Der große deutsche Märchenschatz
über Leute um ihn, als sie das Gefährt sahen, und lachten aus vollem Halse. Mit jedem Hause wurde die Menschenmenge gröÃer, und als er vor dem Schlosse anlangte, war die ganze Stadt auf den Beinen, und alles lachte, so laut, dass es die Prinzessin hörte und neugierig zum Fenster lief. Als sie den Wagen mit dem Bussbunk, der Ameise und der Maus und daneben den Dummhans mit der langen Hetzpeitsche erblickte, da war es mit ihrem Ernste aus, sie lachte, dass sie auf den Rücken fiel und dass ihr der Leib wackelte.
»Dummhans wird König! Dummhans wird König!«, schrie das Volk, und der alte König musste zugeben, dass die Leute recht hatten; aber ihm wäre der Prinz als Schwiegersohn lieber gewesen als der schmutzige Bauernjunge; darum lieà er die beiden vor seinen Thron rufen und sprach zu ihnen: »Ãber des Prinzen Himphamp hat meine Tochter nur verstohlen gelacht und über des Dummhans Gefährt hat sie gelacht, dass ihr der Leib wackelte; aber dafür ist der Prinz drei Tage früher zum Ziele gekommen. Kurz und gut, die Sache ist unentschieden! Und damit sich keiner von euch beklagen kann, so soll die Prinzessin einen Schlaftrunk bekommen; der Prinz legt sich zur Rechten und Dummhans zur Linken, und wem sie am andern Morgen zugewandt ist, der soll sie zur Frau haben.« Er dachte nämlich, weil ein Prinz lieblich, ein Bauernjunge aber nach Kühen und Schweinen riecht, seine Tochter würde sich jenem zukehren und von diesem abwenden.
Aber Dummhans durchschaute des alten Königs Ränke; er kaufte sich Mandelkern und Zuckerbrot und aà davon zu Abend, dass ihm ein süÃer Atem aus dem Munde ging. Als es Schlafenszeit war, legte er sich zur Linken der Königstochter nieder, während der Prinz, als ein Königssohn, seinen Platz an ihrer rechten Seite eingenommen hatte. Nachdem jener fest eingeschlafen war, lieà Dummhans den Bussbunk aus der Schachtel. Der setzte sich vor des Prinzen Mund; und da ein Mistkäfer gemeiniglich nicht schön zu riechen pflegt, so wendete die Prinzessin im Schlafe ihr Köpfchen von dem Prinzen ab und drehte es dem Dummhans zu und blieb auch die ganze Nacht über so liegen.
Am andern Morgen sah der alte König selber nach; und als er befand, dass seine Tochter ihren Kopf dem Bauernsohn zugekehrt hatte, konnte er nichts mehr gegen ihn einwenden. Es ward eine groÃe Hochzeit angerichtet, und Dummhans heiratete die Prinzessin und lebte mit ihr glücklich und zufrieden sein Leben lang; und wenn sie nicht gestorben wären, lebten sie heute noch.
Die drei Wünsche
Ein junges Ehepaar lebte recht vergnügt und glücklich beisammen und hatte den einzigen Fehler, der in jeder menschlichen Brust daheim ist: Wenn man es gut hat, hätte man es gerne besser. Aus diesem Fehler entstehen so viele törichte Wünsche, woran es unserm Hans und seiner Liese auch nicht fehlte. Bald wünschten sie des Schulzen Acker, bald des Löwenwirts Geld, bald des Meyers Haus und Hof und Vieh, bald einmal hunderttausend Millionen bayerische Taler kurzweg. Eines Abends aber, als sie friedlich am Ofen saÃen und Nüsse aufklopften und schon ein tiefes Loch in den Stein hineingeklopft hatten, kam durch die Kammertür ein weiÃes Weiblein herein, nicht mehr als eine Elle lang, aber wunderschön von Gestalt und Angesicht, und die ganze Stube war voll Rosenduft. Das Licht löschte aus, aber ein Schimmer wie Morgenrot, wenn die Sonne nicht mehr fern ist, strahlte von dem Weiblein aus und überzog alle Wände. Ãber so etwas kann man nun doch ein wenig erschrecken, so schön es aussehen mag. Aber unser gutes Ehepaar erholte sich doch bald wieder, als das Fräulein mit wundersüÃer, silberreiner Stimme sprach: »Ich bin eure Freundin, die Bergfee, die im kristallenen Schloss mitten in den Bergen wohnt, mit unsichtbarer Hand Gold in den Rheinsand streut und über siebenhundert dienstbare Geister gebietet. Drei Wünsche dürft ihr tun; drei Wünsche sollen erfüllt werden.« Hans drückte den Ellenbogen an den Arm seiner Frau, als ob er sagen wollte: Das lautet nicht übel. Die Frau aber war schon im Begriff, den Mund zu öffnen und etwas von ein paar Dutzend goldgestickten Kappen, seidenen Halstüchern und dergleichen zur Sprache zu bringen, als die Bergfee sie mit aufgehobenem Zeigefinger warnte: »Acht Tage lang«, sagte sie, »habt ihr Zeit. Bedenkt euch wohl und übereilt
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