Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
Miene, und sie sprang auf. »Gerent!«
Er drehte den Fuß so, dass auch sie den Knöchel sehen konnte. »Man hat mir gesagt, ich müsste dir dafür danken«, sagte er. Das traf zwar nicht direkt zu, aber zweifellos war es Tehre gewesen, die das erste Glied dieser Kette geschmiedet und zurechtgehämmert hatte. »Du hast tatsächlich den König aufgesucht?«
»Na ja, das musste ich doch«, erwiderte Tehre schlicht. »Es hieß, du solltest an Herrn Fellestedens Erben gehen; es hieß, ich dürfte nicht mal den Antrag stellen, dich zu kaufen. Also musste ich zum Arobarn gehen. Niemand sonst kann das Urteil eines Richters aufheben, weißt du.« Dann stand sie einen Augenblick lang ganz reglos da, und ihre ganze Aufmerksamkeit galt ausschließlich ihm. »Er sagte, er würde dich Beguchren Teshrichten übergeben. Hat er das getan?« Und voll tiefen Argwohns fügte sie hinzu: »Geht es dir gut?«
»Er hat es getan«, antwortete Gerent. »Und ich weiß nicht, ob es mir gut geht. Ich bin jedoch vom Fluchgelübde befreit, und das ist etwas, was ich niemals erwartet hätte. Was hast du dem Arobarn gesagt? Hast du ihm die Wahrheit erzählt? Das war töricht ...«
»Ich musste es tun«, entgegnete Tehre überrascht. »Nicht die ganze Wahrheit ... Nicht den Teil, den ich selbst nur vermuten konnte.« Womit sie meinte, dass sie sorgsam jede Spekulation darüber vermieden hatte, wer möglicherweise für die Entfernung von Gerents Brandmal verantwortlich war. »Aber im Großen und Ganzen schon. Wie hätte ich ihn sonst überzeugen können, mir zuzuhören? Und es hat funktioniert: Er glaubte mir, was ich über Fellesteden sagte, weißt du? Er sagte, er bräuchte jemanden, der loyal sein kann. Ich sagte ihm, darin könnte er sich auf dich verlassen.«
»Er hätte dich einem Fluchgelübde unterwerfen können ...«
»Das hat er aber nicht.«
Gerent erwiderte nicht: Er tut es vielleicht noch. Erneut dachte er an den schweren Tonfall des Arobarn, als dieser erklärte: Solltest du meinem Magier jedoch nicht dienen, denke ich mir etwas anderes für die Ringe aus. Mit rauer Stimme erklärte Gerent: »Du hättest ihn nie aufsuchen sollen!«
»Das habe ich jedoch«, entgegnete Tehre in einem vernünftig klingenden Tonfall, »und es ist geschehen. Außerdem hat dir der Arobarn die Freiheit geschenkt, sodass alles in Ordnung ist. Ich habe ihm nicht erzählt, dass mein Vater dein Brandmal manipuliert hat, weißt du. Nur dass du es nicht mehr hattest, als du an meiner Türschwelle aufgetaucht bist.« Sie nickte ihm kurz zu, als wollte sie hinzufügen: Also ist das in Ordnung. Dann wandte sie sich wieder zum Tisch um. »Ich bin deinem Vorschlag gefolgt und habe daran gearbeitet, unser heutiges Verständnis von Materialphilosophie zusammenzufassen ...«
Das hatte sie, da war sich Gerent ganz sicher.
»Das ist eine langwierige Arbeit«, fuhr Tehre fort und starrte dabei unzufrieden auf die teils gestapelten, teils verstreut herumliegenden Bücher. »Sie hält mich davon ab, tatsächlich an den Berechnungen zu arbeiten ... Ich denke, dass ich kurz davorstehe, eine brauchbare Gleichung über die Geschwindigkeit aufzustellen, mit der sich ein Riss ausbreitet, sobald er tatsächlich seinen Lauf nimmt. Und hier schlage ich jetzt nach, was andere Schaffende und Philosophen über Dinge gesagt haben, die damit nur mittelbar zu tun haben.« Müßig machte sie sich daran, Parabeln am Blattrand eines Buches zu zeichnen und dabei Tangenten anzubringen. »Ich hätte es viel lieber, wenn du das für mich tust«, fügte sie hinzu, drehte den Kopf und sah Gerent erwartungsvoll an.
»Ich soll morgen früh nach Norden ziehen«, berichtete ihr Gerent. »Mit Beguchren Teshrichten.« Ihn erstaunte selbst das Bedauern, das er bei dieser Äußerung empfand: Ihm war noch gar nicht bewusst gewesen, dass er tatsächlich am liebsten »Ja« gesagt und Tehre die Schreibfeder abgenommen hätte.
»Oh!«, entfuhr es Tehre. Sie stockte, und ihre Augen wurden schmal. »Wie weit nach Norden? Bis Taschan?«
Damit wollte sie fragen: Irgendwo in die Nähe des Hauses unserer Familie? Gerent öffnete eine Hand, eine Geste der Unsicherheit. »Ich weiß nicht. Du solltest also lieber an deinen Vater schreiben, wenn du das noch nicht getan hast.«
»Oh, das habe ich. Ich tue es erneut. Bist du gekommen, um mir das zu sagen? Danke, Gerent. Das kann wichtig werden, wenn du – und der Herr Magier – so weit reisen.« Tehre hielt kurz inne. Dann fragte sie: »Wieso nach Norden? Was
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