Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
ab. Er wirkte viel älter als noch in Breidechboda. Gerent hätte ihn jetzt eher in den Sechzigern oder sogar Siebzigern eingeschätzt und fragte sich aufs Neue, wie alt der Magier tatsächlich war.
»Liegt es an dem, was letzte Nacht passiert ist?«, erkundigte sich Gerent. »Ich dachte, Ihr hättet ... hättet danach ganz in Ordnung ausgesehen. Ich habe jedoch ... Ahm, ich weiß nicht, ob mir etwas, ah, Unterschwelliges aufgefallen wäre.«
Beguchren sagte nichts dazu. Gerent stellte fest, dass er erneut die Stirn runzelte, und bemühte sich auch diesmal wieder darum, das Gesicht zu glätten. Die Frauen brachten Tee, Gebäck mit Guss, noch warm vom Ofen, und versicherten, dass Rindfleisch, Eier und Brot unterwegs waren. Beguchren öffnete die Augen und hob den Kopf an, als die Frauen an den Tisch traten, traf aber keinerlei Anstalten, sich etwas von den Speisen zu nehmen. Das war vielleicht die Arroganz eines hohen Herrn, aber Gerent vermutete, dass die Hände des Magiers vielleicht gezittert hätten, wenn er sich selbst Tee einschenkte, und nahm ihm wortlos diese Arbeit ab. Er fügte zwei Löffel voll Honig und etwas Milch hinzu und reichte dem Magier die Tasse über den Tisch hinweg. Beguchren wirkte leicht amüsiert, nahm die Tasse – mit beiden Händen, wie Gerent bemerkte – entgegen und trank sie gleich zur Hälfte aus, als wäre es Medizin. Die Tasse klapperte auf der Untertasse, als er sie abstellte.
»Warum habt Ihr nichts gesagt?«, fragte ihn Gerent. »Zu dickköpfig?«
Beguchren zuckte ein klein wenig die Achseln. »Als ich das Problem bemerkte, waren wir schon so nahe an Pamnarichtan, dass es mir töricht erschien, vorher eine Rast einzulegen.« Er hatte die Hände auf dem Schoß verschränkt und wartete vielleicht darauf, wieder genug zu Kräften zu kommen, um den restlichen Tee zu trinken.
»War es das Zaubern vergangene Nacht?«, erkundigte sich Gerent erneut. »Oder ist das einfach ...«, er wollte nicht den Ausdruck »Schwäche« benutzen, »... etwas, das passiert?«
Eine kurze Pause. Dann schüttelte Beguchren den Kopf. »Nicht die Zauberei. Die Nähe der Greifen heute Morgen.«
Gerent dachte darüber nach. Dann stand er auf und half den Frauen des Gasthauses dabei, die Teller mit Rindfleisch und Brot, Eiern, Wurst und Bratäpfeln aufzutragen. Beguchren ignorierte diese Aktivität durch eine herrschaftliche Missachtung für die Tätigkeit von Dienstboten, was, wie Gerent vermutete, nur verbergen sollte, dass er keinen Teller anheben konnte. Sobald die Frauen wieder gegangen waren, füllte Gerent zuerst einen Teller für Beguchren, stellte diesen so hin, dass der Magier bequem danach greifen konnte, und bediente sich anschließend selbst.
Beguchren nahm ein Gebäck mit Zuckerguss zur Hand und verspeiste es langsam. Dann ein Stück Fleisch und ein Ei. Er warf Gerent mit hochgezogenen Brauen einen Blick zu. »Hast du das alles in der Küche bestellt? Es ist viel zu viel.«
»Für Euch vielleicht.« Gerent lud den eigenen Teller zum zweiten Mal voll. »Die Greifen haben Euch das also zugefügt. Indem sie eine Viertelmeile entfernt vorbeigeflogen sind? Und Ihr möchtet in ihre Wüste vordringen, nicht wahr, und sie dort finden?«
»Gerent ...«, fing Beguchren an, schüttelte dann jedoch den Kopf und lächelte kläglich. Seine Hände zitterten inzwischen nicht mehr. Schließlich erklärte er: »Das ist eine Folge der Ereignisse in Farabiand, glaube ich. Die Greifen haben dort sehr viel Macht aufgewandt. Ich wurde ... überwältigt, vermute ich.«
Und die übrigen Kaltmagier Casmantiums waren getötet worden. Das hatte Gerent gehört. Waren sie weniger mächtig gewesen als Beguchren Teshrichten? Lag es daran, dass Beguchren in Gesellschaft des Königs gewesen war? Oder hatte er einfach nur Glück gehabt? Oder war etwas ganz anderes der Grund gewesen?
Gerent fragte sich, was der Kampf zwischen den Greifen und den Kaltmagiern an Folgen gezeitigt hatte und wie gründlich genau die Greifen ihn eigentlich gewonnen hatten. Aber ob er das wirklich wissen wollte?
»Die Auswirkungen scheinen weitreichender und nachhaltiger zu sein, als ich es vielleicht gern gehabt hätte«, fuhr Beguchren fort, und eine Entschuldigung schwang dabei im Tonfall mit.
Und wurden womöglich noch schlimmer, wenn sie einer größeren Anzahl Greifen begegneten? Oder wenn sie ihnen näher kamen? Gerent erinnerte sich noch daran, wie durch und durch feindselig er die Wüste empfunden hatte. Und Beguchren war ein
Weitere Kostenlose Bücher