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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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legt dann
    dieses Knochenstück umgekehrt in diesen exquisiten
    goldenen Kelch. Gießt dann Euren besten Wein hinein
    und...«
    »Besten Dank, Kurios Akantha«, bemerkte der Kaiser
    trocken. »Ich war selbst Soldat und oft siegreich. Deshalb besitze ich bereits derartige Schädelbecher, aus denen ich ab und zu bei Trinkgelagen auf das Andenken der alten
    Feinde, aus denen sie gemacht sind, anstoße. Doch wer
    sagt, daß dies der Kopf Babais ist?«
    »Wenn Ihr König Babai nie begegnet seid, Sebastos, hat vielleicht Euer Diener Rekitach dort ihn schon einmal
    gesehen und kann seine Identität bestätigen. Soviel ich weiß, waren Babai und der Vater dieses jungen Mannes,
    Theoderich Strabo, lange Zeit...«
    Rekitach unterbrach mich barsch: »Nein! Der Name
    meines königlichen Vaters ist Theoderich Triarius!« Ich weiß nicht, ob er mehr erzürnt darüber war, daß ich seinen Vater mit dem verstorbenen König der Sarmaten in Verbindung
    gebracht hatte oder darüber, daß ich seinen Vater
    »Theoderich Schielauge« genannt hatte, oder einfach
    darüber, daß ich wußte, wer er war. Als Zeno ihm jedoch einen weiteren wütenden Blick zuwarf sagte Rekitach
    widerstrebend: »Ich bin König Babai begegnet. Das ist - das war er.«
    »Na gut, also meinetwegen«, sagte der Kaiser kühl,
    während Seuthes weiter für Rekitach und die Prinzessin übersetzte. »Aber ob ich der Bitte um einen Vertrag
    entsprechen kann... das ist eine Sache, die ich nicht so schnell entscheiden kann. Theoderich schreibt hier, er habe dem Kaiser von Rom dieselbe Bitte unterbreitet. Wir können ihr ja wohl nicht beide entsprechen. Sagt, wißt Ihr, wie der kleine Kaiser Augustulus in dieser Angelegenheit denkt?«
    »Nein, Sebastos«, sagte ich. »Wir wissen nicht, ob der andere Marschall Ravenna schon erreicht hat. Doch kann ich wohl sagen... der Kaiser, der dem Vertrag als erster zustimmt, bekommt die eingenommene Stadt.«
    »Das könnt Ihr sagen, so? Dann sehen wir uns die
    Bedingungen Eures Theoderich näher an. Er fordert eine Wiederaufnahme der Zahlungen, die jährlich für die
    Friedenssicherung der nördlichen Grenzen des Kaiserreichs entrichtet werden sollen. Für genau denselben Dienst muß ich aber schon jetzt dreihundert Pfund in Gold an den
    anderen Theoderich zahlen. Soll ich jetzt dem einen die Zahlung verweigern, um den anderen...?«
    »Siopao!« fuhr er uns an, als Rekitach und ich beide den Mund öffneten. Wir schlössen ihn sofort wieder, und Zeno fuhr fort: »Etwas anderes. Er bittet um gesicherten und dauerhaften Besitz der Gebiete in Moesia Secunda, die
    momentan von seinem Stamm besetzt sind. Doch sollten er und Ihr, Kurios Akantha und Kuria Amalamena, Euch
    darüber im klaren sein, daß es zahlreiche andere gibt, die genau dieselben Ländereien für sich beanspruchen. Etwa den Stamm des anderen Theoderich.«
    Rekitach schien gekränkt, daß sein Volk als Stamm
    bezeichnet wurde, und ich machte wahrscheinlich denselben Eindruck.
    »Erlaubt mir eine Bemerkung«, unterbrach ich die
    Ausführungen Zenos bewußt unhöflich und abrupt. Myros, Seuthes und Rekitach sahen mich entsetzt an, doch ich fuhr fort: »Soviel ich weiß, hat niemand von denen, die diese Gebiete beanspruchen - weder Theoderich Schielauge noch die Sklavinnen, noch irgendeiner der raubgierigen Christen -
    irgend etwas Greifbares im Austausch dafür anzubieten. Die Prinzessin und ich sind hier, um die Schlüssel zu der
    gewaltigen Stadt Singidunum anzubieten.«
    Jeder im Saal, Amalamena eingeschlossen, wandte den
    Kopf, um den Kaiser anzuschauen, als erwarteten sie, er werde wie Jupiter Blitze schleudern. Doch seine nächsten Worte waren selbst für mich eine Überraschung.
    »Der Presbeutes Akantha spricht die Wahrheit. Für
    Soldaten wie ihn und mich sind Taten bedeutsamer als
    Worte und reale Verhältnisse wichtiger als Versprechen.
    Eine Stadt, die die ganze Donau beherrscht, ist für mich wichtiger als vage Hoffnungen auf ein himmlisches Glück im Jenseits. Dennoch, Kurios, muß ich auf einer Garantie
    bestehen, daß mir diese Stadt dann auch wirklich gehört.«
    Ich sagte: »Ich kann euch diese Garantie jederzeit geben, Sebastos, wenn Ihr das wünscht. Aus dem, was ich von dem neuen und nicht so erhabenen Kaiser von Rom höre,
    schließe ich, daß weder er noch sein für ihn regierender Vater fest genug auf dem Thron sitzen, um irgendwelche bindenden Abkommen treffen zu können. Ich schlage jedoch vor, das Datum des Vertrages so festzulegen, daß es mit dem Tag,

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