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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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gewusst, wer es wohl wäre, der seine Anschläge so schlau zu vereiteln gewusst hätte. Da nahm er eines Abends ein Stück Kreide und malte wieder einen Kranz um des Nachbars Türknopf. Am andern Morgen aber stellte er sich zeitig auf die Lauer, um zu sehen, was nun geschähe.
    Am andern Morgen ging Marianne wie gewöhnlich in aller Frühe Milch holen und bemerkte, als sie zurückkam, dass wieder ein Kranz um den Türknopf gemalt war. Da trug sie die Milch ins Haus und kam bald darauf mit einem Stück Kreide in der Hand zurück. Sie besann sich aber noch und ging wieder ins Haus, ohne ihr erstes Vorhaben auszuführen.
    Da dachte der Räuberhauptmann: ›Du bist klug, hast dich aber doch verraten.‹
    Von Stund an setzte er sich vor, um Mariannen zu werben. Er besuchte auch ihre Eltern und ließ deutlich merken, dass er sein Absehen auf die Tochter gerichtet hätte.
    Dem Vater wäre der Eidam schon recht gewesen, die Tochter wollte ihm aber nie Rede stehen, was sie von dem Freier hielte.
    Da stellte einmal der Vater ein großes Gastmahl an und lud auch den neuen Nachbarn dazu ein. Marianne, welche die Küche besorgte, tat absichtlich kein Salz in die Speisen. Bei Tisch gab sie acht auf den Nachbarn und bemerkte, dass er alle Speisen ungesalzen verzehrte. Daran erkannte sie, dass er keine Liebe zu ihr trüge.
    Nach dem Essen ließ der Vater Musikanten kommen, und da musste Marianne den ersten Walzer mit dem Nachbarn tanzen. Dabei fühlte sie deutlich, dass er Waffen bei sich trüge.
    Da geht sie nach dem Tanz stillschweigend in die Küche und steckt ein scharfes Messer zu sich. Als die Musik wieder anhebt, muss sie auch den zweiten Walzer mit ihm tanzen. Aber mitten im Tanz stößt sie ihm das Messer ins Herz, dass er tot zu Boden stürzt.
    Alles wundert sich und stellt sie zur Rede. Da sagt sie ganz ruhig: »Ich bin ihm zuvorgekommen, denn er hat mir nach dem Leben gestanden. Untersucht ihn nur, so wird es sich finden!«
    Wie sie nun nachsahen, finden sie Dolche und geladene Pistolen bei ihm, in seiner Wohnung aber Papiere, woraus sich ergab, dass er der Räuberhauptmann war, der so lange die Gegend unsicher gemacht hatte.

Die Königin von Siebenbürgen
    Es war einmal ein Soldat, der hieß Johann. Nachdem er seinem König lange Jahre treu gedient und auch manche Wunde davongetragen hatte, wurde er abgelohnt und hatte das Recht, frei umherzulaufen, wo es ihm beliebte, und sein Brot an fremder Leute Türen zu betteln. Das tat ihm in der Seele weh, und er beschloss, zu seinen alten Eltern zu gehen, ob er vielleicht dort eine Unterkunft fände.
    Unterwegs verirrte er sich und wusste nicht, ob rechts oder links, ob vorwärts oder rückwärts. Da stieß er endlich auf ein großes Haus. Er trat hinein, um nach dem rechten Wege zu fragen; aber niemand war auf dem Flure. Da klinkte er die Küchentüre auf, und was sah er? Mitten in der Küche stand eine Wassertonne, und in der Tonne saß ein Wesen, das war halb Mensch, halb Fisch und kohlrabenschwarz am Leibe. »Was willst du hier?«, fragte es freundlich. »Ach, liebe Seejungfer«, erwiderte Johann, »ich habe mich verirrt und weiß mich nicht nach Hause zu finden. Kannst du mich nicht auf den rechten Weg bringen?« – »Das will ich tun«, versetzte die Seejungfer, »wenn du mich zum Danke dafür erlöst. Drei Nächte kostet’s dich nur.« – »Wenn ich für die Zeit Essen und Trinken bekomme, gehe ich gern darauf ein«, antwortete Johann.
    Â»Das sollst du haben. Aber die Sache ist nicht so leicht, wie du dir denken magst. Wenn du dich diese Nacht zu Bette gelegt hast, kommen um elf Uhr zwölf starke Kerle zur Stube herein und quälen dich. Sprichst du nur ein Wort, so bin ich verloren. Hältst du aber aus, bis die Glocke zwölf schlägt, so haben die Geister alle Macht über dich verloren, und du hast den ersten Tag bestanden. Dünkt dich das nicht ein gefährliches Stück?« – »Ach was, Gefahr!«, sagte Johann. »Ein alter Soldat wird doch das Maul halten und ein bisschen Leid ertragen können.« Und dabei blieb er. Da hieß ihn die Seejungfer in die Stube treten. Dort saß die alte Hexe, welche die Seejungfer verwünscht hatte, und warf dem Soldaten bitterböse, giftige Blicke zu. Ihre Wut half ihr aber zu nichts; sie musste für Johann sogar die schönsten Speisen und Getränke

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