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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Verkaufspreis, den ich noch nicht kannte.
    Fleischmann hatte sein komplettes Leben bilanziert; bis vor sechzehn Tagen, da hörten die Eintragungen auf. „Das ist bestimmt der Zeitpunkt, an dem er verschwunden ist“, sagte ich, während ich mich zu Böhnke umdrehte.
    Er nickte zustimmend mit dem Kopf. „Zumindest hat Fleischmann seit diesem Zeitpunkt keine Eintragungen mehr vorgenommen, was dafür spricht, dass er seitdem nicht mehr in seiner Wohnung war.“ Der Kommissar rieb sich übers Kinn. Er stand hinter mir und hatte mir über die Schulter gesehen, als ich am Computer hantierte. „Was mich erstaunt, ist der Umstand, dass Sie noch kein einziges Manuskript gefunden haben, Herr Grundler.“
    In der Tat, im Speicher des Computers fand sich auf den ersten Blick kein Hinweis auf irgendein Manuskript. „Fleischmann hat die Texte wahrscheinlich auf Disketten gespeichert“, versuchte ich, das Fehlen zu erklären, und forderte zwangsläufig die nächste Frage heraus. „Und wo sind die Disketten?“, fragte Böhnke prompt.
    Ich musste eingestehen, dass es keine Einzige in den Regalen gab. „Wissen Sie, was ich vermute?“, fuhr der Kommissar fragend fort.
    Ich nickte wissend. Die Vermutung lag geradezu auf der Hand. „Hier hat jemand aufgeräumt. Im Computer ist alles verschwunden, was irgendwie mit den Manuskripten von Fleischmann zu tun haben könnte.“ Offenbar waren die entsprechenden Dateien gelöscht worden. „Wer hat das getan?“
    „Vielleicht Fleischmann selbst“, antwortete der Kommissar bedächtig, „vielleicht ein anderer. Ich kann es Ihnen nicht verraten.“
    „Mist!“, fluchte ich für mich. Die Lektorin hätte mir bestimmt etwas über die für mich ungewöhnlichen Arbeitsmethoden Fleischmanns sagen können. Aber Renatchen war für lange, wenn nicht sogar für alle Zeit aus dem Verkehr gezogen worden. „Hier kommen wir nicht weiter“, sagte ich unzufrieden zu Böhnke. „Oder haben Sie Hinweise gefunden, die ich übersehen habe?“ Der Kommissar verneinte. „Ich glaube, hier gibt’s nichts, das uns im Moment weiterhelfen könnte.“ Er wandte sich zum Wohnungsausgang. „Lassen Sie uns ins Leben zurückkehren.“
    Im „Jakobshof“, fast ums Eck an der Stromgasse, resümierten wir noch einmal unsere Wohnungsdurchsuchung bei Fleischmann. Wir waren am frühen Nachmittag allein in der rustikal gemütlichen Gaststätte und konnten unbeobachtet reden.
    „Es muss doch irgendwo Disketten oder Ausdrucke geben“, meinte ich nachdenklich, während ich das sprudelnde Mineralwasser in meinem Glas betrachtete. Ich erinnerte mich und Böhnke an meine eigene, kurze schriftstellerische Vergangenheit. „Ich habe keine einzige Kurzgeschichte weggeworfen.“ Ich besaß immer noch sämtliche Manuskripte einschließlich der ersten handschriftlichen Entwürfe und Skizzen und selbstverständlich auch noch den Geschichtenband, der vor knapp zehn Jahren einmal mit beachtlichem Erfolg aufgelegt worden war. Nach der Veröffentlichung hatte ich jedoch die Lust verloren, weiter für eine unbekannte Leserschaft zu schreiben. Wenn ich jetzt noch ab und zu eine Geschichte zu Papier brachte, dann war sie für den Hausgebrauch oder als Geschenk für Freunde bestimmt. Aber ich hatte alle Unterlagen aufbewahrt. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Fleischmann so wenig Beziehung zu seinem eigenen Werk hatte.“
    Böhnke nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas. „Es ist schwer vorstellbar“, stimmte er mir zu, „aber vielleicht reichte es ihm, wenn er das gedruckte Werk vor sich hatte. Dann konnte er alles andere wegwerfen. Der Text war ja verewigt.“
    Das habe zumindest den Vorteil, dass es immer genügend Platz auf den Bücherregalen und in den Aktenordnern gab, entgegnete ich ironisch. Böhnkes Antwort konnte mich nicht zufrieden stellen.
    Doch auch mir fiel keine andere, plausible Erklärung ein. Ich wechselte das Thema. „Lassen Sie den Computer noch einmal von einem Spezialisten durchleuchten?“ Dabei könnten auf der Festplatte vielleicht Spuren von gelöschten Dateien gefunden werden, gab ich zu bedenken.
    Böhnke nahm die Anregung gerne auf. „Ich werde mich darum kümmern“, sagte er und lächelte, „nach meinem Freizeitausgleich.“ Ich sah den Kommissar verwundert an. „Was soll überhaupt der Blödsinn mit dem Freizeitausgleich? Sie ermitteln hier und behaupten gleichzeitig, Sie seien nicht im Dienst.“ Ich ließe mich nicht von ihm zum Narren halten, die angeblichen verdeckten

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