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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Neumeier
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Woran soll man das erkennen?«
    Tan, der selbst kein Magier war, hatte keine Ahnung.
    »Und Ihr?«, fragte Maianthe. »Spürt Ihr etwas? Habt Ihr etwas gespürt, seit Ihr das Buch gefunden habt?«
    Tan musste einräumen, dass er es nicht sagen konnte. »Es ist alles sehr … sehr …«
    »Beunruhigend? Na ja, aber auch aufregend, denkt Ihr nicht? Es hätte ja alles Mögliche sein können, nicht wahr? Nun, etwas Wertvolles jedenfalls«, korrigierte sich Maianthe sogleich selbst. »Etwas, das Euer Istierinan auf gar keinen Fall verlieren wollte. Etwas, das mit der Magie von Sprache und Recht zu tun hat. Vielleicht beherrscht Ihr ja jetzt alle Sprachen – was denkt Ihr?Wäre das nicht wundervoll? Erich hat versucht, mir Praken beizubringen, aber ich habe nicht mehr als ein oder zwei Worte über die Zunge bekommen. Oder vielleicht erkennt Ihr jetzt, ob jemand die Wahrheit sagt oder einen Vertragstext mit betrügerischer Absicht formuliert. Es wäre doch vernünftig, davon auszugehen, dass ein Rechtskundiger nur wunderbare, starke Magie in einem Buch niederlegt, oder? Nur hat er nicht damit gerechnet, dass ein anderer Rechtskundiger mit einer so starken Gabe es wieder daraus hervorholt, nicht? Und dann habt Ihr es doch getan.« Maianthe unterbrach sich und starrte Tan gespannt an.
    Tan bemühte sich, nicht zu lächeln. Ihr Optimismus gefiel ihm, und er hoffte, dass sie recht hatte. Ihm widerstrebte, etwas zu sagen, das vielleicht sein eigenes Grauen vor dem verriet, was seine Gedanken inzwischen womöglich bargen.
    Irgendwo in der Ferne ertönte ein Schrei. Recht undeutlich aufgrund der großen Distanz – aber es war eindeutig ein Schrei. Maianthe sprang alarmiert auf, und Tan griff nach seinem Stock.
    Jemand klopfte kräftig an die Tür, ehe Tan auf die Beine kam. Ein Wachsoldat öffnete die Tür, beugte sich ins Zimmer hinein und fragte kurz: »Herrin Maianthe?« Er schien ein wenig verlegen, aber entschlossen – das Abbild eines Mannes, der auf Befehl hin kühn handelte, auch wenn es seinem Wesen nicht entsprach. Es war Tenned, Sohn von Tenned, was Tan sogar unter den gegebenen Umständen erheiterte.
    »Ihr habt wirklich in den nervenaufreibendsten Augenblicken Dienst«, bemerkte Tan.
    »Ja«, bestätigte der junge Wachmann in einem beunruhigten Tonfall. »So etwas ist in Tiefenau nie geschehen, ehe Ihr kamt. Ich denke nicht, dass ich mich je wieder über Langeweile beklagen werde.«
    »Was gibt es denn jetzt?«, wollte Maianthe wissen.
    »Hochverehrte Dame …«, hob Tenned an, stockte dann jedoch. Dann sprudelte es aus ihm hervor: »Hauptmann Geroen sagt, dass er Meldungen vom Fluss erhält, denen zufolge am anderen Ufer jede Menge Aktivität herrscht. Und Hauptmann Geroen möchte unsere Hälfte der Brücke demontieren und Männer entsenden, um flussabwärts und flussaufwärts alle Furten im Auge zu behalten. Er möchte alle Truppen mobilisieren. Doch die anderen Hauptleute, von denen die verschiedenen Abteilungen befehligt wurden, ehe Fürst Bertaud Geroen über sie alle setzte … Sie möchten nichts davon tun, und sie sagen, jemand wäre ein Narr, wenn er den Rauch eines Lagerfeuers für einen Waldbrand hält. Und der Hauptmann der königlichen Wachsoldaten, Temnan, wisst Ihr, er möchte jemanden hinter dem König herschicken und ihn fragen, was er tun soll …«
    »Das ist mal ein Narr«, brummte Tan. »Unentschlossenheit ist neben der Scheu der schlimmste Charakterfehler bei einem Hauptmann. Und ›jemanden hinter dem König herschicken‹ – das könnte ein Hinweis auf einen der beiden Fehler sein. Oder auf beide zugleich. Ich weiß nicht, welcher einflussreichen Familie der König einen Gefallen getan hat, als er einen Narren zum Hauptmann beförderte. Ich frage mich, ob hier der Grund zu suchen ist, warum er den Mann zurückgelassen hat?«
    »Um seine Königin zu schützen?«, wandte Maianthe ein. »Und seine Töchter?«
    »Er hat vielleicht nicht erwartet, dass etwas geschehen würde …«
    »Ich bin sicher, dass Temnan absolut kompetent ist«, erklärte Maianthe, aber ihr Blick verriet Sorge.
    »Wie auch immer, Hauptmann Geroen hat mich losgeschickt, um Euch zu suchen, hochverehrte Dame, und Euch zu bitten, dass Ihr kommt und ihm sagt, er könne die Brücke demontieren …«
    »Das kann doch nicht wirklich nötig sein«, entgegnete Maianthe recht verdutzt.
    Die Brücke zwischen Tiefenau im Delta und Desamion in Linularinum war nie eine dauerhafte Konstruktion aus Stein und Eisen gewesen;

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