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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Bette gelegt, war die fleißige Marianne noch häuslich beschäftigt und sah es gern, dass der alte Hausknecht ihres Oheims sich am Feuer dehnte. Denn er war gefällig und ging ihr zuweilen auch wohl zur Hand. Darüber fing ihr die Lampe an sehr dunkel zu brennen. Sie sah hinein und fand, dass es ihr an Öl gebrach. Der Ölkrug war aber auch erschöpft. Es musste ein anderer aus dem Keller geholt werden.
    Da klopfte sie dem alten Johann auf die Schulter und bat ihn, eine Kanne Öl aus des Oheims Keller zu holen. »Ich weiß, dass noch eine da liegt«, sagte sie. »Damit ist aber auch Matthäus am letzten. Muss ich für des Oheims Wirtschaft die Arbeit besorgen, so kann er auch das Öl dazu hergeben.«
    Der alte Johann raffte sich aus seinem Halbschlummer auf und taumelte die Treppe herunter. Beim Heraufgehen aber stolperte er und zerbrach den Krug.
    Â»Das ist eine schöne Bescherung«, sagte das Mädchen. »Wo kriegen wir nun Öl auf die Lampe? Die Läden sind längst alle geschlossen. Sollen wir hier im Dunkeln sitzen und haben all die Ölfässer im Hofe liegen? Gescheite Leute müssen keine Narren sein. Man soll dem Ochsen, der da drischt, das Maul nicht verbinden. Der Ölhändler gäb uns gern ein paar Tropfen Öl, wenn er nicht schliefe. Er würde aber verdrießlich, wenn ich ihn darum weckte. Lass uns einmal sehen, ob nicht eins der Fässer rinnt! Sonst müssen wir einen Bohrer nehmen.«
    Da ging sie in den Hof, klopfte an das erste Fass. Das klang aber hohl, und zugleich hörte sie darin fragen: »Ist es schon Zeit?«
    â€ºEi‹, denkt sie, ›ist es so gemeint?‹ Da gibt sie leise Antwort: »Nein, noch nicht.«
    Sie geht und klopft auch an die andern Fässer. Die klangen alle hohl, und aus allen hörte sie fragen, ob es schon Zeit wäre. »Nein«, sagte sie leise, »noch nicht.« Nur das letzte Fass klang nicht hohl, denn das war voll Öl.
    Da sagte sie zu dem Hausknecht: »Jetzt steh mir bei, Johann, denn sonst sind wir alle des Todes. Alle Fässer stecken voll Räuber und Mörder. Wir wollen ihnen aber das Bad mit ihrem eigenen Öl gesegnen. Stich schnell das Ölfass an! So will ich den großen Kessel an den Haken hängen und ein tüchtig Feuer darunter machen. Wenn du dann das Öl in den Kessel schüttest, soll es bald glühend sein.«
    Da bohrte der alte Hausknecht ein Loch in das Ölfass, steckte einen Zapfen hinein und trug im Eimer so lange Öl in den großen Kessel, bis er ganz voll war. Es währte auch nicht lange, so fing das Öl an zu sieden und zu schäumen.
    Als es nun ganz glühend war, schöpfte er Eimer um Eimer voll und goss das siedende Öl Fass um Fass durch die Spundlöcher den Räubern auf den Leib, dass sie alle des Todes waren.
    Als das abgetan war, löschte Marianne gleich ihre Lampe aus und scharrte Asche über die Kohlen, damit der Räuberhauptmann meinen sollte, sie wäre schlafen gegangen. Sie stellte sich aber mit dem Hausknecht heimlich auf Wache, um zu sehen, was er anfangen würde, wenn der dächte, dass alles in Ruhe wäre.
    Es währte auch nicht lange, so machte er das Fenster auf und stieg in den Hof. Da klopfte er an ein Fass, erhielt aber keine Antwort. Bestürzt ging er weiter und klopfte an alle Fässer. Als er aber an keinem Antwort erhielt, sah er wohl, dass sein Spiel verloren wär und ihm nichts Eiligeres zu tun bliebe, als sich auf und davon zu machen. Dazu ersah er sich denn auch sofort Gelegenheit, indem er aus dem Hof durch die Tenne in den Garten lief und hier über die Hecken springend das Weite suchte.
    Marianne hatte es wohl gesehen. Sie hielt es aber noch nicht für geraten, sich schlafen zu legen. Sie weckte erst ihren Vater, erzählte ihm, was geschehen sei, und riet ihm, mithilfe des treuen Hausknechts den Fässern die Böden einzuschlagen und die toten Räuber im Garten zu verscharren.
    Der Vater lobte ihre Klugheit und folgte auch sogleich ihrem Rat. Hernach wurden auch die Fässer und Karren beiseitegeschoben, sodass am Morgen jede Spur der Räuber getilgt war.
    Als der Räuberhauptmann alle seine Kameraden verloren hatte, sah er wohl, dass er die Sache anders angreifen müsste. Da ging er hin und kaufte das Haus, das dem Wirtshaus gegenüber gerade feil war. Da legte er einen schönen Laden an, der viele Käufer herbeizog. Nun hätte er gerne

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