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Der große Blowjob (German Edition)

Der große Blowjob (German Edition)

Titel: Der große Blowjob (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mattei
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ausnahmsweise, so ist es nicht. Sie ist nicht, was das Denken aus ihr gemacht hat, kein bisschen. Sie ist ein Mädchen, sie ist hier, sie ist bezaubernd.
    «Das ist irgendwie peinlich», sage ich, «aber ich weiß nicht mal so richtig, wie du heißt.»
    «Echt nicht?»
    «Suri, Sari oder so, aber ich kann mich nicht erinnern. Tut mir wirklich leid. Ich komme mir vor wie der letzte Arsch.»
    «Sabi heiße ich!», sagt sie. «Kurz für Sabine. Meine Mom war ziemlich hippie- Schrägstrich euromäßig drauf, sie stand auf deutsche Filme und so. Es gab da, glaube ich, diese Figur in einem Fassbinder-Film, ich weiß nicht mehr welcher, total verdrängt. Ich habe ihn einmal gesehen und dachte nur, O mein Gott, das ist wirklich nicht sein bester, warum hast du mich denn nach der benannt!»
    Ich blicke hinab in ihr Gesicht, und einen Moment lang spüre ich etwas, was dem ähnelt, wie Glück sich anfühlen muss. Oder vielleicht ist es bloß Mitgefühl oder Zärtlichkeit, die hängen alle zusammen irgendwie. Ist es eine emotionale Schrägstrich psychologische Frage, oder geht es bloß um Etymologie? Und dann höre ich auf zu denken und küsse sie. Dann sehe ich sie an – kann sein, dass ich in diesem Moment lächle? – und küsse sie wieder. Wir küssen uns eine Weile in den Wellen, und dann hören wir auf.
    «Sabi», sage ich, «ich glaube, ich, hm, ich glaube, ich …»
    Und dann sage ich es.
    «Liebe dich.»
    Sie erstarrt kurz, und dann sieht sie mich an, und dann wendet sie den Blick ab. Habe ich gerade alles verdorben? Das wollte ich nicht.
    «Entschuldige, habe ich …? Hätte ich das nicht …?»
    «Nein, nein», sagt sie, «es ist cool.»
    «Stimmt was nicht?»
    «Nein, nein, es ist cool», sagt sie noch einmal. «Ich glaube, ich dich irgendwie, hm, du weißt schon, auch.»
    Und jetzt sehe ich sie an, wie zum ersten Mal, aber sie sieht mich nicht an, sie sieht hinaus auf den Ozean, als würde sie da hinten am dunklen Horizont irgendwas beobachten. Die Apokalypse, die gerade Gestalt annimmt, Kriegsschiffe, die herankommen. Also sehe ich auch dorthin in die Dunkelheit, aber da ist nichts, sogar die Tanker und ihre winzigen Lichter haben die Szene verlassen. Was genau sehen wir an? Wonach halten wir Ausschau? Und dann, als ich den Kopf wieder umwende und sie ansehe, ist sie nicht dort, sie rennt, nein, sie rennt auf den Strand zu, reißt die Knie in die Höhe, springt über Wellen und spurtet in den Sand hoch.
    «Sabi! Hey!», schreie ich. «Warte, halt, was machst du denn?»
    «Lass mich in Ruhe!», scheint sie zurückzuschreien, und dann laufe ich los, ihr nach, sie rafft das Badelaken und ihre Klamotten zusammen und rennt los Richtung Venice, rennt, so schnell sie kann. Als ich aus den Wellen auftauche, um die Verfolgung aufzunehmen, hat sie schon einen ziemlichen Vorsprung. Ich renne über den Sand, was meine Beine hergeben, aber ich kann kaum Boden zu ihr gutmachen. Oben auf dem Laufpfad steht die Joggerin, die Frau mit dem weiß-blauen Trainingsanzug und der Schirmmütze, sie hält ihr iPhone hoch, in meine Richtung, als ob sie gerade per Instagram ein schräges Foto von einem nackten Mann aufnimmt, wie er einem ebenso nackten Mädchen am Strand nachläuft. Dann joggt sie wieder los, zurück nach oben zum Pacific Coast Highway. Und mir bleibt nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie Sabi in der Ferne verschwindet, während ich nachdenke, grüble, warum habe ich gesagt, was ich zu ihr gesagt habe? Hätte ich es anders formulieren sollen? Wenn ich das «hm, ich glaube» vor dem «ich liebe dich» weggelassen hätte, hätte das einen Unterschied gemacht? Wenn ich es mit anderen Worten ausgedrückt hätte, «Ich habe starke Gefühle für dich» vielleicht, oder «Weißt du, ich mag dich wirklich sehr», hätte das ein anderes Ergebnis bewirkt?
    Ich drehe mich um und gehe zurück. Als ich wieder am Strand vor dem Shutters bin, sind meine Klamotten weg, und die Sonne geht gerade auf. Ich sehe einen Müllwagen, der gerade Mülleimer leert. Bestimmt haben die meine Adriano-Goldschmied-Jeans und mein Hugo-Hemd entsorgt. Vielleicht kann ich ja unsere Finanzabteilung überreden, mir den Verlust zu ersetzen, wenn ich die Quittungen noch irgendwo finde. Ich sehe mich um, auf der Suche nach irgendwas, womit ich mich bedecken kann, eine Zeitung, eine Plastiktüte, aber der Strand ist vollkommen saubergefegt. Ich stapfe nackt zum Hotel hoch und spaziere einfach in die Lobby und zur Rezeption und spreche aus irgendeinem Grund

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