Der große Bio-Schmaeh
denen etwa fünftausend Bio-Ware sind. Von dort werden Äpfel nach Slowenien verfrachtet, zu Apfelchips für
Ja!Natürlich
verarbeitet und als solche wieder zurück nach Österreich gebracht. Auf der Homepage von
Ja!Natürlich
werden sie dann als »Apfelchips aus der Steiermark« angepriesen.
Maschinelle Sortierung und Verpackung von Bio-Äpfeln
Vom Schweigen der Lämmer …
… und Schweine und Rinder
Bio TM -Bolzenschüsse
Industrialisierung und Zentralisierung der Bio-Branche haben schon vor Hühnern und Puten nicht haltgemacht. Aber außer Vögeln wurden auch andere Bio-Tiere den übergeordneten Interessen des Massenmarktes unterworfen. In der ersten Septemberwoche 2011 trat ich die für mich schwierigste Reise im Rahmen meiner Recherchen an. Früh morgens brach ich zu einem Schlachthof im Nordwesten Kärntens auf, an den Rand der Region Hohe Tauern. Hier finden jährlich etwa neuntausend Kälber, sechstausend Jungrinder und viertausend Lämmer den industriellen Tod – an zwei Schlachttagen pro Woche. Laut Angaben des Betriebsleiters stammen etwa drei Viertel der Tiere aus biologischer Landwirtschaft: »Als konventioneller Schlachthof hatten wir es wegen des hohen Konkurrenzdrucks schwerer. In unserer Branche ist Bio derzeit noch das bessere Geschäft.« Das Fleisch dieser Tiere ist beinahe ausschließlich für Rewe reserviert: »Im Bio-Bereich sind wir ein exklusiver
Ja!Natürlich
-Lieferant«, berichtete der freundliche Betreiber, während wir bei einer Tasse Kaffee saßen. Immer dann, wenn die Türe zwischen dem Bürotrakt und den Schlachthallen geöffnet wurde, drang das Brüllen der Rinder bis zu uns an den Schreibtisch und sorgte dafür, dass keine Kaffeekränzchen-Stimmung aufkam.
Der Schlachthof am Rande der Hohen Tauern ist ein Hot-Spot für Kalbs-, Rind- und Lammfleisch von
Ja!Natürlich
. »Wir sammeln unsere Schlachttiere aus allen Bundesländern außer Niederösterreich zusammen, wobei der Schwerpunkt in Tirol, Salzburg und Kärnten liegt«, wurde mir erklärt. Der Schlachtbetrieb sei deswegen so zentral für die Bio-Marke von Rewe, hieß es, weil der Geflügelkonzern Wech Kärntner Bauerngeflügel im selben Bundesland liegt und die Auslieferung des Fleisches übernimmt. Zwischen die Bauern und den Schlachthof sind, wie am Massenmarkt üblich, Bündelungsstellen geschaltet. Die Tierlogistik, also den Lebendtiertransport aus den verschiedenen Bundesländern, organisieren diese zentralen Schaltstellen: »Die Tiertransporter klappern in einer großen Tour mehrere Mastbetriebe ab.«
Ob Bio-Tiertransporte anders abliefen als herkömmliche, wollte ich wissen. Nein, da gäbe es keine Unterschiede: »Bio-Tiere werden oft sogar gemeinsam mit konventionellen verladen.«
Der Schlachthofleiter stellte seine leere Schale mit Kaffee auf die Porzellantasse und lehnte sich zurück. Er sah mich an und fragte: »Sollen wir uns den Schlachtbetrieb noch ansehen?« Ich schluckte. Mein Blick war durch das Fenster hinaus auf die imposante Bergkulisse geglitten. Das idyllische Ambiente täuschte. Der Ort, an dem ich mich befand, war kein Ort des Lebens. Wollte ich das kommerzielle Töten von Säugetieren wirklich aus der Nähe mit ansehen? Ich riss meinen Blick von dem Berggipfel los, der in der Sonne glänzte. »Ja, bitte. Ich wäre an Ihrer täglichen Arbeit sehr interessiert«, antwortete ich. Und das war auch die Wahrheit. Ich bin der Meinung, jeder Agrarbiologe und jede Agrarbiologin sollte einmal der Schlachtung von großen Säugetieren beiwohnen, um das theoretische Wissen durch authentische Eindrücke zu veredeln. Ich wusste, dass ich hierfür stärkere Nerven brauchen würde, als ich sie bereits in den Hühnerschlachthöfen unter Beweis gestellt hatte, wo ich nur wenige Zentimeter von den Automatikmessern entfernt stand und dem tödlichen Treiben zusah. Während wir uns durch den Bürotrakt in Richtung des Schlachtbetriebes bewegten und dem Brüllen der Rinder, dem Blöken der Schafe immer näher kamen, fing ich an, mich innerlich auf die Darbietungen des Schlachthofalltages vorzubereiten, die mich erwarteten. Es kostete mich ein wenig Überwindung, den weißen Mantel anzuziehen und in die Überschuhe zu schlüpfen, die den Zweck hatten, meine eigenen Schuhe vor dem Blut der Tiere zu schützen. Ich setzte die Kopfbedeckung auf, wusch meine Hände und stellte mich aufrecht vor die Ausgangstüre, um meine Bereitschaft zu signalisieren. Es ging los.
Wir kamen an Kühlräumen vorbei, in denen mächtige
Weitere Kostenlose Bücher