Der Greif
verdrießlicher griechischer Bauerntrampel war. Außerdem stellte ich bald fest, daß sie taubstumm war. Zweifellos war sie deshalb als meine
Dienstmagd auserkoren worden, denn ich konnte eine
Taubstumme natürlich nicht dazu überreden, Nachrichten für mich weiterzugeben, noch konnte ich Informationen über irgend jemanden oder irgend etwas aus ihr
herausbekommen.
Die Unterkunft war kaum als fürstlich zu bezeichnen, doch hatte ich schon unter weit schlimmeren Bedingungen
gehaust und sollte zumindest nicht in irgendeinem dunklen Verlies angekettet werden. Ich bemühte mich, Strabo
keinerlei Zeichen von Genugtuung oder Resignation
erkennen zu lassen, doch schien er sich keinen Pfifferling darum zu scheren, in welcher Gemütsverfassung ich mich gerade befand.
»Ich nehme an, Ihr werdet Euren Aufenthalt hier genießen, Prinzessin « , sagte er. »Ich glaube wirklich, daß das der Fall sein wird. Ich glaube, Ihr werdet diese Wohnung mit der Zeit so zu schätzen wissen, daß Ihr Euch - und häufig auch ich -
und schließlich auch unser Sohn - sehr gern für lange, lange Zeit in diesen Räumen aufhalten werdet.«
3
Ob Strabo nun die Absicht hatte, mich für immer als sein Spielzeug zu halten, oder ob er wirklich erwartete, daß ich einen würdigeren Erben empfangen und gebären würde,
oder ob er (da ich ja nie schwanger werden würde)
schließlich meiner überdrüssig werden und mich kurzerhand umbringen lassen würde - eines war mir ganz klar: Als er sagte, ich würde »lange, lange Zeit« in seinem Palast in Constantiana festgehalten werden, meinte er, für den Rest meines Lebens.
Wäre ich wirklich Prinzessin Amalamena gewesen, wäre
ich mit der Aussicht auf ein solches Schicksal
höchstwahrscheinlich verzweifelt. Aber ich hatte ja meine ganz privaten Geheimnisse, die mich trösteten, und gute Aussichten, mit Odwulfs Hilfe meine Flucht in Szene zu setzen, wann immer ich den Zeitpunkt für geeignet hielte. Ich wußte, daß Odwulf noch immer bei uns war, denn ich hatte ihn auf unserer Reise hierher gelegentlich zu Gesicht
bekommen. Bei der ersten Gelegenheit hatte er mir kaum merklich zugenickt, um mir zu verstehen zu geben, daß sein Gefährte, der Ulan Augis, auf dem Weg zu Theoderich war.
Danach hatte Odwulf keinen Kontakt mehr zu mir
aufgenommen, und wenn wir zufällig aneinander
vorbeigingen, provozierte er mich wie alle anderen Soldaten mit liederlichem Geschwätz oder grinste mich lüstern an, doch keiner von uns zeigte auf irgendeine Weise, daß er den anderen kannte. Da sich hier in Constantiana noch
wesentlich mehr von Strabos Truppen aufhielten - obwohl beileibe keine große Armee, soweit ich es beurteilen konnte
-, fand es Odwulf wahrscheinlich einfacher (und dankte sicher dem Himmel dafür), sich unter sie zu mischen, ohne als Eindringling entlarvt zu werden. Jedenfalls gelang es ihm hin und wieder, als Wachposten an der Tür zu meinem
Vorhof eingeteilt zu werden, einfach nur, um in Erfahrung zu bringen, ob ich irgend etwas von ihm brauchte. Das war zwar nicht der Fall - noch nicht -, doch konnten wir ungestört miteinander reden, da die Dienerin Camilla nicht in der Lage war, mitzuhören. Für mich war das sehr angenehm, da ich ansonsten nur Strabo als Gesprächspartner hatte.
Strabo redete oft und viel - und, wenn er nicht gerade während des Kopulationsaktes keuchte, grunzte oder
sabberte, konnte er sich sogar ganz leidlich ausdrücken -, und er ließ sich über viele Dinge aus, die mich ungeheuer interessierten. Er war äußerst gesprächig, wenn er matt und erschöpft war, nachdem er seine Fleischeslust an mir gestillt hatte, doch der Grund, warum er mir vieles so offen
anvertraute, war nicht, daß er aus Liebe zu mir wie von Sinnen war. Er redete, weil er gerne prahlte und weil er sich sicher war, daß ich niemals die Möglichkeit haben würde, irgendwelche Vorteile aus den Geheimnissen zu ziehen, die er ausplauderte.
Selbstverständlich enthüllte er bei seinen Ausführungen nicht nur finstere Geheimnisse. Bei unserer Ankunft in Constantiana äußerte er Erstaunen und Mißfallen - nicht nur mir, sondern jedem gegenüber, der sich in Hörweite befand
, weil sein Optio Ocer nicht schon da war und ihn mit einer Nachricht voll Reue, Zugeständnissen und Unterwerfung von Theoderich erwartete. Doch weil es für Ocers Verspätung viele harmlose Gründe geben konnte, machte Strabo damals kein allzu großes Aufhebens darum. Als die Zeit jedoch fortschritt und der Optio immer noch
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