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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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in nahezu gleichem Maße. Den Magier des Königs würde er vielleicht noch herausfordern, aber er fürchtete den Zorn des Königs.
    Und er hatte zu Aben Annachudran gesagt: Was ich auch tue, du wirst dies nicht bedauern. Er hatte es ihm versprochen, hatte es Tehre versprochen. Kein Schaden wird dir durch mich entstehen. Hatte er das nicht zu beiden gesagt? Versprechungen dieser Art sollten wie Stein oder Erde sein: massiv und dauerhaft. Waren sie bei ihm nur wie Morgennebel, der beim ersten Sonnenlicht verdunstete? Er stand einen Augenblick lang da und starrte nach Westen.
    Dann jedoch wandte er sich widerstrebend nach Norden.
    In diesem Teil Breidechbodas waren die Straßen breit, gut gepflastert und erhellt von flimmernden Lampen, deren silbriges Licht an den Mond erinnerte. Dieses Licht fiel auf die Fassaden schön gestalteter Häuser und auf die schmiedeeisernen Tore, die sie schützten. Viele Torpfosten waren gekrönt von Figuren, die aus den dahintreibenden Nebelschwaden aufragten, als ob sie lebendig wären, und den Betrachter erschreckten: Monster mit Dachsleibern und Fledermausgesichtern oder Doggen oder schlanke Falken. Diese Figuren verrieten dem Besucher, der sich darin auskannte, die Familie und Zugehörigkeit der hier Wohnenden. Gerent kannte einige: Die Monster mit Fledermausgesichtern kennzeichneten das Haus eines Sprosses der Familie Pamnarech und die Doggen eine Zugehörigkeit zum adligen Haus Waksan ... Gerent ging an ihnen vorbei und empfand ein seltsames Heimweh nach den springenden Hirschen, die das Stadthaus der Annachudrans markierten.
    Niemand sonst war unterwegs. Die Herrschaften lagen alle im Bett, und nicht mal ihre Dienstboten regten sich bislang. Bäcker schoben vielleicht schon die Brotlaibe in ihre Öfen, und Fuhrmänner beförderten Obst und Gemüse zu den Marktständen, aber hier fand man keine Geschäfte. Gerent hatte jedoch nicht das Gefühl, er sei in dieser Einsamkeit zu auffällig oder fehl am Platz. Er folgte raschen Schrittes den matt beleuchteten Straßen, den Kopf hoch erhoben, und lauschte den Geräuschen der eigenen Sandalen auf den Pflastersteinen. Seine Schritte schienen fast die einzigen Geräusche überhaupt in der Stadt zu sein.
    Die großen Häuser des Adels und der Reichen gingen allmählich in die Wohnhäuser der einigermaßen Betuchten über. Im Hintergrund wurden verspätete Karren und Wagen vernehmbar; mehrere davon kamen an Gerent vorbei, als er den Teil der Stadt erreichte, wo man Geschäfte und Märkte ebenso wie Wohnhäuser antraf.
    Die ersten Fensterläden gingen klappernd an einem Mietshaus in der Nähe auf, und eine Frau beugte sich aus dem Fenster und blickte mit müder Überraschung in den Morgen hinaus, als hätte sie noch nie zuvor im Leben die grauen Straßen kurz vor Einsetzen der Morgendämmerung gesehen. Sie zog die Brauen hoch, als sie Gerent erblickte. Sie nickte ihm ohne Begeisterung, aber recht freundlich zu: eine Person, die zu früh aufgestanden war und jemandem zunickte, der noch früher auf den Beinen war. Sie zog sich jedoch sofort in ihre Wohnung zurück, ohne darauf zu warten, dass er den Gruß erwiderte.
    Die Zwillingstöchter schimmerten neben einer Spitze des Sichelmondes und verschwanden fast schon in der perlmutt- und lavendelfarbenen Dämmerung. Dann ging hinter Gerent die Sonne auf, und sowohl der Mond als auch die späten Sterne versanken in ihrem auflodernden Licht. Dieses fiel auf die Ostwände der Häuser, Mietblöcke und Geschäfte, verwandelte den Putz in Elfenbein und die Backsteine in Bernstein, vergoldete die feuchten Pflastersteine und rahmte die schweren Steinsäulen des Emnerechke-Tores mit Feuer ein.
    Breidechboda erstreckte sich hinter Gerent die Hügel hinauf. Hohe Federwolken lagen als federleichte Pfirsich- und Nelkendecken über den Hügeln. Die ferne Stadt, in diesem Augenblick zwischen Nacht und Tag sauber und still, war ganz rosenfarben übergossenes Elfenbein, wo das frühe Tageslicht auf sie fiel, oder lavendelfarben oder schiefergrau oder perlmuttgrau, wo die Hügel noch im Schatten lagen. Rechts von Gerent führte die Straße nach Norden und verlief dabei durch Felder, die vom reifenden Getreide in spätsommerliches Gold getaucht wurden.
    Eine ausgefallene Kutsche – die Türen mit Schweifwerk versehen, die Räder hoch und schmal, zwei zueinanderpassende kupferfarbene Füchse mit geflochtenen Mähnen als Gespann – stand innerhalb des Emnerechke-Tores bereit. Sie zog durch ihre Reglosigkeit ebenso wie

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