Der große deutsche Märchenschatz
wieder miteinander in ihre Heimat, und als sie zu Hause angekommen waren, sprach der Vogel der Wahrheit, sie sollten ein Mahl bereiten und den König zu Gast laden. Da sagten die Kinder: »Wie können wir den König zu Gaste bitten und haben doch keine Speise, die für einen König schicklich ist?« Sprach der Vogel, wenn sie in jede Schüssel ein Stückchen von dem Apfel Sina legten, so würden die Speisen von selber kommen. Da taten die Kinder, wie der Vogel gesagt hatte, und luden den König zu Gast, und als er kam und die Schüsseln aufgedeckt wurden, da waren die köstlichsten Speisen darin.
Während sie zu Tische saÃen, fing der Vogel zu sprechen an und fragte den König, ob er denn wohl wüsste, mit wem er da zu Tische säÃe? Sprach der König: »Es sind die Kinder eines Gärtners.« â »Nein«, sagte der Vogel, »es sind deine eigenen Kinder.« Und da erzählte er dem Könige, wie sich alles so zugetragen hatte und dass die Königin unschuldig zum Tode verurteilt wäre, dass ihr die neidische Schwester die beiden ersten Male zwei kleine Welpen und das dritte Mal eine Katze ins Bett gelegt hätte und dass die Kinder vor der Stirn einen goldenen Stern trügen. Als ihnen der König nun die Pechpflaster vor dem Kopfe wegnehmen lieÃ, so kamen die Sterne zum Vorschein. Da war die Freude groÃ, und tat es dem Könige nur leid, dass die arme Königin das alles nicht auch miterleben konnte. Da sprach der Vogel der Wahrheit, sie sollten ihr nur von dem Wasser des Lebens bringen, so würde sie wieder lebendig werden. Das taten sie, und von dem Wasser kam sie auch wieder ins Leben zurück, und da hielt der König zum zweiten Male Hochzeit mit ihr.
Die zwei Brüder
Es war einmal ein Bauer, der wurde so arm, dass er nur ein einziges Pferd behielt. Da nahm er einen Fischteich in Pacht, dass er sich von der Fischerei ernähren möchte. In dem Teiche hatte er schon mehrmals einen mächtig groÃen Fisch bemerkt, der ging niemals in das Netz hinein. Aber der Mann hatte nicht eher Ruhe noch Rast, bis er den Fisch doch endlich gefangen hatte. Da er ihn nun ans Land legte, tat der Fisch sein Maul auf und sprach: »Du hast mich nun in deiner Gewalt, Fischer, und ich merke wohl, dass ich nicht wieder fortkomme; darum befolge meinen Rat und nimm, wenn du mich geschlachtet hast, mein Herz, meine Leber, meine Galle und vier von meinen Flossfedern; das Herz gib deiner Frau zu essen, die Leber deinem Pferde, die Galle dem Hunde und die Flossfedern vergrabe unter dem Tropfenfall. Wenn du das tust, so wird es dein Glück sein.« Da tat der Mann, wie der Fisch ihm gesagt hatte.
Ãber eine Zeit, so gebar des Fischers Frau zwei Knaben, das Pferd warf zwei Füllen, der Hund zwei Junge, und als der Fischer unter dem Tropfenfalle nach den Flossfedern sah, so waren daraus zwei Schwerter und zwei Pistolen geworden. Die beiden Kinder, da sie gröÃer wurden, hatten eine sonderliche Lust, mit den blanken Waffen zu spielen; das sah aber ihr Vater gar nicht gern, nahm sie ihnen weg und versteckte sie oben im Hause unter den Hahnenbalken; die Kinder wussten sie aber doch wieder in ihre Hände zu bringen. Als sie sechzehn Jahre alt waren, sprach der, welcher zuerst geboren war, zu seinem Bruder: »Es lässt mir hier zu Hause keine Ruhe mehr; ich will jetzt fort in die Fremde und sehen, dass ich mein Glück mache.« Er nahm ein Pferd, einen Hund, ein Schwert und eine Pistole, verabschiedete sich bei Vater, Mutter und Bruder und ritt weg in die weite Welt hinein. Vorher stieà er aber noch ein Messer in einen Baum, dass sein Bruder daran erkennen könnte, ob es ihm gut ginge oder ob ihm ein Unglück widerfahren sei.
Er ritt eine lange Zeit; da kam er endlich an den königlichen Hof, da waren alle Geländer schwarz mit weiÃen Knöpfen darauf. In dem Wirtshause dem Schlosse gegenüber nahm er Herberge und fragte sogleich den Wirt, was denn das zu bedeuten hätte; die Gitter um das königliche Schloss wären ja alle ganz schwarz mit weiÃen Knöpfen. Sprach der Wirt: »Das kommt daher, weil die junge Prinzessin morgen dem Drachen geopfert werden muss.« â »Warum wird der Drache denn nicht getötet?«, fragte er. »Ach Gott«, sprach der Wirt, »es haben schon viele versucht, denn der König hat dem seine Tochter versprochen, der den siebenköpfigen Drachen besiegen würde, aber
Weitere Kostenlose Bücher