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Der große Bio-Schmaeh

Titel: Der große Bio-Schmaeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G Arvay
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ich, haben sich inzwischen gemausert und es lässt sich jetzt in viel kürzerer Zeit viel mehr von der delikaten dunklen Würzsauce abfüllen als früher. Dasselbe gilt für Bio-Ahornsirup. Die Industriemolkerei Pinzgau Milch, eine der Hauptherstellerinnen für Bio-Milchprodukte von
Ja!Natürlich
, bietet der internationalen Bio-Branche ebenfalls ihre Dienste an. Im Hintergrund sind Milchpackungen verschiedenster Bio-Marken ausgestellt, für die der größtenteils konventionelle Konzern produziert. An einem anderen Stand präsentiert sich die Firma Kärntnermilch der Bio-Businesswelt, die ihre Fließbandanlagen unter anderem im Auftrag von
Natur*pur
betreibt.
    Ein Teehersteller bemüht sich redlich, das Gesundheitsargument für seinen Vorteil zu nutzen und preist seine Kräuterteemischung als die Innovation des Jahrhunderts an: Der Tee zeige an, ob man übersäuert ist oder nicht, verkünden die Vertreter. Schmeckt er bitter, dann sei alles im grünen Bereich. Nimmt man den Tee als süß wahr, so habe man zu viel Säure in sich und solle den Körperhaushalt zugunsten der Basen ausgleichen. Und das tue man am besten, indem man noch mehr von dem Tee trinkt, weil dieser nicht nur diagnostisch einsetzbar sei, sondern nach längerer Anwendungszeit den Säure-Basen-Haushalt nachhaltig ausgleiche. Man könne natürlich auch für eine basenreiche Ernährung sorgen, jedoch werde man auf keine Maßnahme stoßen, die so effektiv wie die Einnahme des Tees sei.
    In Gang 21 hält mich der in dezentes Schwarz gekleidete Junior-Manager eines niederländischen Obst- und Gemüsegroßhändlers auf, der auch an Bio-Marken österreichischer Supermärkte liefert und zu den Größten in Europa gehört. Auf seinem tragbaren Notebook mit Touchscreen, einem sogenannten Tablet-Computer, zeigt er mir Pressefotos von seinen »Bäuerinnen und Bauern«, die er überall auf dem Globus unter Vertrag hat. Diese Fotos könne man im Internet abrufen: »Dann weiß der Kunde«, wurde mir eröffnet, »dass dieser Bauer unser Gemüse mit seinen eigenen Händen angebaut hat.« Dieses Märchen vom biologischen Retrobauerntum kommt mir bekannt vor. Ich weise den Manager auf den Bildhintergrund hin: eine riesige industrielle Treibhausanlage. Zwischen den Tomatenreihen lassen sich Metallschienen ausmachen, die für Erntewagen gedacht sind, auf denen die Helferinnen und Helfer durch die Gemüseproduktionsfabrik rollen. Der Mann auf dem Foto ist kein Bauer, sondern ein Bio-Industrieller. Nicht ein einziges seiner Produkte wandert je durch seine Hände. Dann deute ich auf die Tomaten- und Paprikaberge, die über den gesamten Messestand verteilt sind. Sie wirken wie aus Plastik. Es handelt sich um Hochleistungshybride, echte Designersorten. Obwohl wir beide stets freundlich und respektvoll zueinander bleiben, fühlt sich der Gemüsegoliath in die Enge getrieben: »Ich sage nicht, dass wir nicht industrialisiert sind«, ändert er seinen Kurs. Warum er dann den Eindruck von Handarbeit und Bauerntum vermitteln wolle, frage ich. Er weicht erneut aus, erklärt mir, wie groß der Druck der Supermarktketten sei, an die er seine Massenware liefert: »Wir müssen zu immer niedrigeren Preisen immer größere Mengen an Bio-Produkten bereitstellen, die wenig logistischen Aufwand erfordern sollen.« Dann erklärt er mir, die Supermärkte hätten den Bio-Markt längst assimiliert und ihren Gewohnheiten unterworfen. Ich habe das Gefühl, er stiehlt sich aus der Verantwortung, schiebt sie vom Großhandel gänzlich an den Einzelhandel ab.
    Privat kaufe er ohnedies lieber auf Bauernmärkten ein, lässt mich der Man in Black wissen. Er trenne da klipp und klar zwischen seinem Job und seiner persönlichen Einstellung. Vielleicht ist genau das das Problem auf dem Bio-Massenmarkt, denn eigentlich war es so gedacht, dass der Ökolandbau mit Überzeugungen zu tun haben solle.
Bio TM als Wachstumsstrategie
    »Der Markt für Lebensmittel ist hierzulande vollkommen gesättigt, weshalb sich die Branche immer neue Trends einfallen lässt,
    die sie den Kunden schmackhaft machen möchte.«
    (Wirtschaftsmagazin »Makro«, 3-SAT 57 )
    »Für den konventionellen Lebensmittelhandel ist Bio ein Marketinginstrument. Es geht um unser Image und um die Sicherung von Marktanteilen gegenüber der Konkurrenz.« Dies sind die Worte des Geschäftsführers einer Import- und Großhandelsfirma für Obst und Südfrüchte, die einen österreichischen Supermarktkonzern mit konventioneller ebenso wie mit Bio-Ware

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