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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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größte Sorge, die ich bei der nun folgenden
    Vergewaltigung hegte, war, daß Strabo in seiner Wollust das Band um meine Hüften wegreißen könnte. Doch tat er nichts dergleichen. Weder bei dieser Gelegenheit noch zu einem anderen Zeitpunkt - denn dies war nicht die einzige Nacht, in der ich seine widerlichen Zudringlichkeiten über mich
    ergehen lassen mußte. Ich glaube nicht, daß es auf ein Versäumnis seinerseits zurückzuführen war, daß er das
    Band nicht ein einziges Mal entfernte; ich glaube vielmehr, er ließ es mich ganz bewußt weiterhin tragen. Da ich kein einziges Mal kreischte, wimmerte oder um Gnade bat - wie schrecklich auch die Handlungen waren, die er an mir
    vornahm oder von mir an sich vornehmen ließ - vermute ich, daß er nur, weil er mein »Sittsamkeitsband« nicht anrührte, weiterhin innerlich davon überzeugt sein konnte, daß er mein Sittsamkeitsgefühl nie tatsächlich gröblich verletzte.
    Deshalb stellte er auch nie fest, was für eine Art Mensch er immer vergeblich versuchte zu entehren. In seinen Augen stillte er seine Lust an der jungen, schönen,
    begehrenswerten Prinzessin Amalamena. In meinen Augen
    dagegen war ich niemand anderes als Thorn, und meine
    einzige echte Antwort, auf diese Weise mißbraucht zu
    werden, bestand darin, mir zu schwören, daß ich dafür
    sorgen würde, daß Strabo sein Verhalten am Ende bitterlich bereuen sollte.
    Nur einmal, ein einziges Mal, sagte ich ihm das auch und zwar noch in derselben Nacht. Als er schließlich völlig erschöpft und keuchend von mir herunterrollte, sagte er sinnend:
    »Sehr seltsam. Dies ist das erste Mal, daß ich mit einer Frau zusammen war und nicht, früher oder später, den
    süßen Duft ihrer Körpersäfte gerochen habe. Vielleicht habt Ihr keine ausgeschieden, trockene Dirne, die Ihr seid, doch kann ich nicht einmal meinen eigenen vertrauten Geruch ausmachen. Was hat das zu bedeuten, niu? Der einzige
    Geruch, der mir in die Nase zu stechen scheint, ist ein schwacher, äußerst abstoßender... eine Art...«
    Ich sagte: »Das ist der Geruch Eures nahenden Todes.«
    2
    Als Strabo mich irgendwann vor Beginn der Dämmerung
    verließ, um sich woanders schlafen zu legen, schlug er die Vorhänge der Karosse zurück und befahl mir, sie so zu
    lassen. Die beiden draußen postierten Wachen starrten
    grinsend über meine Nacktheit zu mir herein. Natürlich hatten sie alles, was sich ereignet hatte, gehört und
    mitbekommen. Ich war über das Stadium hinaus, mir über solche Dinge Gedanken zu machen, ignorierte sie, rollte mich einfach in die Decken und schlief ein. Am Morgen
    wählte ich jedoch ein anderes von Amalamenas Gewändern aus ihren Sachen aus und zog es an, damit nicht jeder
    Passant auf der Straße mich anstarren würde.
    Am späten Nachmittag kamen wir in Serdica an, eine
    Stadt, auf die weder Strabo noch irgendein anderer Anwärter Anspruch hatte, sondern die allein dem Römischen Reich unterstellt war. Sogar eine Garnison der Legio V Alaudae war hier stationiert. Da diese Legion jedoch zum östlichen Reich gehörte und Strabo momentan auf gutem Fuß mit
    Kaiser Zeno stand, kamen die Legionäre bei der Ankunft dieser beträchtlichen Schar bewaffneter Ostgoten in voller Rüstung nicht aus ihren Quartieren gestürmt, um uns zu vertreiben. Strabo war ja schließlich auch nicht gekommen, um die Stadt zu belagern oder zu plündern, sondern wollte nur eine Pause einlegen auf dem Weg zu seinen eigenen
    Ländereien. So ließ er also die meisten seiner Männer
    zurück, wies sie an, ihr eigenes Lager außerhalb der Stadt aufzuschlagen, und quartierte sich dann mit mir und seinen engsten Vertrauten in einer Herberge ein.
    Die Herberge war bei weitem nicht so luxuriös wie
    diejenige, die ich ausgewählt hatte, als ich eine amalische Prinzessin begleitet hatte. Ich bekam ein sehr dürftig möbliertes Zimmer zugeteilt; es hatte nicht einmal eine Tür oder einen Vorhang für etwas mehr Privatsphäre. Und
    wieder war ein Wächter davor postiert, um mich zu
    beobachten und mir zu folgen, wenn ich nach draußen zur Toilette mußte. Strabos Raum war so spärlich ausgestattet wie meiner und lag meinem direkt gegenüber, so daß auch er ein Auge auf mich haben konnte. (Selbst meiner
    momentan nicht gerade beneidenswerten Lage konnte ich
    noch eine gewisse wenn auch bittere - Komik abgewinnen: Ich dachte darüber nach, daß Strabo ganz wörtlich jeweils nur ein Auge auf mich haben konnte.)
    Ich hatte das Zimmer für mich allein in jener

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