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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Kreuzes auf meiner Stirn.
    Er riß mich so unsanft aus dem Wagen, daß ich
    wahrscheinlich mit dem Gesicht nach unten auf die Erde gefallen wäre. Doch die beiden Krieger in seiner Begleitung fingen mich auf, brachten mich in eine aufrechte Position und hielten mich hart an beiden Armen zwischen sich fest.
    Sie nutzten auch die Gelegenheit, mich an verschiedenen Stellen zu betätscheln, während Strabo sich erneut in die Karosse beugte und mein Schwert aus Amalamenas Körper
    zog.
    Als wir dann nach einem Gang über den mit Leichen
    übersäten Boden ins Licht des Feuers traten, wurde ich von Strabo und allen seinen Soldaten, die in der Nähe standen, anerkennend gemustert. Dann fragte er mich mit seiner
    schnarrenden Stimme:
    »Welcher dieser toten Männer war nun Saio Thorn, von
    dem man mir berichtet hat?«
    »Keiner«, sagte ich wahrheitsgemäß und fügte mit einiger Zivilcourage hinzu: »Vielleicht schaffte er es, lebend davonzukommen. Ich hoffe es jedenfalls.«
    »Tatsächlich. Hatte er Zenos Vertrag bei sich?«
    Wieder konnte ich wahrheitsgemäß antworten: »Das letzte Mal, als ich ihn sah, hatte er ihn bei sich, ja.«
    Der Optio Ocer meldete sich lautstark zu Wort. »Triarius, keiner ist lebend davongekommen. Wir wissen, daß keiner an uns vorbei die Straße hinauf entwischt ist. Außerdem wies ich einige meiner Leute an, dem Zug in Verkleidung zu folgen, seitdem er Pautalia verlassen hatte. Sie haben mir Meldung erstattet und berichtet, daß keiner an ihnen vorbei die Straße hinunter flüchtete. Einige der Feinde starben jedoch am Flußufer, und ihre Leichen wurden flußabwärts gespült.«
    »Sehr gut«, sagte Strabo. »Sobald wir alle ein paar Bissen zu essen zusammengekratzt haben und die anderen mit
    dem Einfangen der vertriebenen Pferde fertig sind, geht mit ihnen los und findet jeden Mann, der getötet wurde. Geht bis zur Mündung des Strymon in die Ägäis, wenn nötig. Zieht alle aus und durchsucht sie. Bringt mir den Vertrag. Doch zuvor« - er wies mit seinem Bart auf mich - »fangt mit der hier an.«
    Ich riß mich von den beiden grinsenden Wachen los und
    rief: »Ihr würdet es wagen, eine amalische Prinzessin so zu erniedrigen?«
    »Väi! Meint Ihr, ich scherze nur? Ich will dieses Dokument haben. Wenn Ihr weiter Eure Sittsamkeit hätscheln wollt, braucht Ihr uns nur den Mann Thorn zeigen.«
    In gewisser Hinsicht tat ich das auch. Ich stieß zwischen zusammengepreßten Zähnen hervor: »Ich habe den
    Vertrag«, holte ihn aus meiner Bluse hervor und versuchte, ihn mit beiden Händen zu zerreißen. Doch Pergament läßt sich nicht so einfach zerreißen.
    Der Optio und der andere Mann ergriffen mich im gleichen Moment und hielten mich fest. Strabo ließ wieder sein
    krächzendes Lachen hören, trat zu mir und entriß mir die Rolle. Er warf nur einen flüchtigen Blick auf das gefaltete Dokument, nickte, als er die purpurnen Wachssiegel mit dem Monogramm Z sah... und warf die Rolle zu meinem
    Erstaunen fast beiläufig ins nächste Feuer. Ich erfuhr erst später, daß Strabo des Lesens nicht mächtig war. Natürlich wären alle meine Pläne umsonst gewesen, hätte er einfach das Pergament aufgerollt und festgestellt, daß es
    unbeschrieben war. Doch er unterließ es, die Rolle zu
    öffnen, weil es ihn beschämt hätte, nur vorzugeben, er lese es, oder jemand anderen bitten zu müssen, es ihm
    vorzulesen und von mir als ignoranter Barbar verlacht zu werden.
    Ich lachte dennoch spöttisch und sagte: »Ihr habt nur ein Stück Pergament zerstört, nicht seine Bedeutung. Mein
    Bruder hat immer noch die strategisch wichtige Stadt
    Singidunum in seinem Besitz. Das war der Grund, warum
    der Kaiser diesem Vertrag und all seinen Klauseln
    zugestimmt hat. Mein Bruder braucht nur anzufragen und Ihr könnt sicher sein, daß Zeno noch einmal ein solches
    Pergament aufsetzen läßt, unterschreibt und mit seinem Siegel versieht.«
    Strabo grunzte gleichgültig. »Euer Bruder hat Singidunum.
    Ich habe seine Schwester. Warten wir ab, welches von
    beiden höher eingeschätzt wird.« Er wandte sich von mir ab und sagte an die Adresse des Optio gewandt:
    »Nun gut, Ocer. Wir müssen uns jetzt hier nicht allzu lange mehr aufhalten. Laßt zwei Männer wieder Zugpferde vor die Karosse spannen und weist sie an, die tote Dirne
    hinauszuwerfen.
    Zwei weitere sollen diese Prinzessin hier wieder dorthin zurückbringen, sie in die Karosse setzen und dafür sorgen, daß sie drin bleibt.« Zu mir sagte er: »Ich bedaure, Eure

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