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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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bleiben in stetem Kontakt zu mir und profitieren von meinen Instruktionen. Sie wenden sich mit ihren kleinen und großen Problemen an
    mich - neue Moden für die Frisuren ihrer Herrinnen oder Angelegenheiten von größter Vertraulichkeit. Sie hören nie auf zu lernen, und ich höre nie auf, sie zu vervollkommnen.«
    Artemidorus' Antwort gefiel mir sehr, und ich übertrug ihm die volle Verantwortung für die Ausbildung der Sklaven.
    Damit stieg mein Gut in Novae zu einer wahren Akademie auf.
    Bald schon konnte ich mir meine Kunden, größtenteils
    Römer, aussuchen. Sie, die schon gar nicht mehr wußten, was gute Diener waren, rissen sich um meine Sklaven.
    Wenn ich angesichts der in Rom verbreiteten Ansichten über Sklaven erwartet hatte, meine Ware mühselig anpreisen zu müssen, sah ich mich angenehm überrascht. Die Angst der Römer, gebildete Sklaven würden ihnen ihre Frauen rauben oder Umsturzversuche unternehmen, verflüchtigte sich im Nu. Es reichte schon, einige hervorragende Römer in mein Haus an der Vicus Jugarius einzuladen und sie von meinen Sklaven umsorgen zu lassen.
    Wann immer ich mich dort aufhielt, sorgte ich mit
    Festlichkeiten und Convivas für ein volles Haus. Wenn
    meine Gäste sahen, wie meine Sklaven ihren Diensten
    nachgingen - Köche bereiteten erlesene Speisen, die von den zuvorkommendsten Dienern aufgetragen wurden; da
    waren penible Zimmermädchen, begabte Kosmetikerinnen
    und Dekorateurinnen, Gärtner, die in meinem kleinen Garten Wunderwerke schufen, Kämmerer, die ausländische Gäste
    in ihrer Heimatsprache begrüßen konnten, und Schreiber, die ihnen ihre Korrespondenz verfassten; selbst
    Küchenhilfen, Laufburschen und andere niedrige Sklaven erledigten ihre einfachen Arbeiten mit dem größten Eifer, da sie auf eine bessere Position hoffen konnten - dann
    beknieten sie mich, ihnen ebensolche Sklaven zu besorgen.
    Artemidorus' Zöglinge waren samt und sonders so gut
    ausgebildet und aufmerksam, daß es mir schwer fiel, für den Dienst in Veledas Haus ein paar einfältigere unter ihnen auszuwählen. Ich wollte weniger scharfe Augen und weniger wache Geister, denen nicht gleich auffallen würde, wenn ich mich in ihrer Gegenwart einmal nachlässigerweise
    unweiblich verhalten sollte. Aus diesem Grund kamen nur männliche Sklaven in Frage, denn selbst begriffsstutzigen oder sehr jungen Frauen würde ein Lapsus in meinem
    weiblichen Verhalten auffallen. Ich achtete sorgsam darauf, in Veledas Haushalt nur Sklaven zu beschäftigen, die Thorn noch nie zu Gesicht bekommen hatten. Außerdem sorgte ich dafür, sie niemals mit den Bediensteten von Thorns Haus jenseits des Tibers zusammenkommen zu lassen. So
    getrennt wie die beiden Haushalte hielt ich auch Thorns und Veledas Leben, unsere jeweiligen Freundeskreise, die
    Märkte und Läden, in denen wir einkaufen gingen, die
    Arenen und Theater, die wir aufsuchten, selbst die Foren und Gärten, in denen wir abends spazieren gingen.
    Doch war ich all diese Jahre über nicht nur mit meinen eigenen kleinen Angelegenheiten und Gefühlen beschäftigt.
    Viele Dinge von allgemeinerem Interesse, ja von historischer Tragweite geschahen. In wenigstens eine solche
    Angelegenheit war ich zumindest indirekt verwickelt. Denn auf der Suche nach einem geeigneten gotischen Mann für Kronprinzessin Amalaswintha griffen Theoderich und seine Berater auf das von mir verfaßte Werk über die amalische Familienlinie zurück. Sie wählten Eutharich aus, einen jungen Mann im heiratsfähigen Alter, der als Sohn des
    Herzogs Veterich, welcher sich in den westgotischen Landen von Hispanien niedergelassen hatte, auch von ausreichend vornehmem Blut war. Eutharich stammte von demselben
    Zweig der Amaler ab, dem auch Königin Giso und
    Theoderich Strabo angehört hatten. Mit der Verbindung
    zwischen Eutharich und Amalaswintha würden diese beiden so lange schon getrennten und sich häufig befehdenden
    Zweige der amalischen Linie endlich zusammenfinden.
    Glücklicherweise ähnelte der junge Eutharich in nichts Giso oder Strabo. Eutharich war von ansehnlichem Äußeren und hatte neben guten Manieren einen wachen Verstand.
    Doch Eutharich und seine Braut hatten kaum ihren
    neuerbauten Palast in Ravenna bezogen, als er erkrankte und nur wenig später starb. Ich war nicht der einzige, der sich gefragt hatte, wie lange es ein Mann an der Seite von Amalaswintha aushalten würde. Manche waren überzeugt,
    er sei nur gestorben, um sie loszuwerden. Zumindest aber hatte die Ehe lange

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