Der Große Basar: Roman
Verkäufer waren Frauen, von Kopf bis zu den Füßen in schwere schwarze Tücher gehüllt, obwohl es auch noch andere khaffit wie ihn gab. Genau wie Abban konnte man sie leicht an ihrer farbenfrohen Tracht erkennen, doch alle trugen die schlichte gelbbraune Kappe und Weste ihres Standes. Außer den khaffit kleideten sich nur die Frauen in bunte, prächtige Sachen, aber auch nur dann, wenn sie entweder mit ihren Männern allein waren oder sich in rein weiblicher Gesellschaft befanden.
Falls die Händlerinnen auf Abban, den khaffit , verächtlich herabschauten, so hüteten sie sich, es offen zu zeigen. Wie Abban die Schwächen seines Vaters geerbt hatte, so hatte er auch dessen Stärken als Veranlagung mitbekommen, und seit Abban geschäftlich die Zügel übernommen hatte, war der Familienbetrieb mit jedem Jahr gewachsen. Wer ihn beleidigte, riskierte unweigerlich einen Rückgang seiner Gewinne, denn der fette khaffit hatte Kontakte und laufende Transaktionen nicht nur im ganzen Basar, sondern er trieb auch Handel mit Städten, die Hunderte von Meilen weit im Norden lagen. Die meisten Geschäfte mit den Grünen Ländern liefen
über Abban, und jeder, der Zugang zu den kostbaren exotischen Gütern haben wollte, ließ sich seine Geringschätzung nicht anmerken.
Doch eine Ausnahme gab es. Als Abban seinen eigenen Pavillon erreichte, hallte ein Ruf über die Straße. Angewidert fasste er den Konkurrenten ins Auge, der auf ihn zuhoppelte.
»Abban, mein Freund!«, trompetete der Mann, der ihm in Wahrheit alles andere als wohlgesonnen war. »Dachte ich mir doch, dass ich deine schrillen, weibischen Klamotten gesehen habe, als du die Straße hochgekommen bist! Wie laufen deine Geschäfte heute?«
In Abban brodelte es, doch er hütete sich, eine ruppige Antwort zu geben. Amit asu Samere am’Rajith am’Majah war ein dal’Sharum -Krieger und stand so hoch über Abban dem khaffit wie ein Mann über eine Frau erhaben war; und obwohl es eigentlich gegen das Gesetz verstieß, wenn ein dal’Sharum einen khaffit ohne einen triftigen Grund tötete, so würde derjenige, der es trotzdem tat, nur milde oder gar nicht bestraft werden.
Und deshalb musste Abban beide Augen zudrücken, wenn gelegentlich ein Karren mit Gütern, der ihm gehörte, verschwand, und so tun, als sei dieser Vorfall nie passiert. Er durfte nicht einmal über diesen Verlust reden, geschweige denn einen Diebstahl vermuten, selbst wenn er genau wusste, dass Amits Leute die Sachen geraubt hatten.
Amit war erst seit kurzem auf dem Markt tätig. Ein Sanddämon hatte ihm in einer Schlacht ein Stück aus der Wade herausgebissen, und die Wunde hatte angefangen
zu eitern. Zum Schluss blieb den dama’ting gar keine andere Wahl, als zu amputieren. Es galt als große Schmach, im Kampf verkrüppelt zu werden und nicht zu sterben, doch da er es geschafft hatte, den Dämon bis zum Sonnenaufgang festzuhalten, war Amit ein Platz im Paradies nach dem Tode sicher.
Im Gegensatz zu Abban trug Amit ausschließlich schwarze Gewänder, wie es sich für einen Krieger geziemte, und der Schleier, mit dem sich die dal’Sharum nachts die Gesichter verhüllten, war locker um seinen Hals drapiert. Seinen Speer schleppte er immer noch mit sich herum, obwohl er ihn inzwischen mehr als Gehhilfe denn als Waffe einsetzte, aber er schärfte regelmäßig die Spitze und war schnell bereit, damit zu drohen, wenn jemand seinen Zorn erregte.
Ein Mann in der schwarzen Kriegerkluft zog im Basar die Aufmerksamkeit auf sich, denn hier traf man im Allgemeinen nur Frauen und khaffit . Die Leute neigten dazu, wie auf Zehenspitzen um einen Krieger herumzuschleichen, aus Angst, ihm zu nahe zu treten, und deshalb hatte Amit oben an seinen Speer einen grell orangefarbenen Stofffetzen gebunden, um auf seinen Händlerstatus hinzuweisen und das Interesse möglicher Kunden zu wecken.
»Ach, Amit, mein teurer Freund!«, entgegnete Abban und legte einen Ausdruck aufrichtiger Wärme in seine Züge, wie er es bei Tausenden von Kunden geübt hatte. »Bei Everam, ist das schön, dich zu sehen. Wenn du in der Nähe bist, scheint die Sonne gleich heller. Die Geschäfte gehen in der Tat gut. Danke für die Nachfrage.
Vermutlich laufen die Dinge in deinem Pavillon auch bestens?«
»Natürlich, natürlich«, versetzte Amit, während er Abban mit Blicken durchbohrte. Er schien noch mehr sagen zu wollen, doch dann bemerkte er zwei Frauen, die stehen blieben und die Waren auf einem von Abbans Obstkarren prüften.
»Kommt,
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