Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
abgewiesen hatte. Andererseits konnte sie ihm im Grunde nichts verraten; denn sie wusste ja selbst nichts. Sie achtete darauf, Terheien zu sprechen, als sie erklärte: »Es geht mir genauso. Ich stelle mir auch viele Fragen. Ich weiß keine Antworten. Mein Herr König, der Arobarn, sagt, ja, es bestehe ein Problem. Jedoch erklärt er mir nicht, welches das ist.« Sie zeigte die gleiche frustrierte Handbewegung des Fürsten von eben. »Ich weiß es nicht.«
»Ah.« Fürst Bertaud schlug kurz die Augen nieder. Dann warf er einen Blick auf die Karte, die auf dem Tisch lag. »Das?«
»Oh ...« Tehre wusste nicht recht, was sie dazu sagen sollte.
Der Fürst stand auf, trat an den Tisch heran und beugte sich lange über die Karte. Er folgte mit der Fingerspitze dem geschlängelten Lauf des Teschankenflusses. Schließlich tippte er auf eine Stelle weit im Norden, die dicht an den Bergen lag. »Hier«, sagte er. »Melentser. Ist es nicht so?«
»Ja ...«
»Ja.« Der Fürst wandte sich von der Karte ab, verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete Tehre ausgiebig. »Ihr geht nach Norden?«
Tehre war erschrocken und wollte schon »Nein«, sagen. Als sie seinen ernsten Blick erwiderte, stritt sie es letztlich doch nicht ab.
»Du machst wohl Witze!«, entfuhr es Fareine, die sie genervt anblickte. »Nur machst du ja nie Witze. Te hr e ... «
»Ich denke«, sagte Tehre auf Terheien, ohne den Blick von Fürst Bertaud zu wenden, »ich denke ... dass ich vielleicht nach Norden ziehe.« Dann wandte sie sich Fareine zu. »Still, Fareine! Ich kann doch sicher meine Eltern besuchen, oder? Das ist völlig korrekt; außerdem möchte ich wirklich wissen, was im Norden geschieht, und nicht nur hier herumsitzen und mir Sorgen machen! Du nicht auch? Und ich bin eine Schaffende, die mit sehr breit gestreuten Fähigkeiten ausgestattet ist, viel mehr als Gerent. Vielleicht glaubt der König, dass er einen Mann braucht, um sich dem zu stellen, was dort nicht stimmt; vielleicht glaubt Beguchren Teshrichten aus irgendeinem Grund, dass Gerent genau der Richtige ist. Aber vielleicht sollten beide etwas gründlicher darüber nachdenken, welche Möglichkeiten sich ihnen bieten, denkst du nicht?«
Fareine, die schon den Mund geöffnet hatte, um etwas zu entgegnen, wirkte leicht verblüfft und schloss ihn wieder.
»Du hast doch sicher nicht geglaubt, ich wollte einfach nach Norden gehen, um hinter einem ... ah ...«, Tehre blickte kurz auf den fremden Herrn, und statt »Geliebten« zu sagen, beendete sie den Satz lieber mit einem viel obskureren Wort, »... Burschen herzujagen .« Sie überließ es ihrem bissigen Ton, einen Hinweis zu geben, was sie von dieser Andeutung hielt.
Fareine wurde rot, fuhr aber hartnäckig fort: »Tehre, Liebes, darf ich das so verstehen, dass du mit dem Gedanken spielst, möglicherweise in Gesellschaft eines Ausländers zu reisen? Damit möchte ich den hochverehrten Herrn nicht kränken, aber die eigene Reputation ist etwas, was man nicht einfach in die Straßengosse werfen sollte ... Denke doch nur an deinen hochverehrten Vater und die Frau Mutter!«
»Niemand hat einen Grund, sich Gedanken um meine Reputation zu machen, in welche Richtung auch immer«, erklärte Tehre knapp. »Was du sehr gut weißt. Falls überhaupt jemand Kenntnis von dem nimmt, was ich tue – und warum sollte das jemand? Wenn ich jedoch beschließe, meine Eltern zu besuchen, und mich dann für die Gesellschaft eines angesehenen und ehrenwerten fremden Fürsten entscheide, der zufällig ebenfalls in den Norden reist, so ist das einfach nur sehr vernünftig. Warum in aller Welt sollte sich irgendjemand darüber den Kopf zerbrechen?«
Nach Fareines Miene zu urteilen, hätte sie gern darüber diskutiert, aber sie brachte es nicht über sich. Sie sagte jedoch: »Mal abgesehen von ›irgendjemandem‹, könntest du dir einmal überlegen, was der Arobarn vielleicht denkt! Du bist es gewohnt, schlauer zu sein als die meisten Leute, aber er ist kein Dummkopf, Tehre.«
Tehre zögerte. Darauf zu antworten war schon schwieriger. Schließlich zuckte sie nur die Achseln. Zu dem Fremden sagte sie: »Ich denke, dass ich vielleicht nach Norden gehe. Meine ...« Sie erinnerte sich nicht an das Terheien-Wort für »Eltern«. »Mein Vater und meine Mutter leben dort.« Sie berührte die Karte. »Ich denke, ich gehe vielleicht, ah, meine Mutter besuchen. Einen Tag, vielleicht zwei. Dann gehe ich wieder. Aber der ...«
»Weg«, »Pfad«, »Allee« –
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