Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
machte, Tiere, die laut schnaufend den Kopf aus dem Wasser hoben: Es waren wilde Büffel, denen diese Sümpfe eine sichere Zuflucht bieten, in die sich nicht einmal die unerschrockensten Jäger wagen.
Hin und wieder schwangen sich auch große Vögel lautlos in die Luft, deren Gefieder die Farbe der Dämmerung hatte; es waren Graureiher und Rohrdommeln, die ihre unheimlichen Rufe ausstießen, während sie in die Dunkelheit entschwanden, in der sie nach dem dritten Flügelschlag unsichtbar wurden. Faust und Mephistopheles, die zum Hexensabbat gingen, hätten keinen gespensterreicheren Weg nehmen können als unsere zwei Reisenden.
»Haben Sie jemals etwas Vergleichbares erlebt?«, fragte Manhès.
»Ja, auf dem Weg von Pegu zum Land des Betels; doch was wir da vernahmen, war nicht das Brüllen von Büffeln, sondern das Knurren von Tigern und das Kreischen von Alligatoren; nicht Reiher und Rohrdommeln flogen über uns hinweg, sondern riesige Fledermäuse, die man Vampire nennt und die den Schlafenden die Adern öffnen, ohne dass diese es merken, und innerhalb von zehn Minuten einem Menschen all sein Blut aussaugen.«
»So etwas hätte ich zu gerne gesehen«, sagte Manhès.
Daraufhin schwiegen beide wieder.
Mit einem Mal ließ der Postillion sein kupfernes Horn, das er umgehängt
trug, dreimal hintereinander ertönen. Da die Reisenden nicht wussten, was dieses Signal bedeutete, griffen sie zu ihren Waffen.
Doch kaum war das Signal ertönt, wurde es erwidert, und inmitten des grünen Gestrüpps der unseligen Sümpfe sah man einen Feuerschein, um den Gespenster herumsprangen. Es war eine Poststation.
Der Wagen hielt an.
Fünf, sechs schlotternde Pferdeknechte entzündeten Fackeln, ergriffen Peitschen und sprangen in das Gebüsch, während andere die Straße bewachten.
Innerhalb weniger Sekunden hatte der Postillion seine Pferde abgeschirrt.
»Bezahlen Sie mich«, sagte er zu den jungen Männern, »und ich mache mich aus dem Staub.«
Sie bezahlten ihn, er sprang auf eines seiner Pferde, und seine Pferde galoppierten davon, bis sie in der Finsternis verschwanden und das Geräusch ihrer Hufe erstarb.
Unterdessen war zwischen den wilden Pferdeknechten und ihren noch wilderen Pferden ein Kampf ausgebrochen, in dem die Menschen fluchten und die Vierbeiner wieherten, und dem Wagen näherten sich zwei unentwirrbare, formlose Knäuel aus Tieren und Menschen; die Menschen, deren wehende Haare von den Mähnen ihrer Pferde kaum zu unterscheiden waren, sahen aus wie Fabelwesen, wie dreiköpfige Kentauren. Die bezwungenen Pferde hatten zu wiehern aufgehört und stießen nur noch leise Klagelaute aus. Eines wurde als Gabelpferd vor die Deichsel gespannt, ein zweites neben ihm angeschirrt. Zwei Männer zu Pferde nahmen rechts und links vom Wagen Aufstellung, der Postillion sprang auf den ungesattelten Rücken des Pferdes neben dem Gabelpferd, und die Männer, welche die angeschirrten, laut schnaufenden und ungeduldig mit den Hufen scharrenden Pferde mit all ihrer Kraft zurückhielten, ließen auf einmal die Zügel los und sprangen zur Seite. Die wutschnaubenden Pferde rasten wiehernd los, mit dampfenden Nüstern und funkensprühenden Augen. Die zwei Reiter trieben ihre Pferde mit lauten Schreien an, um die angeschirrten Tiere in der Mitte der Straße zu halten und zu verhindern, dass sie in einen der Kanäle stürzten, welche die Straße säumen, und Reiter, Pferde, Wagen und Reisende brausten dahin wie ein Wirbelsturm.
An den nächsten drei Stationen bot sich jedes Mal das gleiche Schauspiel, das wir soeben zu schildern versucht haben; der einzige Unterschied
war, dass die Pferde immer wilder und die Männer immer bleicher und zerlumpter waren, je weiter man gelangte.
An der letzten Poststation nahmen die beiden Reisenden zwei Fackeln mit, denn die Laternen ihres Wagens waren erloschen, und weder Postillion noch Pferdeknechte hatten eine Kerze, mit der man sie hätte anzünden können.
Wieder ging es in rasendem Tempo los; bis nach Terracina waren es nur mehr zweieinhalb Meilen.
An einer Stelle, wo der bis dahin ebene Boden zwischen Felsen hügelig zu werden begann, war es den Reisenden, als sähen sie auf einmal Schatten den Graben überqueren und auf die Straße springen.
» Faccia in terra! «, rief eine Stimme.
Und da beide Reisende sich aufrichteten, ertönte ein Schuss, und eine Kugel fuhr zwischen ihnen hindurch und schlug in die Rückseite des Kabrioletts ein; doch ohne sich die Mühe zu machen, den Stutzen
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