Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
Tonfall war vollkommen neutral. Er hatte keinen Blick für Gerent übrig, sondern starrte zwischen den Ohren seines Pferdes hindurch die Straße entlang.
Gerent überlegte, ob er angesichts der Tatsache, dass sie Greifen gesichtet hatten, vielleicht erneut fragen sollte, ob der Magier ihm jetzt zu erzählen bereit war, warum sie hier nach Norden zogen. Vielleicht würde das Sehen von Greifen irgendwie das Gleiche bedeuten, als hätten sie die Wüste erreicht? Aber etwas an Beguchrens ausdrucksloser Unverbindlichkeit ließ ihn zögern, und der Augenblick verging. Stattdessen bemerkte Gerent: »Wir müssten, wie Ihr angedeutet habt, heute Morgen Pamnarichtan erreichen können und irgendwann heute Nachmittag Metichteran.«
Beguchren holte Luft. Tat es erneut. Er rang sich ein leises Lächeln ab und warf Gerent einen Seitenblick zu. »Du möchtest also nicht angeln gehen?«
»Nein«, antwortete Gerent langsam. »Oder falls ich es wollte, dann jetzt nicht mehr, nachdem wir die Greifen gesehen haben. Irgendwie scheint heute nicht der richtige Vormittag zum Angeln zu sein.« Tatsächlich bemühte er sich sogar, einen so neutralen Tonfall anzuschlagen wie Beguchren. Das war gar nicht so einfach, wie es bei dem Magier wirkte.
Trotzdem hatte Gerent zum ersten Mal wirklich das Gefühl, dass es richtig war, weiter nach Norden mitzureiten, so als wäre es wirklich seine eigene Entscheidung, unabhängig vom subtilen – und zuweilen nicht ganz so subtilen – Druck, den der Magier ausübte. Aber war es die Sichtung der Greifen, die den Unterschied ausmachte? Oder eine undefinierbare Veränderung im Verhalten des Magiers? Vielleicht auch etwas ganz anderes?
Beguchren sagte jedoch nur: »Gut.« Daraufhin wendete er seine Stute nach Norden und gab ihr leicht die Fersen, damit sie lostrabte.
Gerent folgte ihm und fragte sich dabei, ob er recht damit hatte, mehr als nur eine Bedeutung aus diesem schlichten Wort herauszuhören. Er bemühte sich, nicht in den Wald neben der Straße zu blicken oder sich vorzustellen, das gelegentliche Knacken von Zweigen kündete von der Annäherung weiterer Banditen. Er wusste, Beguchren hatte recht gehabt, dass jeder anständige Reisende verpflichtet war, Banditen niederzumachen, wenn er die Gelegenheit dazu erhielt ... Aber er wollte nicht erneut sehen, wie der Magier des Königs dieses gefrorene Licht erzeugte, das aus Erde und Wasser hervorglomm.
Im Wald blieb es jedoch ruhig.
Gerent versuchte, nicht daran zu denken, wie er in Gesellschaft von Sicheir und den anderen dieser Straße in Gegenrichtung gefolgt war, unterwegs nach Breidechboda und in die Freiheit. Jener Ritt war umrankt gewesen von Ungewissheit und Sorgen. Ungeachtet seiner klaren Erinnerung daran kam ihm jene Reise im Rückblick als eines der erfreulicheren Zwischenspiele seines Lebens vor und Tehres Haus am Ende als eine Heimstatt des Friedens.
Was Tehre wohl heute Morgen tat? Zweifellos zerbrach sie etwas. Irgendeinen kleinen Haushaltsgegenstand oder auch ein Katapult, das jemand für sie angefertigt hatte – jemand anderes, und wie töricht es war, auf diesen unbekannten und hypothetischen Schaffenden eifersüchtig zu sein! –, oder einen Wagen oder eine Kutsche oder wer weiß was. Vielleicht ein Brückenmodell. Vielleicht hatte sie den Arobarn überredet, dass er ihr erlaubte, ein großes Gebäude einzureißen. Gerent dachte an die Art und Weise, wie sie dafür gesorgt hatte, dass Derichs Schwert zersplitterte, als es den Bronzeschwan traf, und wünschte sich, er könnte zusehen, wie sie ein ganzes Haus zum Einsturz brachte. Welche geringfügige Belastung sie wohl benutzte, damit Gestein riss und zersplitterte? Das wäre faszinierend, dessen war er sich sicher. Und eindrucksvoll.
Es war relativ ruhig auf der Straße. Nur Vögel sangen, und auch sie taten es nicht erfüllt vom Drängen des Sommers, sondern nur mit einem zufälligen Zwitschern hier und dort. Außer dem trägen Fluss zu ihrer Rechten bewegten sich nur Eichhörnchen, die Äste entlangliefen oder über die Straße huschten. Vermutlich ging das gelegentliche Rascheln im Wald auf Eichhörnchen zurück. Oder Rotwild. Fast mit Sicherheit kündete keines dieser Geräusche von Banditen oder Wölfen oder sonst etwas, das auch nur im Mindesten beunruhigend gewesen wäre. Gerent fragte sich, was Beguchren wohl tat, wenn ein Bandit im Wald versuchte, sie aus dem Hinterhalt niederzuschießen, und bemühte sich dann gleich wieder angestrengt, keinerlei derartige
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