Der große Bio-Schmaeh
Wachstum ausgerichteter Konzern auch ein Stück des Bio-Kuchens abschneiden möchte.
Als ich in der Eierpackhalle der Zentrale in Schlierbach stand, war ich nicht überrascht darüber, dass es dort vor Großförderbändern und Robotern geradezu wimmelte. In den vollgestopften Lagerhallen stapelte sich das Verpackungsmaterial bis unter die Decke. »In vier Wochen haben wir das alles verbraucht«, schätzte der Geschäftsführer. In diesem Lager entdeckte ich den Großteil aller mir bekannten Eierverpackungen. »Wir liefern an alle Supermärkte und unter verschiedenen Marken«, kommentierte der Chef die unüberschaubare Vielfalt. Doch auch sein eigenes Unternehmen nimmt unter mehreren Namen an immer demselben großen Spiel teil: Wenn es nicht unter der eigentlichen Bezeichnung »Geflügel GmbH« auftritt, dann unter dem Namen »Die Eiermacher«. Eigens für
Ja!Natürlich
liefert man schließlich als »Bio-Produkte Stift Schlierbach Handels GmbH«. Die übrige Hälfte des Massenmarktes für Eier teilen sich – vorwiegend als Vermarkter – die drei Mitbewerber, namentlich die Firmen Schlögl Ei, Tonis Freilandeier und Nest Ei. Hinter der letztgenannten Firma, Nest Ei, steckt die bereits bekannt gemachte Lugitsch GmbH: Steirerhuhn TM .
Endstation Bio TM : Das Todeskarussell
Durch einen schmalen Hintereingang trat ich aus dem Tageslicht in den Schlachthof ein. Drinnen herrschte eigentümliches schwachblaues Licht. Diese Art von Licht können Hühner nicht wahrnehmen, sie empfinden den Raum als dunkel. Es wird immer wieder behauptet, das Blaulicht werde eingesetzt, um den Stress der Hühner zu reduzieren. Der eigentliche Grund ist aber ein anderer: Hühner, die nichts sehen, lassen sich der industriellen Anlage leichter zuführen. Der Eingang, durch den ich hereingekommen war, befand sich direkt neben einem stählernen Karussell. Wer in dieses Karussell einsteigt, steigt nie wieder aus. Es war gerade Chargenwechsel. Deswegen ratterten leere Metallhaken an mir vorbei (etwa drei in der Sekunde). Dann hörte ich ein klapperndes Geräusch am Anfang des Karussells, gefolgt von weiteren. Noch war mir das Geschehen verborgen, denn das Fließband nahm einen gebogenen Verlauf und ich konnte nicht um die Kurve sehen. Nebenan hatte der Hubstapler die Hühnerladung auf die Schlachtlinie gekippt und man hatte begonnen, die Tiere kopfüber an die Haken zu hängen. Ich blickte in das bläulich durchzogene Schwarz. Dann tauchte aus dem Dunkeln das erste Huhn auf, die Beine nach oben. Es raste auf ein rotierendes Messer zu, eine tödliche Scheibe, von der ich nur einen Schritt entfernt stand. Ich folgte mit meinen Augen dem Tier, das um die Kurve geschleppt wurde, während dahinter schon unzählige nachkamen und das schaurige Klappern aus der Dunkelheit immer lauter und dichter wurde.
Alles, was von nun an geschah, spielte sich im hämmernden Akkord ab: Die Hälse der Tiere wurden von einer Metallschiene erfasst, gespannt und im nächsten Augenblick von einem Gummirad positioniert. Schon im übernächsten Moment erfolgte der Kehlschnitt durch das Rotationsmesser. Ich befand mich im Schlachthof der Firma Wech Kärntner Bauerngeflügel. Bio-Hühner, die schon auf Fließbändern geboren worden waren, starben vor meinen Augen auch wieder auf Fließbändern. So nahm der Zyklus des kontrolliert biologischen Lebens und Sterbens seinen Lauf. Zentralisierung und Industrialisierung machen vor dem Akt des Tötens genauso wenig halt wie vor der Geburt. Ich brauchte nur zwei große Geflügelschlachthöfe zu besuchen und kannte bereits die Todesstätten des Großteils aller Bio-Hühner der Supermarktkonzerne und Discounter. In beiden Betrieben erfolgten Schlachtung, Zerlegung und Verpackung unter einem Dach. Das bedeutet: Man steckt am Anfang der Produktionsanlage ein lebendiges Huhn hinein und bekommt es am Ende, zerlegt und verkaufsfertig verpackt, wieder heraus. Dazwischen ist kein Ab- oder Umhängen der Schlachtkörper nötig, keine Pause und kein Aufenthalt. Es ist wie in einem riesengroßen, endlosen und immer wieder von vorne beginnenden Karussell, das einzig nach drei Kriterien designt wurde: Mehr, Mehr und Mehr!
Und das sieht in der Praxis so aus: Ich stand in der Anlieferungshalle am Schlachthof der Firma Hubers Landhendl in Oberösterreich. Die Massentiertransporter mit den lebenden Hühnern waren, wie üblich, am Tag zuvor bis Mitternacht angekommen. Seither harrten die Tiere in der Warteschleife aus. Sie waren bereits mitsamt LKW
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