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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Aufgabe.
    Der bleiche, unheimliche Nebel, der seit einer Viertelstunde im Südwesten aufstieg, senkte sich nun so schnell über das Schiff, als wäre er ein Rennpferd, das gewinnen wollte; die Luft hatte die Feuchtigkeit verloren, die Kennzeichen einer Brise aus Osten ist, und die Reffbänder flatterten
zwischen den Masten als Vorzeichen des Sturms, der sich zusammenbraute.
    Dann ertönte ein lautes und schreckliches Donnern über dem Ozean, dessen Oberfläche erstarrte und sich dann mit weiß schimmerndem Schaum bedeckte. Im nächsten Augenblick brach der Wind mit aller Gewalt über die schwerfällige, reglose Masse des Schiffskörpers herein.
    In diesem Sturm war das Schiff in der Situation eines Infanterieregiments, das mitten auf einer Ebene den Ansturm einer Kavallerieschwadron erwartet.
    Beim Herannahen des Sturmwinds hatte der Kommandant einige Segel setzen lassen, um den Wechsel der Windrichtung zu nutzen und Gegenwind zu bekommen. Doch das Schiff war ein Kauffahrer und kein Schnellsegler, und es gehorchte weder den ungeduldigen Wünschen des Kapitäns noch den Erfordernissen des Augenblicks. Langsam und schwerfällig verließ es seinen Kurs gen Osten, so dass es genau in die missliche Lage geriet, die ungeschützte Seite dem Anprall des Sturms darzubieten. Zum Glück für alle, die ihr Leben auf diesem ungeschützten Schiff aufs Spiel setzten, sollte es nicht die ganze Gewalt der Sturmbö auf einmal erleiden. Die wenigen Segel, die wieder gesetzt worden waren, zitterten an ihren massiven Rahen, blähten sich und erschlafften eine Minute lang abwechselnd, und dann fiel der Sturm mit ungezähmter Macht über sie her.
    Der Himmel war so finster, dass man sich nur tastend bewegen konnte. Die Männer sahen einander als bleiche Gespenster im flüchtigen Schein der Blitze oder im Widerschein der schaumigen Brecher, die das Auge für einen Augenblick blendeten, bevor es neuer Finsternis ausgesetzt wurde, welche nach dem kurzen, grellen Licht umso schwärzer erscheinen musste. Alles Menschenmögliche, das man tun konnte, um die entfesselte Gewalt des Sturms in ihren Auswirkungen abzumildern, war getan worden. Nun wartete man ab und zählte die Minuten.
    Vom Schlingern und Schwanken des Schiffs immer wieder gegen Masten und Verschanzung geschleudert, von abgerissenen Tauen gepeitscht, die wie unsichtbare, aber schneidende Geißeln durch die Luft sausten, erschöpft vor Anstrengung und Angst und wenig Trost in einer Hoffnung auf Rettung findend, die aberwitzig erscheinen musste, wenn man sah, dass jeden Moment neue Gefahren drohten, kauerten die Matrosen der Samson an der Luvseite des Schiffs und ließen geduckt die riesigen Wellen über sich ergehen, die vom Heck oder von der Seite hereinbrachen
und das Deck kurzzeitig in eine Wasserwüste verwandelten. Kein Wort fiel, und jeder war mit seinen Gedanken beschäftigt: trübsinniges Schweigen, vereinzelte Flüche, vereinzelte Wehlaute, vereinzelte Verwünschungen oder Anklagen an die Adresse des Himmels.
    Das Meer spielte mit dem Schiff wie ein Riese mit einem Federball, versetzte ihm Schläge von vorne, von hinten, von seitwärts, gegen Hüften, Kopf und Flanken, von allen Seiten gleichzeitig, trug es auf den Gipfel der rollenden Berge oder stürzte es in Schluchten, aus denen ein Auftauchen unmöglich erschien.
    Einer der Schläge gegen Backbord traf das Schiffsheck so kraftvoll, dass er es nach rechts drehte, wobei das Focksegel, das es nach links geführt hatte, zerstört wurde. Der Wind bemächtigte sich seiner und zerriss das fest gewebte Segeltuch wie dünnen Musselinstoff.
    Kein Fetzen von dem zerlöcherten, zerrissenen, zerfetzten und weggerissenen Segel war am Mast verblieben; die Ruderpinne zerbrach, und das nach Steuerbord gebeugte Schiff wurde von solchen Wassermassen überschwemmt, dass es sich nicht aufrichten konnte.
    »Was tun?«, fragte der Kommandant René.
    »Anluven! Sofort anluven!«, erwiderte René.
    »Anluven, auf der Stelle!«, rief Kommandant Parker so laut, dass seine Stimme durch das Sturmgetöse hindurch vernehmbar war.
    Der alte Seemann, der mit seinen Ratschlägen nicht gegeizt hatte, stürzte nun mit einer neuen Ruderpinne zum Steuerruder und nahm den Posten des Untersteuermanns ein. Er befolgte den Befehl des Kapitäns schnell und zuverlässig, doch vergebens hielt er den Blick auf den Klüver gerichtet, um zu sehen, ob das Schiff das Manöver ausführte. Zweimal neigten die Masten sich dem Horizont entgegen und hoben sich anmutig in die

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