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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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vierte Satteltasche, die im flachen Wasser gelandet war, und legte sie zu den anderen. Die Bücher darin waren trocken geblieben, wie er feststellte. Er betrachtete ausdruckslos das Buch in seiner Hand und fragte sich, warum er sich überhaupt die Mühe gemacht und nachgesehen hatte. Er steckte es zurück und zog die Riemen an.
    Dann zog er sich aus und legte trockene Kleidung an. Kurz suchte er nach seinen Stiefeln und schlüpfte dann in sie hinein. Dabei warf er keinen Blick auf Annachudran. Sorgsam achtete er darauf, das nicht zu tun. Wenn er hinsah, war er vielleicht gezwungen, zu ihm zurückzukehren. Wenn er nicht hinsah ... wenn er sich in Gedanken ganz mit dem Himmel und dem Fluss und dem Rauschen des Windes im Laub befasste ... na ja, dann konnte er sich einen Reisesack um die Schulter hängen und flussaufwärts fortgehen.
    Er blickte nicht zurück. Und das Fluchgelübde hielt ihn nicht auf. Gerent dachte, dass es das vielleicht im letzten Augenblick vor dem Fortgehen täte: ein aktiver Akt des Trotzes, anders als zu dem Zeitpunkt, an dem er Perech Fellesteden hatte fortziehen lassen. Aber das Fluchgelübde hielt ihn nicht auf. Es war nicht verschwunden. Daran erkannte er, dass Annachudran noch am Leben war. Es hielt ihn jedoch nicht richtig fest im Griff. Ein bewusstloser Meister, ein im Sterben liegender Meister, war vielleicht etwas, das die Fluchgelübde-Magie nicht besonders gut verstand. Gerent setzte seinen Weg fort.
    Annachudran war schon zu weit weg, um ihn zurückzurufen.
    Gerent hatte jedoch noch keine Meile geschafft, als er die Greifen sah. Diesmal waren es drei: einer bronzefarben und braun, einer kupferfarben und golden und einer – der die Führungsposition hatte – von grellem, reinem Weiß wie die Flammen im Herzen eines Feuers. Die Luft, welche die Greifen umhüllte, war erfüllt von Licht, sodass Gerent die Augen zusammenkneifen musste, um die Kreaturen zu sehen. Es roch nach Feuer und heißem Messing; ein Hitzeflimmern lag in der Luft.
    Wie der Greif zuvor folgten sie dem Flusslauf – diesmal jedoch flussabwärts nach Süden. Im Gegensatz zu dem einzelnen Greifen von vorhin bemerkten diese Kreaturen Gerent eindeutig. Der weiße Greif legte den Kopf schief und blickte im Vorbeiflug zu ihm hinab: ein blitzender Saphirblick von solch heißer Verachtung, dass Gerent schwankte und unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Die Greifen zögerten jedoch nicht im Flug und stießen auch nicht auf ihn herab, wofür er inbrünstig dankbar war.
    Die Greifen flogen tief – so tief, dass sie mit den Flügelspitzen beinahe die obersten Zweige der Bäume streiften. So tief, dass Gerent, als der letzte Greif an ihm vorbeizog, von der starken Illusion gepackt wurde, er hätte womöglich dessen Gefieder berühren können, wenn er nur die Hand emporgereckt hätte. Er fragte sich, ob die Federn so scharfkantig und metallisch sein konnten, wie es schien; wahrscheinlich war es nicht der Fall. Aber das Licht blitzte auf den Schnäbeln und auf Krallen, die so lang wie Gerents Finger waren und so scharf wie Messer. Lebhaft trat ihm die Vorstellung vor Augen, was diese Krallen einem Menschen antun konnten ... sagen wir, einem hilflosen Menschen, der allein und verletzt am Flussufer zurückgelassen worden war ... Gerent schloss die Augen und bemühte sich, die Bilder, die seine Vorstellungskraft heraufbeschwor, ebenso auszublenden wie dieses zu hell strahlende Licht.
    Als er die Augen wieder öffnete, waren die Greifen außer Sicht. Das Licht bestand nur aus alltäglichem Sonnenschein, und Fluss und Wald wirkten unbekümmert von irgendeiner Erinnerung an Feuer.
    Die Greifen hielten bestimmt nicht an und taten Aben Annachudran etwas. Sie hatten nicht den Eindruck erweckt, aus irgendeinem Grund anzuhalten. Der vorherige Greif hatte nicht das geringste Interesse gezeigt; und diese drei hatten nicht angehalten, um Gerent zu zerreißen, obwohl sie ihn eindeutig gesehen hatten. Warum sollten sie anhalten und einen Menschen töten, der schließlich ohnehin im Sterben lag?
    Sie taten es bestimmt nicht. Dessen war sich Gerent sicher. Fast sicher. Er ging am Fluss entlang einige Schritte weiter nach Norden.
    Dann blieb er wieder stehen. Was, wenn die Greifen an Annachudran vorbeiflogen? Wahrscheinlich hielten sie nicht an und töteten ihn. Der Gelehrte hatte sie schön und gefährlich zugleich genannt. Vielleicht war er inzwischen zu sich gekommen. Vielleicht sah er sie vorbeiziehen. In seiner hilflosen Verfassung hatte er

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