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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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kühl. Er zählte fünfzig Schritte ab, fand einen Stein und setzte sich darauf. Dann schlang er die Arme um sich, um etwas Wärme zu finden. Seine Vorstellungskraft bevölkerte die Dunkelheit mit Wölfen. Mit Greifen ... Nein, Greifen hätten sich bei Einbruch der Abenddämmerung zur Wüste gewandt, wie der, den er gesehen hatte. Falls er denn tatsächlich zur Wüste unterwegs gewesen war. Aber sicherlich war er das.
    Dann also Drachen. Gingen Drachen nachts auf die Jagd? Hielt Feuer einen Drachen auf Abstand, oder lockte es ihn an? Er wusste, dass so weit im Süden kaum eine Chance bestand, einem Drachen zu begegnen, aber er glaubte beinahe trotzdem, eine riesige Kreatur zu hören, die irgendwo im Dunkeln ihre mächtige Gestalt bewegte.
    Wahrscheinlich musste er eher mit Wölfen rechnen. Feuer wehrte Wölfe ganz klar ab. Allerdings nicht auf fünfzig Schritte Abstand. Er versuchte, lieber an Gedichte als an Wölfe zu denken. Dummerweise fielen ihm Gestechan Wanastichs bedächtige Verse ein. Feuer und Dunkelheit und weinende Frauen: nichts, womit sich Gerent derzeit gerne in Gedanken befasste. Und hatte Wanastich nicht auch über Wölfe geschrieben? Ah, ja: der Abschnitt des Teranbichken-Epos mit dem Schnee und den schwarzen Bäumen und den Wolfsaugen, die in einem Kreis leuchteten ... Die Einbildungskraft ist ein Fluch , dachte Gerent und schloss die Augen. Er wusste sehr gut, dass sich hier keine Wölfe herumtrieben.
    Er wünschte sich, er hätte Gelegenheit erhalten, von diesen Fischen zu essen. Hätte er schnell genug reagiert, dann wäre es ihm vielleicht möglich gewesen, wenigstens eine Decke mitzunehmen. Vielleicht hätte Annachudran sie ihm zugestanden. Er fragte sich, ob der Mann vorhatte, ihn die ganze Nacht lang hier draußen sitzen zu lassen. Wahrscheinlich nicht. Vielleicht doch. Der Befehl hatte gelautet: Setz dich. Also konnte sich Gerent nicht hinlegen. Auch wenn er vermutlich eh keine trockene Stelle gefunden hätte, um sich dort auszustrecken, würde er die fehlende Möglichkeit, es auch nur zu probieren, im Laufe einer ganzen Nacht noch vermissen.
    Hinter ihm schrie Annachudran seinen Namen.
    Gerent sprang auf und kehrte ungeachtet der Dunkelheit viel schneller zum Lagerfeuer zurück, als er es zuvor verlassen hatte. Sobald er den Lichtschein erreicht hatte, erschien ihm die bloße Vorstellung von Wölfen albern. Die abschließenden Schritte zum Feuer legte er langsamer zurück und blieb dann seinem Meister gegenüber stehen.
    »Nun?«, fragte Annachudran und sah mit einem scharfsinnigen Blick zu ihm auf.
    Gerent sank sofort auf die Knie. »Verzeiht mein freches Mundwerk, Meister – es tut mir leid. Vergebt mir, Herr. Ich werde auch ...«
    »Schluss damit!« Annachudran schwieg kurz, holte Luft und fuhr in sanfterem Ton fort: »Ich möchte nicht, dass du, ähm, katzbuckelst. Ich wollte lediglich deine Meinung hören.«
    Erstaunt – wieder einmal! – fragte Gerent vorsichtig: »Darf ich aufstehen?«
    »Ja!« Annachudran deutete auf die Decke, die auf der anderen Seite des Lagerfeuers ausgebreitet war. »Setz dich, wärm dich, iss deinen Fisch. Sag mir, wirst du nun aufhören, mich zu sticheln, um eine Reaktion zu provozieren? Bist du zufrieden?«
    Gerent setzte sich ans Feuer und stocherte am Fisch herum. Schließlich aß er einen Bissen. Annachudran hatte den Fisch für ihn entgrätet, und außer der Rinderbrühe stand auch eine Tasse mit heißem Tee bereit. Gerent hatte mehr als nur halb erwartet, dass sein Meister ihn zum Feuer zurückrief. Aber diese zusätzliche kleine Freundlichkeit lag so weit außerhalb all seiner Erwartungen, dass er nicht mal wusste, welche Gefühle das in ihm auslöste.
    Er sah auf und erwiderte den Blick des anderen. »Ihr habt mich nach meiner Meinung gefragt und ob ich zufrieden bin. Sehr gut. Ihr habt ganz gewiss nicht die Beherrschung verloren. Ich kann jetzt davon ausgehen, dass das nie geschehen wird – oder zumindest nicht leicht. Oder wolltet Ihr meine Meinung zur eigentlichen Strafe hören? Sehr gut: Sie war wirkungsvoll. Ich möchte nicht, dass Ihr das noch einmal tut, auch wenn Ihr dabei sauber vermieden habt, irgendeine Brutalität zu begehen. Danke, dass Ihr mich zurück zum Feuer gerufen habt.«
    »Du hast von dem Zwang gesprochen, dich hinzuknien, damit dich dann jemand bewusstlos schlagen könnte. Hat dir jemand das angetan?«
    Annachudran war vielleicht ein schlauer Mann. Ein scharfsichtiger Mann. Aber dem Ton nach zu urteilen, in dem er diese

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