Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
mir.«
»Das werde ich.«
Gerent schüttelte nur den Kopf.
Sie wechselten die Braunen an der nächsten Poststation gegen energiegeladene Grauschimmel aus, was diesmal von einer weniger langen Unterbrechung begleitet wurde. Wie versprochen erreichten sie Dachseit vor Einbruch der Dunkelheit und durchquerten die betriebsame Stadt, ohne anzuhalten. Sogar den Grauschimmeln war inzwischen die Lust am Laufen vergangen; der Kutscher ließ zu, dass sie in gleichmäßiges Schritttempo verfielen. Gerent stellte keine Fragen danach, wann sie vielleicht wieder anhielten.
Eine Stunde nördlich von Dachseit, als die Abenddämmerung einen Silberschimmer annahm und die ersten Sterne auftauchten, wurde die Kutsche langsamer. Sie bog von der Straße ab, holperte sachte über einen Grassaum und hielt neben einem großen Zelt aus blauem und elfenbeinfarbenem Stoff. Die Vorderseite war mit geflochtenen Bändern in Orange und Gold geschmückt, und weitere Bänder wehten auf dem Dach in der Brise, die vom Fluss kam. Ein Feuer brannte munter vor dem Zelt; runde weiße Lampen hingen an Pfosten beiderseits des Eingangs. In ihrem Licht erblickte Gerent ein halbes Dutzend kleinere Zelte in Blau, Rosa und Flammengelb neben und hinter dem großen Pavillon.
Männer in königlicher Livree tauchten auf und übernahmen die müden Pferde. Ein weiterer Mann in des Magiers persönlicher Livree aus Blau und Elfenbeinfarbe erschien vor der Kutschentür, baute eine Trittstufe auf und murmelte einen ehrerbietigen Gruß. Beguchren gestattete es, dass der Mann ihm am Arm aus der Kutsche half. Jetzt, wo Gerent Gelegenheit fand, den Magier genauer anzusehen, bemerkte er, dass sein Reisegefährte abgespannt und müde wirkte. Der Magier wandte sich sofort dem Feuer und dem großen Zelt zu.
Gerent stieg ohne Hilfe aus, ging ein Stück zur Seite und befreite sich durch die körperliche Bewegung von der Steifheit der Fahrt, während er den herumwuselnden Dienstboten nachblickte. Er hatte sich schon erstaunt gefragt, wieso sich der Magier damit zufrieden gab, im Freien zu übernachten anstatt in einem richtigen Gasthof. Jetzt jedoch fragte er sich selbst, warum er nicht mit einem solchen Arrangement gerechnet hatte. Man hatte hier keine Mühen gescheut; er entdeckte im großen Zelt sogar einen niedrigen Tisch und ein silbernes Schimmern, das auf die Anwärmung von Gerichten hindeutete.
Beguchren betrat das Zelt und setzte sich an den Tisch; fast sofort trat einer der Dienstboten an Gerent heran und lud ihn formgerecht ein, mit dem Magier zu speisen. Er folgte dem Mann wortlos ins Zelt, wobei er sich unter das prunkvolle Vordach bücken musste, und setzte sich auf ein Kissen, das ihm als Sitzgelegenheit angeboten wurde. Noch mehr Kissen waren hier ausgebreitet, und Vorhänge aus zartem Stoff trennten im hinteren Bereich des Zelts Privaträume ab.
Gerent nahm das Zelt und den vollgeladenen Tisch in Augenschein. »Opulent.«
Beguchren lächelte. Er nahm die Deckel von mehreren warm gehaltenen Gerichten und enthüllte so Wildbret in Bratensauce und Wachteln in Rahm. Er reichte Gerent von der Wachtel und sagte: »Mit so etwas habe ich im Grunde nicht gerechnet. Ich bat um ein schlichtes Zelt und ein frisches Gespann. Der Arobarn wusste jedoch, wo ich anhalten wollte, und er liebt es, seine Diener mit Großzügigkeit zu bedenken.«
Gerent wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Seine kurze Begegnung mit dem König hatte ihn nicht gelehrt, mit Großzügigkeit zu rechnen. Allerdings war er auch nicht direkt ein Diener des Königs. Ganz gewiss nicht auf die Art, wie es Beguchren Teshrichten war. Schließlich sagte er, wobei er auf seinen Tonfall achtete: »Ihr dient dem König ... schon lange, nicht wahr?«
Beguchren senkte den Kopf. »Schon sein Leben lang. Obwohl ... zuzeiten weniger gut, als ich mir gewünscht hätte.«
Gerent vermutete, dass der Kaltmagier dabei an den diesjährigen Sommer dachte, an die Greifen und an den verhängnisvollen Vorstoß nach Farabiand, der sicherlich jetzt diesen zweiten Vorstoß nach sich zog – welchem Ziel er auch immer diente. Gerent hätte erneut danach fragen können, wusste aber, dass Beguchren ihm darauf die Antwort schuldig geblieben wäre. Gerent hätte die Frage trotzdem stellen und die Laune des anderen Stück für Stück ausreizen können ... stellte jedoch seltsamerweise fest, dass er sich nicht zu diesem Spiel überwinden konnte. Stattdessen erkundigte er sich einfach: »Wie weit habt Ihr vor, morgen zu fahren?
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