Der große deutsche Märchenschatz
selber. »Wie«, dachte er, »wenn du jetzt im Regen hinausgingst und kämst heim im Sonnenschein, den deine Frau gemacht hätte. Da könntest du auch die Narren wieder loswerden.«
So dachte er bei sich und schlich sich gleich mit seinem Fischernetz zu einer Hinterpforte im Regen hinaus, ging an den See, tauchte sein Netz ein und rief wieder wie sonst:
»Fischlein, Fischlein in dem See!«
»Was willst du, lieber Kaiser Dudeldee?«,
fragte ihn das Fischlein. »Ach«, sagte er, »weiter nichts, als meine Frau möchte gern können, was Gott kann: Regen und Sonnenschein machen und Frühling und Sommer und Herbst und Winter, wann sie gerade will.«
»So! Und weiter nichts?«, fragte das Fischlein. »Nein, nein, Kaiser Dudeldee, ich sehe, dass an deiner Frau und dir nichts gut angelegt ist, darum sei du wieder der alte Fischer Dudeldee. Denn damals warst du nicht so übermütig und ungenügsam wie jetzt.«
Und das Fischlein verschwand, und er rief wohl oft: »Fischlein, Fischlein in dem See«, aber kein Fischlein fragte mehr: »Was willst du, lieber Dudeldee?« Und er stand wieder da wie das erste Mal, ohne Wams, nur in seinen schmutzigen ledernen Hosen, und war wieder der alte Fischer Dudeldee.
Und als er heimkam, da war wieder das Schloss fort, und da stand wieder seine kleine bretterne Hütte, und seine Frau saà darin in ihren schmutzigen Kleidern und schaute wieder heraus durch ein Astloch wie vormals und war wieder die Frau des Fischers Dudeldee.
Die drei Königssöhne
Vor uralten Zeiten lebte im Morgenlande ein König, der hatte drei Söhne. Die zwei ältesten waren schon in ihrer Kindheit gar ausgelassen und mutwillig, aber klug. Der jüngere hingegen war folgsam und gut, aber nicht so klug als seine Brüder.
Als nun der älteste von den drei Königssöhnen achtzehn Jahre alt war, gab ihm sein Vater ein Pferd und ein Ritterkleid und ein Schwert und lieà ihn ausziehen, die Welt zu sehen und sich ritterlich zu erzeigen in fremden Landen. Und er ritt fort und ritt weit und breit umher und lebte ausschweifend und unordentlich und kam nimmer heim, vergaà seinen Vater und schickte nicht Nachricht von sich, wie es ihm ergangen sei. Und der zweite von den Königssöhnen ward auch achtzehn Jahre alt, und sein Vater gab ihm auch ein Pferd, ein ritterliches Kleid und ein Schwert und lieà ihn ausreiten in die Welt, um fremde Lande zu sehen und sich ritterlich darin zu erweisen und nach seinem ältern Bruder zu forschen. Und er ritt fort und triebâs wie sein Bruder und kam nimmer heim und schickte nicht Nachricht, wie es ihm ergangen sei. Da ward der alte König traurig und meinte, seine Söhne wären beide tot, und härmte sich ab und beklagte ihren Verlust.
Aber als der dritte Sohn auch achtzehn Jahre alt war, da ging er eines Tages zu seinem Vater und bat ihn, er möge doch ihm auch ein Pferd und Schwert geben und ihn reiten lassen in die Welt, wie seine Brüder getan hätten. Da weinte aber der alte König, umarmte seinen Sohn und sprach: »Willst du mich auch verlassen und mir verloren gehen, wie deine Brüder mir verloren sind? Nein, mein einzig Kind, du musst meine Stütze sein in meinem Alter.« Und sein jüngster Sohn stand ab von seinen Bitten, obgleich erâs ungern tat.
Es stand aber an etliche Tage, da hatte der alte König einen wunderbaren Traum: Er stand in seinem Garten, so warâs ihm, da wüchsen zwei Ãlbäume auf. Und sie waren im Anfange schön und schienen gesund. Aber bald fingen sie an zu trauern, und die Früchte fielen ab, und die Blätter wurden gelb, und die Zweige schienen dürr. Da wuchs schnell zwischen ihnen auf ein Palmenbaum und schoss hoch auf und beschattete die kranken Ãlbäume und goss seinen Tau auf sie, und auch sie wurden wieder gesund und frisch. Da lieà der König morgens seine Traumdeuter und Weisen kommen, dass sie ihm den Traum auslegten. Die Traumdeuter sagten: »Die zwei Ãlbäume sind deine zwei ältesten Söhne, und der Palmbaum ist dein jüngster Sohn. Die zwei Ãlbäume wurden bald dürr, so werden deine zwei ältesten Söhne bald zugrunde gehen. Aber den Palmbaum, deinen jüngsten Sohn, musst du ziehen lassen, dass er seinen Brüdern beistehe, sonst sind sie für dich verloren.« Als der König das hörte, gab er seinem jüngsten Sohn ein Pferd und Schwert und lieÃ
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