Der große deutsche Märchenschatz
band es heimlich, damit seine Mutter es nicht gewahr würde, unter seiner Jacke um den Arm. Da ward er nun so stark, dass niemand, solange er das Band trug, ihm etwas anhaben konnte und alle ihn fürchten mussten.
Nun gingen sie weiter und kamen in den groÃen Wald, und nachdem sie lange darin herumgewandert waren, gelangten sie an eine Höhle. Da stand da ein gedeckter Tisch, besetzt mit herrlichen Speisen in silbernen Schüsseln. Hans sprach: »Da kommen wir just zur rechten Zeit, mich hungerte schon lange; ich will mich erst einmal hier satt essen, das Essen scheint gut zu sein.« Nun setzten sie sich nieder und aÃen und tranken nach Herzenslust. Als sie eben gegessen hatten, kam der groÃe Riese, dem die Höhle gehörte, nach Hause; er war aber ganz freundlich und sprach: »Das ist recht, dass ihr schon zugelangt und nicht erst auf mich gewartet habt; wennâs euch hier gefällt, so könnt ihr gerne für immer bei mir in der Höhle bleiben«, und zu der Frau sagte er, dass sie seine Frau werden könnte. Sie sagten beide ja dazu, und nun lebten sie ganz vergnügt eine Zeit lang bei dem Riesen in der Höhle.
Der Riese gewann Hans von Tag zu Tage lieber; aber seine Mutter hasste ihn noch immer, und als sie merkte, wie stark er geworden war, ward sie noch grimmiger und sprach eines Tages zu dem Riesen: »Siehst du wohl, wie stark Hans ist? Er kann doch für uns gefährlich werden, je älter er wird und je mehr er an Kräften zunimmt. Dann kann es leicht so weit kommen, dass er uns totschlägt, damit er die Höhle allein hat, oder er uns auch hinausjagt. Es wäre besser und klug von dir, wenn du dich beizeiten vorsähest und bei Gelegenheit ihn über die Seite schafftest.« Aber der Riese antwortete: »Sprich mir doch nicht so etwas vor! Hans ist ein guter Junge und wird uns nichts zuleide tun; ich werde ihm kein Haar krümmen, es würde mir übel anstehn.«
Als die Frau nun sah, dass der Riese nicht dazu zu bewegen war, legte sie sich den andern Tag aufs Bett und stellte sich krank. Dann rief sie ihren Sohn und sprach: »Lieber Hans, ich bin so krank, dass ich gewiss sterben werde. Aber ein Mittel gibt es noch, das mich retten kann. Mir hat geträumt, dass wenn ich von der Milch der Löwin, die hier nicht weit von uns ihre Höhle hat, einen Trunk erhalten könnte, ich gewiss genesen würde. Wenn du mich lieb hast, so könntest du mir helfen; du bist ja so stark und fürchtest dich nicht, du könntest hingehen und mir etwas Milch holen.« â »Jawohl, liebe Mutter«, antwortete Hans, »das will ich gerne tun, wenn ich nur weiÃ, dass es dir helfen wird«, nahm also einen Napf und ging in die Höhle der Löwin. Die lag da mit ihren Jungen und säugte sie. Hans aber legte die Jungen beiseite und fing an zu melken; das litt die Löwin ganz ruhig. Da aber kam der alte Löwe mit Gebrüll in die Höhle und fiel Hans von hinten an. Aber schnell wandte Hans sich um, nahm den Hals des Löwen unter den Arm und drückte ihn so fest an sich, dass er jämmerlich zu winseln anfing und ganz zahm ward. Da lieà Hans ihn los. Der Löwe legte sich in die Ecke und Hans molk weiter, bis die Schale voll war. Als er nun die Höhle verlieÃ, sprang die Löwin hinter ihm her mit ihren Jungen und bald folgte auch der alte Löwe ihnen. So kam er zu seiner Mutter und brachte ihr die Milch; sie erschrak sich aber so vor den Löwen, dass sie rief: »Hans, bringe doch die wilden Tiere hinaus, sonst sterbe ich noch vor Angst.« Da gingen die Tiere von selbst still hinaus, aber legten sich vor die Tür, und wenn Hans hinauskam, so sprangen sie auf ihn zu und freuten sich.
Da nun dieser Anschlag der bösen Mutter so misslungen war, sprach sie wieder zu dem Riesen: »Wärest du gleich meinem Rate gefolgt, so hätten wir nun nichts mehr zu fürchten; jetzt aber stehtâs noch schlimmer als vorher, und da er nun die Tiere hat, werden wir so leicht ihm nichts anhaben können.« Der Riese antwortete: »Ich weià auch nicht, warum wir ihm etwas tun wollten. Hans ist ja gut und die Tiere sind zahm; ich möchte nicht Hand an ihn legen.« Aber die Mutter sagte: »Es könnte ihm doch leicht in den Sinn kommen, uns zur Höhle hinauszujagen oder gar totzuschlagen, um selber darin Herr zu sein; ich kann nicht glücklich sein, solange ich das fürchten muss.«
Nach einiger
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