Der große deutsche Märchenschatz
hinauf. Immer schneller wurden seine Bewegungen, immer zorniger funkelten seine Augen, aber den Fröschen gefiel nun einmal der hohe Sitzplatz nicht, und so waren sie stets schon wieder unten, noch ehe der Teufel mit einem Teil ihrer Kameraden aus dem Weiher zurückkehrte.
So ging es fort und fort, bis endlich drüben auf der Dorfkirche die Mitternachtsstunde schlug. Da stürzte sich der Teufel mit wildem Geheul in den Teich, das arme Schneiderlein aber war gerettet.
Das kluge Schneiderlein
und die Wölfe
Es war einmal ein Schneidergesell, der ein fröhliches Herz, aber auch einen groÃen Höcker hatte, sodass er aussah wie ein Bauernweib, welches am Samstage in die Stadt geht und ihre Ware auf den Wochenmarkt trägt. Derselbe kam eines Nachts von einer Kirchweih nach Hause und musste einen dichten Wald durchwandern, in welchem es so dunkel war, dass er die Hand vor den Augen nicht sehen konnte. Wie er nun wohlgemut darin einherschlenderte und den letzten Walzer vor sich hinpfiff, den er von Anfang bis Ende mitgetanzt hatte, versah er es mit dem Wege und fiel in eine tiefe Grube, dass ihm Hören und Sehen verging und dass er dachte, jetzt sei sein letztes Brot gebacken. Als er indessen merkte, dass nach dem Fall noch alles an ihm heil sei, hub er an, kläglich zu schreien und nach Hilfe zu rufen.
Da hörte er plötzlich nicht weit von sich reden. In der Grube, welche seitwärts noch tief in die Erde hineinging, wohnte ein groÃer Wolf mit seiner Frau und zwei kleinen Wölfen. Als nun der Alte des Schneiders Fallen und Geschrei vernahm, sagte er vergnügt: »Hei, Frau, hänge den Kessel über das Feuer, mich dünkt, es gibt diese Nacht noch einen Feiertagsbraten.« Diese Worte drangen dem Schneider zu Ohren, und in groÃer Angst schwieg er mäuschenstill. Der Wolf aber öffnete die Tür, hatte ein Licht in der Pfote und leuchtete so lange in der Grube umher, bis er den Schneider entdeckte, worauf er ihn bei den Beinen packte und ohne Weiteres in die Stube zog. Wie sie ihn nun schlachten wollten, schrie und wehklagte der Schneider ganz herzbrechend, sodass die Wölfin, die eine gute Seele war, ein Wort für ihn einlegte. »Schön«, sagte darauf der Wolf, »so mag er am Leben bleiben, aber hinaus und zu den Menschen darf er nicht wieder, sonst würde er uns verraten; er muss hierbleiben und ein Wolf werden.« â »Mit tausend Freuden«, sagte der Schneider; »Mensch hin, Mensch her, ich will lieber als Wolf lebendig denn als Mensch gekocht und verspeist sein.« So holte denn der Wolf aus dem Schranke einen seiner abgelegten Pelze hervor, und die Wölfin musste den Schneider hineinnähen, nur um den Höcker herum war er zu eng, worüber indes der Schneider die Wölfe beruhigte, indem er versicherte, dass alle buckligen Wölfe der Welt den Pelz auf der Brust ein wenig offen trügen. Der Schneider blieb nun da, lernte auch bald vortrefflich heulen und auf allen Vieren laufen, und im Kaninchenfangen wurde er Meister, welches die Wölfe, weil sie sehr plump und tölpisch sind, nicht gut fertigzubringen wissen.
Als sie nun zusammen eines Tages auf den Fang ausgegangen waren, begab es sich, dass der König desselben Landes in dem Walde jagte. Sobald die Jäger in die Nähe der Wölfe kamen, gaben diese eiligst Fersengeld und der Schneider mit ihnen, weil er befürchtete, er möchte um seines Pelzes willen für einen richtigen Wolf gehalten und geschossen werden. Sie rannten in das dichte Unterholz und verbargen sich hinter Büschen, worauf der alte Wolf den andern zuflüsterte, sie sollten sich nur ruhig verhalten, er habe keine Hunde gesehen und ohne diese werde sie kein Jäger finden. Und so war es; ein Wildschwein hatte die Hunde samt und sonders getötet, und nach einiger Zeit hörten sie die ganze Gesellschaft dicht bei ihrem Versteck vorbeireiten. Da aber fiel es dem König ein, aus Ãrger über den Tod seiner Hunde eine groÃe Prise zu nehmen, wonach er heftig nieste. Der Schneider, welcher die Höflichkeit noch nicht verlernt hatte, sagte respektvoll: »Zur Gesundheit!« Wie der König das hörte, ritt er in das Gebüsch hinein, und die Jäger taten es ihm nach. Hier erblickten sie die Wölfe, und der König erhub alsbald mit dem ganzen Jagdgesinde ein Freudengeschrei. Sie stachen und warfen mit den SpieÃen, sodass nur der alte Wolf entrinnen konnte. Den Schneider
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