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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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verraten, so will ich es dir wohl anvertrauen. Das ist die einzige, aber notwendige Bedingung.« Der Jäger war gleich bereit, den Eid zu leisten. In dem Augenblicke, als er nun die Hand erhob, kamen die Raben vom Walde herüber und umflogen laut krächzend erst in weiten, dann in immer engeren Kreisen die beiden Männer, während der Fremde dem Jäger das Geheimnis anvertraute; als die beiden voneinander Abschied nahmen, verloren sich die Vögel nach verschiedenen Richtungen hin.
    Seit dem Abend war der Jäger wie verwandelt. Tagelang blieb er wider seine frühere Gewohnheit im Hause, er ging stumm und in sich gekehrt umher und wich allen Fragen seiner Frau aus. Die aber ließ nicht nach, in ihn zu dringen, und endlich in einer schwachen Stunde brachte sie ihn dahin, dass er ihr die ganze Sache verriet. Da meinte sie, er könnte es doch einmal damit versuchen, vielleicht helfe es ihnen mit einem Male aus aller Not, er sollte sich nur nicht so lange bedenken, denn die Sünde könnte doch nicht so groß sein und was dann ihre Reden weiter waren, genug, sie sprach ihm so lange was vor, dass er sich entschloss, das Mittel, das ihm der Fremde angeraten, zu versuchen. Will man nämlich einen Freischuss erhalten, so muss man einmal sein Gewehr mit einer Oblate laden, die vom Altar aus der Kirche entwendet ist; und das hatte der Fremde dem Jäger auch geraten.
    Am nächsten Sonntag ging also der Jäger zur Kirche und tat, als wenn er sich das Abendmahl reichen ließe, aber er nahm die Oblate mit nach Hause. Dann nahm er seine Büchse von der Wand, nahm zugleich ein weißes Tuch mit und ging in den Wald hinaus auf einen freien Platz, um alles so auszuführen, wie ihm vorgeschrieben war. Die Sonne stand im Mittag, er breitete das weiße Tuch auf dem Boden aus, stellte sich mit den Füßen darauf und lud seine Büchse; statt des Bleis aber gebrauchte er die Oblate. Dann richtete er den Lauf gegen die Sonne und schoss los. Augenblicklich fuhr eine schwarze Wolke auf und bedeckte den Himmel, Donner und Blitze brachen los, und es war in einem Nu ein Unwetter da, als wolle die Welt untergehen. Der Jäger wollte sich nach Hause flüchten, er bückte sich, um noch das weiße Tuch aufzunehmen, da war die Stelle seiner Fußstapfen mit frischem Blute gezeichnet; in Todesangst rannte er davon. Als er aber sein Haus erreichte, da stand das in hellen Flammen und Weib und Kinder stürzten ihm jammernd entgegen. Zu gleicher Zeit stand der Fremde von neulich wieder vor ihm, der kein anderer gewesen war als der Teufel selber, und zeigte ihm an, dass er von nun an ewig jagen müsse, sein Weib und seine Kinder aber sollten ihn als Hunde begleiten. Seit dieser Zeit wohnt er nun den Tag über bei den alten Bäumen im Walde bei den beiden Raben, nachts aber zieht er sausend unter vielem Geräusch durch die Luft, begleitet von seinen Hunden. Das nennen die Leute jetzt die wilde Jagd. Wenn man ihn ziehen hört und das Rufen und Bellen nachmacht, so wirft er mit Knochen herunter. Er muss aber diese Strafe dulden bis an den jüngsten Tag und kann nicht eher Ruhe finden.

Das blaue Band
    Es war einmal ein Mann, der war sehr arm und krank dazu. Als er nun fühlte, dass er sterben sollte, rief er seine Frau an sein Bett und sprach zu ihr: »Liebe Frau, ich fühle, dass es mit mir zu Ende geht; nun würde ich ruhig und ohne Sorge sterben, wenn ich nur wüsste, dass es dir und unserm Hans nach meinem Tode gut ginge. Ich kann euch nichts hinterlassen, was euch vor Not schützen könnte; aber wenn ich gestorben bin, so geh du mit unserm Sohn zu meinem Bruder, der jenseits des großen Waldes in einem Dorfe wohnt. Das ist ein wohlhabender Mann und er ist immer brüderlich gegen mich gesinnt gewesen; der wird für euch sorgen.« Darauf starb der Mann; und als er begraben war, begab die Frau sich mit ihrem Sohn auf den Weg zu dem Bruder, wie ihr verstorbener Mann ihr befohlen hatte.
    Aber die Mutter hasste den Sohn und war ihm feind auf alle Weise; Hans aber war ein guter Junge und schon ziemlich erwachsen. Als sie nun eine gute Strecke gegangen waren, lag da ein blaues Band am Wege. Hans bückte sich und wollte es aufnehmen, aber die Mutter sprach: »Lass doch das alte Band liegen; was willst du damit?« Hans aber dachte: »Wer weiß, wozu es gut ist! Es wäre doch wirklich schade, wenn das schmucke Band hier liegen bliebe«; nahm es also mit und

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