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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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geschickte Heiratspolitik mit vielen benachbarten Königshäusern verbunden hatte, war es gelungen, anhaltenden Frieden zwischen seinem und ihren Reichen zu schaffen. Doch damit waren die Streitereien zwischen diesen Völkern untereinander noch lange nicht beigelegt. Und jetzt bahnte sich zwischen einem Schwager und einem Schwiegersohn von Theoderich eine
    Auseinandersetzung an.
    Clovis, König der Franken, und der westgotische König
    Alarich beanspruchten beide einen bestimmten Streifen
    Land an der Loire, die die Grenze ihrer jeweiligen
    Herrschaftsbereiche von Gallien und Aquitanien markierte.
    Einige Jahre lang war es immer wieder zu kleineren
    Grenzstreitigkeiten gekommen - harmloses, von kurzlebigen Waffenstillständen und Friedensverträgen unterbrochenes Geplänkel. Nun aber rüsteten beide Königreiche für einen bevorstehenden Krieg. Theoderich tat sein Bestes, um als neutraler Unterhändler zwischen den beiden mit ihm
    verwandten Königen zu vermitteln, und sandte zahllose
    Emissionäre zu Alarich in Tolosa und Clovis in seiner neuen Hauptstadt Lutetia. Aber die beiden blieben unversöhnlich.
    Als sich herausstellte, daß ein Krieg unausweichlich war, schlug sich Theoderich auf Alarichs Seite. Es muß ihn sehr geschmerzt haben, gegen das Volk und den Bruder seiner Frau Audefleda zu ziehen. Aber mit dem Balten Alarich und den Westgoten verbinden uns Ostgoten mehr als nur
    verwandtschaftliche Bande.
    Doch unsere Soldaten mußten kaum kämpfen. Noch bevor
    sie zu den westgotischen Einheiten stoßen konnten, war Alarich in der Schlacht nahe dem Städtchen Pictavus
    gefallen, und die Westgoten schienen den Krieg verloren zu haben. Aber kaum trug unsere Armee ihren ersten Angriff auf die fränkischen Linien vor, als Clovis die Waffen
    niederlegte und um Frieden bat. Im Tausch gegen das, was er bisher erobert hatte - eben jene umstrittenen Gebiete -, bot er dem neuen König der Westgoten, Amalrich, ein
    dauerhaftes Bündnis an. Kurz nachdem unsere Generale
    Tulum und Odoin Clovis' Bedingungen und seinen Schwur
    angenommen hatten, zogen sich sowohl die Franken als
    auch die Westgoten zurück. Unsere eigene Armee kehrte
    heim nach Italien, ohne auch nur einen Tropfen Blut
    vergossen zu haben.
    Das wichtigste aber war, daß der neue König der
    Westgoten, Alarichs Sohn Amalrich, zu jener Zeit noch ein Säugling war. Da er zu jung war, ging die Regierungsgewalt auf seine Mutter, Königin Thiudagotha, über. Da
    Thiudagotha Theoderichs Tochter und Amalrich sein Enkel war, bedeutete dies nicht mehr und nicht weniger, als daß Theoderich jetzt auch Herrscher über die Westgoten war.
    Westgoten und Ostgoten waren zum ersten Mal seit vielen Jahrhunderten vereint unter einem König. Theoderichs
    Macht erstreckte sich damit über alle an das Mittelmeer grenzenden Lande, von Pannonien und Dalmatien über
    Italien und Aquitanien bis nach Hispanien. Jetzt brauchte man endgültig nicht mehr vom ehemaligen weströmischen
    Reich zu reden, sondern man nannte es zutreffender - und mit Stolz - das Königreich der Goten.
    5
    Mein Handel mit Sklaven erwies sich als sehr einträglich und verlangte mir nur wenig Zeit ab. Zeit, die ich angesichts meiner sonstigen Pflichten auch kaum hätte erübrigen
    können. Meine Arbeiter in Novae zogen zwei oder drei
    Jahrgänge gut ausgebildeter und wohlerzogener Sklaven
    heran, die den durchschnittlichen Sklaven in römischen Haushalten weit überlegen waren und ansehnliche Preise erzielten. Doch dann sandte Meirus mit einer seiner
    Lieferungen von Noviodunum einen jungen Griechen, keinen Jugendlichen mehr, sondern einen erwachsenen Eunuchen.
    In einem Begleitbrief empfahl er mir, diesem Sklaven
    besondere Beachtung zu schenken.
    »Er heißt Artemidorus«, stand in dem Brief, »ein
    ehemaliger Sklavenmeister an dem zweitrangigen Hof eines gewissen Prinzen Balash von Persien. Du wirst sehen,
    Artemidorus ist wirklich kundig, was die Ausbildung
    erstklassiger Sklaven angeht.«
    Nachdem ich Artemidorus eine Reihe von Fragen über
    seine Lehrmethoden gestellt hatte, wollte ich abschließend wissen: »Wie stellst du fest, ob und wann ein Sklave
    ausreichende Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt hat und verkauft werden kann?«
    Die klassische Nase des Griechen kräuselte sich
    hochmütig, als er mir antwortete: »Kein Sklave verläßt meine Schule jemals wirklich. Alle mir Anvertrauten lernen natürlich in der einen oder anderen Sprache lesen und schreiben.
    Und egal wohin sie verkauft werden, sie

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