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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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als er sagte: »Die meisten Rugier halten sich im Augenblick gar nicht mehr in dieser Region auf. Alle kampfesfähigen Männer dieses Stammes befinden sich schon seit längerer Zeit auf einem Marsch nach Süden und sind inzwischen
    sicher schon ein gutes Stück von ihrem Heimatgebiet
    entfernt.«
    »Was? Sie sind auf dem Marsch?«
    »Tak«, sagte er, was im polnischen Dialekt »ja« bedeutet.
    »Als wir das letzte Mal vom Norden her nach Bsheshch
    fuhren, wurden wir unterwegs von König Fewa und seinen Truppen überholt, die ebenfalls auf dem Weg in den Süden waren. Die Reiter wie auch die Fußtruppen waren nicht nur deshalb schneller als wir, weil wir unseren Kahn
    stromaufwärts rudern mußten, sondern auch, weil die
    Truppen des Königs natürlich nur wenig Gepäck bei sich führten.«
    »Waren sie auf dem Weg zu Strabo?«
    »Wer ist Strabo?«
    »Theoderich Triarius«, sagte ich ungeduldig, »der sich zum Krieg gegen Theoderich, den Amaler, rüstet.«
    Der Schiffer hob bedauernd die Hände; er hatte weder von dem einen noch von dem anderen Theoderich je etwas
    gehört. Nun, das hätte ich mir denken können. Der Mann mochte in seinem Leben Tausende von Meilen zurückgelegt haben, war jedoch nie mehr als eine Meile über die Ufer seines Flußes hinausgekommen.«
    »Alles, was ich Euch sagen kann, Pana Thorn, ist, daß sie nach Süden marschierten. Und sie sahen wirklich so aus, als ob sie in den Krieg zögen.«
    »Du sagtest vorhin, daß sie natürlich nur wenig Gepäck bei sich führten. Was hast du damit gemeint?«
    »Auf unseren letzten Fahrten stromaufwärts hatten wir
    keine Handelsgüter geladen, sondern lieferten stattdessen auf Befehl des rugischen Königs Fewa Proviant und andere Versorgungsgüter für seine Truppen an verschiedenen
    Orten entlang des Bugs und der
    Weichsel ab. Auch viele andere Frachtschiffe taten das.
    Auf diese Weise sorgte der König dafür, daß seine Männer und die Pferde nicht alles, was unterwegs benötigt wurde, selbst mitschleppen mußten. Seine Truppen konnten sich so darauf verlassen, daß es ihnen auf ihrem Marsch nach
    Süden nie an Lebensmitteln und anderen
    lebensnotwendigen Dingen fehlen würde.«
    Ein gut durchdachter Feldzug, der da schon seit geraumer Zeit im Gange war, ohne daß ich davon Kenntnis hatte,
    dachte ich bei mir. Während ich mich tief im Land der
    Amazonen befunden hatte, mußte die rugische Armee an
    mir vorbei nach Süden gezogen sein. Ich bedauerte es
    natürlich schon, daß dieser Marsch der Rugier mir
    entgangen war, dennoch sprang ich weder sofort über Bord noch ließ ich mich baldmöglichst ans Ufer setzen. Es
    bestand keine Veranlassung, der Armee zu folgen und vor ihr bei Theoderich einzutreffen, um ihn zu warnen, denn wenn selbst dieser gewöhnliche Bootsmann schon von dem Marsch wußte, dann war Theoderich sicherlich längst im Bilde.
    Als der Flußschiffer mir erzählte, wieviel Proviant und Versorgungsgüter er entlang des Flußes abgeliefert hatte, war mir klar, daß die Rugier mit einer ziemlich großen Armee unterwegs sein mußten. Reiter und Fußtruppen
    zusammengenommen schätzte ich ihre Zahl auf ungefähr
    achttausend. Und als der Bootsmann dann noch erwähnte, daß König Fewas Gemahlin Giso eine Frau vom
    ostgotischen Stamm der Amaler war, lag eine weitere
    Vermutung nahe.
    Ich hatte mich schon gefragt, warum Strabo sich nicht
    unter den in seiner Nähe lebenden Völkern Verbündete
    suchte, sondern ausgerechnet auf die so weit entfernten Rugier zurückgriff. Nun glaubte ich, die Antwort zu kennen.
    Königin Giso und Strabo stammten sicherlich von derselben amalischen Linie ab. Wahrscheinlich hatte er sie durch Gesandte bitten lassen, ihren Gemahl dazu zu überreden, den Aufstand ihres Verwandten Strabo zu unterstützen.
    Strabo hatte seine Verwandte sicherlich niederträchtig und schamlos belogen; sie und ihr Gemahl wohnten so weit von Moesien entfernt, daß sie wahrscheinlich gar nicht wußten, daß in Wirklichkeit nicht der verzweifelte, ausgestoßene und ohnmächtige Theoderich Strabo, sondern der Amaler
    Theoderich der rechtmäßige und allgemein anerkannte
    Herrscher dieser Provinz war.
    Um die Königin für sich zu gewinnen und König Fewas
    Unterstützung zu erhalten, hatte Strabo die Situation in Moesien zweifellos völlig falsch dargestellt.
    Ich mußte mir also überlegen, wie ich zur Klärung der
    Verhältnisse beitragen konnte.
    Als unser Kahn in Pomore, der an der Mündung der
    Weichsel in den Wendischen Golf

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