Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
ein nennenswertes Lachen, aber er hatte das Bedürfnis dazu. Er trank das restliche Wasser aus dem vierten Schlauch mit einem Zug. Dann warf er ihn weg und marschierte weiter vorwärts, direkt in den Rachen der Sonne hinein.
Dieser Ausbruch von Trotz dauerte nur wenige Minuten. Plötzlich fand sich Gerent, der eben noch energisch ausgeschritten war, auf Händen und Knien wieder, erinnerte sich aber nicht daran, wie er hingefallen war. Einen Augenblick lang dachte er, sich einfach nur hinzulegen und abzuwarten, bis die Hitze ihm den Rest gab. Die Feindseligkeit der Wüste ging jedoch zu tief, und er konnte sich nicht überwinden, sich ihr einfach zu ergeben. Stattdessen kroch er in den Schatten einer schmalen, messerähnlichen Felsnadel, die sich in die heiße Luft bohrte, und brach unter ihrem dürftigen Schutz zusammen. Rote Hitze hämmerte aus dem Sand herauf und durchfuhr Gerent; sie kam aus der Luft und schloss sich um ihn herum. Aber das spürte er schon nicht mehr.
Er erwachte in kühlem Nebel, umhüllt von einem grünlichen Licht, das sich durch nasse Zweige brach. Von ihnen fielen Wassertropfen, vor denen ihn eine Decke schützte. Eine Armeslänge von ihm entfernt prasselte ein Feuer; das bisschen Wärme, das davon ausging, war eher behaglich als bedrohlich. Gerent hatte keinerlei Durst. Tatsächlich empfand er ein mattes Wohlbefinden, das im ersten Augenblick zu fremd für ihn war, um es überhaupt zu bemerken. Duftender Dampf stieg aus einem Topf über dem Feuer auf ... Eine Suppe, wie ihm schließlich klar wurde. Diese Erkenntnis trieb ohne Nachdruck durch seine Mattigkeit.
»Bist du hungrig?«, fragte jemand.
Gerent dachte über diese Frage nach. Er wusste die Antwort nicht so recht, und sie erschien ihm auch nicht wichtig. Die Stimme war ihm fremd. Ein leichtes Unbehagen breitete sich in der lähmenden Unbestimmtheit aus.
»Kannst du dich aufsetzen?«, erkundigte sich dieselbe Stimme. »Komm schon. Versuch es.«
Gerent versuchte es, und das Unbehagen nahm zu. Er stellte fest, dass er schwach war, aber nicht so sehr, wie er erwartet hatte. Eine Hand berührte ihn an der Schulter und half ihm bei seinen Bemühungen ... Er wandte den Kopf und versuchte, den Blick auf den Besitzer der Hand zu konzentrieren. Sein Sehvermögen verbesserte sich langsam und verschwand dann aber auf seltsame Art und Weise.
»Das geht vorbei«, beruhigte ihn die Stimme. »Du musst etwas essen; das bringt dich wieder zu Kräften. Kannst du diese Tasse halten? Versuch es. Trink.«
Gerent schloss die Augen und probierte einen Schluck. Es war eine schwere Brühe, voll mit Fleischstücken. Kein Rind ... Kein Hammel ... Vielleicht Wildbret. Gerent trank die Brühe und stellte fest, dass seine Konzentrationsfähigkeit zunahm und sich die Mattigkeit legte. Kraft schien sich vom Bauch aus in alle Glieder auszubreiten. Eine Erinnerung an die Wüste wurde lebendig, an den langen Marsch und den schlussendlichen Blick auf die rote Wüste, wie sie sich bis hinauf in die fernen Berge erstreckte. Die Erinnerung war lebendig und schien doch irgendwie aus einer fernen Vergangenheit zu stammen. Sie enthielt wenig Schrecken und keinerlei Grauen.
Dann fiel ihm wieder der Grund ein, warum er in die Wüste gewandert war, und das Grauen schlug wie eine Peitsche auf ihn ein. Er setzte heftig die Tasse ab – wobei der Griff abbrach, wie er undeutlich bemerkte – und suchte mit dem Blick nach seinem ... Wohltäter.
Der Mann trug die Art guter, robuster, zweckmäßig angefertigter Kleidung, in die sich jede Person von durchschnittlichem Wohlstand auf Reisen kleidete. Der Ring an der linken Hand wirkte allerdings mehr als nur durchschnittlich teuer. Der Mann hatte ein rundes Gesicht, war mollig und älter als Gerent ... vielleicht in den Fünfzigern. Nicht groß. Nicht einschüchternd. Er wirkte sogar liebenswürdig, auch wenn dieser Eindruck vielleicht wenig bedeutete. Er erwiderte jedoch nicht Gerents Blick.
Dann tat er es doch. Und das war schlimmer. Dieser Blick drückte ein Wissen aus, das nie wieder zu sehen Gerent verzweifelt gehofft hatte.
Gerent warf die Decke von sich, stand auf und starrte zu den eigenen nackten Füßen hinab. Seine Stiefel waren fort. Fellestedens kleine Silberketten waren nicht mehr durch die Stahlringe geführt, die seine Knöchel zwischen Knochen und Sehne durchbohrten. Vielmehr führte durch jeden Ring eine hübsche kleine Schnur.
Das kam im Grunde nicht überraschend. Gerent hatte diese Schnüre gar nicht erst
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