
    Unter dem Aufprall zerriss ein Tau der unteren Takelage des Masts, der ein fürchterliches Knirschen ertönen ließ und sich gefährlich nach vorne neigte.
    »Kommen Sie herunter!«, rief der Kapitän in sein Sprachrohr. »Klettern Sie die Stagen hinunter, schnell, beeilen Sie sich! Warten Sie nicht länger, kommen Sie herunter!«

    Nur René gehorchte. So schnell wie der Donner auf den Blitz folgt, ließ er sich zum Oberdeck hinuntergleiten.
    Einen Augenblick lang schwankte der Mast vor und zurück, als wollte er sich in alle Richtungen des Horizonts bewegen, doch dann gab er dem Schlingern des Schiffs nach, und alles stürzte ins Meer, wo es zerschmettert wurde: Leinen, Rahen, Taue, und schüttelte die Menschentraube ab; die einen wurden an Deck zerschmettert, die anderen verschwanden in den aufgewühlten Wogen.
    »Lasst eine Schaluppe zu Wasser! Lasst eine Schaluppe zu Wasser!«, rief der Kapitän.
    Doch sogleich wurden alle Mastüberreste zusammmen mit denjenigen, die sich an sie klammerten, von dem dichten Nebel verschlungen, der vom Wasser bis zu den Wolken reichte.
    Der Kommandant erkannte, dass es keine Aussicht gab, die Männer im Meer zu retten, und nachdem er die auf Deck gestürzten Matrosen dem Wundarzt übergeben hatte, trat er zu René, um ihm die Hand zu reichen, und fand ihn so ruhig und gelassen vor, als wäre er völlig unbeteiligt an den letzten Geschehnissen.
    Während der Kapitän sich erkundigte, ob René wohlbehalten und unversehrt war, kam ein Matrose, um zu melden, dass im Schiffsrumpf das Wasser vier Fuß hoch stand. Das Schiff war von so vielen und schweren Wellen, die in der Seemannssprache Kaventsmänner heißen, überschwemmt worden, dass der Schiffsrumpf fast zur Hälfte vollgelaufen war, bevor man einen Gedanken daran verwendet hatte.
    »Unter anderen Umständen«, sagte der Kommandant, »wäre das nicht weiter von Belang; aber das Pumpen ist den Matrosen nun einmal verhasst, sie können es nicht leiden, und in ihrer Erschöpfung will ich ihnen diesen ungeliebten Dienst nicht abverlangen.«
    »Kommandant«, sagte René, der dem Kapitän die Hand hinstreckte, »wollen Sie mir vertrauen?«
    »Ganz und gar«, erwiderte dieser.
    »Wohlan! Im Zwischendeck habe ich beinahe siebzig Mann, die sich ausruhen konnten, während Ihre Mannschaft damit beschäftigt war, ihnen das Leben zu retten, auch wenn sie dabei nicht zuletzt das eigene Leben zu retten trachtete. Nun sind meine Leute an der Reihe zu arbeiten, und Ihre Leute sollen sich ausruhen. Überlassen Sie mir meine Matrosen für vier Stunden: Und nach diesen vier Stunden wird es im Schiffsrumpf keinen Tropfen Wasser mehr geben, denn meine Männer werden in dieser
Zeit für Ihre Mannschaft getan haben, was Ihre Mannschaft in den vergangenen zwei Tagen für sie getan hat.«
    Infolge des Gerüchts, René sei der Schütze, der Nelson getötet hatte, und durch sein Betragen während des Sturms genoss René in den Augen der englischen Matrosen kein geringes Ansehen; wer Nelson getötet hatte, der seit vierzig Jahren gegen Frankreich, gegen den Sturm und manchmal sogar gegen Gott gekämpft hatte, der musste mehr als ein gewöhnlicher Mensch sein.
    Der Kapitän nutzte eine Windstille, versammelte seine Leute an Deck und sagte: »Meine Freunde, ich habe eine schlechte Nachricht zu verkünden, denn wir haben vier bis fünf Fuß Wasser im Schiff; wenn Sie das Wasser weiter steigen lassen, wird unser Schiff vor dem nächsten Morgen sinken, wenn Sie aber zu pumpen beginnen, haben wir noch eine Chance, dieser neuen Gefahr zu entrinnen, der größten Gefahr, die uns bisher begegnet ist.«
    Es kam, wie Kapitän Parker vorausgesagt hatte: Über die Hälfte der Mannschaft legte sich auf Deck und sagte, sie wolle lieber ertrinken, als sich der Mühsal des Pumpens zu unterziehen. Die andere Hälfte der Mannschaft schwieg, doch es fiel dem Kapitän nicht schwer zu sehen, dass diese Männer sich am widerspenstigsten zeigen

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