Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
seinem Schwager gebracht.
Es gab daher nicht viel zu bereden, obwohl der Weg des nächsten Tages besprochen werden musste. René hatte angeboten, eine Barke zu kaufen, sie mit den notwendigen Lebensmitteln zu beladen und mit ihr nach Frankreich zurückzufahren, aber Sullivan hatte bei diesem Vorschlag den Kopf geschüttelt, denn den Bewohnern der Hafenstädte, die auf den Handel mit den Engländern angewiesen waren, vertraute er weniger als denen aus dem Landesinneren. Er vertrat deshalb den Vorschlag, eine Barke zu kapern und sie zu benutzen, egal, in welchem Zustand sie sich befand; landen konnte man notfalls jederzeit, um Vorräte einzukaufen; zudem hatte man gesehen, dass englische Soldaten den Flüchtlingen überall hinterherjagten, und an der ganzen Küste hatte sich das Gerücht verbreitet, dass acht französische Gefangene aus dem Gefängnis von Cork entwichen waren.
Man begnügte sich daher damit, in der Nacht nur vier Meilen zu marschieren und in Loghill zu nächtigen; dort erkundigte man sich nach den Schiffen, die in der Mündung des Shannon ankerten.
In Foynes gab es eine Slup, doch sie ankerte zu tief im Landesinneren; der Führer unserer Flüchtlinge riet ihnen, sich lieber eines der Schiffe zu bemächtigen, die zwischen Tarbert und der kleinen Insel gegenüber lagen.
Man vereinbarte, zwischen drei und vier Uhr morgens zu handeln. Und gegen sieben Uhr abends nahmen sie mit typisch irischer Sorglosigkeit von einem Boot Besitz, das am Flussufer lag, fuhren damit zu einem Kutter und kaperten ihn. Der Kutter war von drei Männern und einer Frau bemannt, die zu schreien begannen, als sie ihre Angreifer erblickten.
Sullivan machte ihnen jedoch in ausgezeichnetem Irisch deutlich, dass sie gut daran täten, den Mund zu halten, weil er und seine Gefährten sich
sonst genötigt sähen, sie zum Schweigen zu bringen, und da er ihnen seine Segelmacherahle zeigte, um seine Worte zu unterstreichen, hielten die armen Teufel den Mund.
Im Handumdrehen war der Anker gelichtet und das Segel gesetzt, und da Nordwind herrschte, fuhr der Kutter so majestätisch auf den Atlantik hinaus wie ein ausgewachsenes Kriegsschiff.
Nach einer Seemeile ließ man die vier Iren das Boot besteigen, von dem aus man den Kutter gekapert hatte; René gab ihnen zwanzig Louisdor und versprach ihnen, falls er wohlbehalten Frankreich erreichen werde, einem Bankier in Dublin das Doppelte des Betrags, den ihr Schiff wert war, anweisen zu lassen.
Die guten Leute hielten dies für nichts weiter als große Worte, doch da er ihnen aus freien Stücken zwanzig Louisdor gegeben hatte, waren sie bereit, ihm zu glauben; die Strömung führte sie bald munter dem Fluss Shannon entgegen, und sie hatten ihren Ankerplatz wieder erreicht, bevor sie sich im Klaren waren, ob das, was sie erlebt hatten, Wirklichkeit oder ein Hirngespinst war.
96
Auf See
Sobald die Flüchtlinge über den Kutter verfügen konnten, war es ihre erste Sorge, ihn genau zu untersuchen, um sich seiner Ausstattung zu vergewissern. Er war mit Torf beladen und führte daneben nichts mit als hundert Erdäpfel, acht Kohlköpfe, zwei Fässchen Butter und zehn bis zwölf Wasserflaschen sowie ein völlig zerfetztes Großsegel, einen kaum besseren Klüver und ein noch übleres Vorstagsegel.
Unter Wahrung größter Sparsamkeit hatte man für allerhöchstens sechs Tage Lebensmittel an Bord; Brot gab es keines, weder an Bord noch im Haus der ursprünglichen Schiffseigner, denn das war und ist die Regel in Irland.
»Nun gut«, sagte René, »ich glaube, wir täten gut daran, uns sofort auf Diät zu setzen; gestern haben wir üppig zu Abend gespeist, heute Morgen haben wir gut gefrühstückt, und vor dem heutigen Abend müssen wir nichts zu uns nehmen.«
»Hmm, hmm«, ließen sich vereinzelte Stimmen vernehmen.
»Nichts da«, sagte René, »reißt euch zusammen, und über eine Sache wollen wir uns im Klaren sein: Keiner von uns wird vor acht Uhr abends Hunger haben.«
»Einverstanden«, sagte der Ire, »keiner von uns wird vor acht Uhr Hunger haben; und wer dennoch Hunger hat, wird sich den Bauch halten oder ein Schläfchen machen; wer schläft, kann vom Essen träumen.«
»Hoppla!«, sagte ein Matrose. »Finden Sie nicht, dass es im Augenblick am dringlichsten wäre, Feuer zu machen?«
»Ha«, sagte Sullivan, »an Torf wird es uns dafür jedenfalls nicht mangeln; die Sonne hat sich verkrochen und will offenbar nicht wiederkommen, es schneit unentwegt, was uns Wasser verschaffen wird,
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