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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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sie sind alle ums Leben gekommen.«
    Da fasste er den Entschluss, das Wagestück zu unternehmen, und ritt den andern Tag zur bestimmten Stunde den Drachenstein hinauf. Da saß die Prinzessin und war ganz schwarz angezogen und weinte und erwartete jeden Augenblick den gräulichen Drachen, und indem, so kam das Ungeheuer auch schon heulend und mit Gebrause durch die Luft dahergeflogen und wollte die Prinzessin verschlingen. Aber der Junge ritt ihm mutig entgegen, schwang sein Schwert, und wie er den ersten Hieb tat, so flogen drei Köpfe ab, mit dem zweiten Hiebe wieder drei und als er zum dritten Male sein Schwert schwang, lag der siebente und letzte Kopf des Drachen auf dem Boden. Da hatte er die Prinzessin erlöst; die dankte ihm und wollte ihn gleich mit zu ihrem Vater nehmen. Er wollte aber nicht, soviel sie auch bat, sondern sprach: »Erst muss ich noch weiter in die Welt hinein, bis über ein Jahr, da will ich wiederkommen, wenn ich dann noch am Leben bin.« Weil er sich nun gar nicht halten ließ, so schenkte ihm die Prinzessin zum Andenken ihr seidenes Tuch, und dem Pferde und dem Hunde, die bei dem Kampfe treulich mitgeholfen hatten, gab sie von ihrem Korallenhalsbande jedem drei Schnüre um den Hals. Darauf schnitt der Junge den sieben Drachenköpfen die Zungen aus, wickelte sie in das seidene Tuch der Prinzessin, und nachdem er von ihr Abschied genommen hatte, ritt er wieder den Berg hinab in das Wirtshaus, zahlte seine Zeche und sprach zu dem Wirt, wenn ein Jahr vergangen wäre, so käme er wieder zurück; damit zog er weiter fort.
    Nun war da an dem königlichen Hofe ein alter General, der hatte aus der Ferne alles mit angesehen, was sich auf dem Drachenstein zutrug, und da er sah, dass der, welcher den Drachen getötet hatte, fort und die Prinzessin allein war, stieg er zu ihr hinauf und bedrohte sie mit heftigen Worten, dass sie schweigen oder auf der Stelle sterben müsste; und dann nahm er zum Wahrzeichen die sieben Drachenköpfe mit und ging mit der Prinzessin zu ihrem Vater dem Könige und gab sich für den aus, der den Drachen besiegt und die Prinzessin erlöst hätte. Die Prinzessin stellte aber die Bedingung, dass erst über ein Jahr die Hochzeit gefeiert werden sollte.
    Der rechte Drachentöter war unterdes weitergeritten und kam an ein fließendes Wasser, da hinüber führte eine Brücke, die war so beschaffen, dass sie wegfloss, wenn einer hinüber war. In demselben Augenblicke, da der Junge auf der andern Seite ankam, wurde die Brücke auch von dem Strome hinweggerissen. »Das ist noch einmal gut gegangen«, sprach er, »es war Zeit, dass ich hinüberkam.« Nicht lange war er geritten, so kam er an ein verwünschtes Schloss, da war kein Baum und kein Strauch und war alles still und öde. Bei dem Schlosse war aber ein großer Pferdestall mit vielen Pferden darin; denen kam der Hafer von selber in die Krippen; da brachte der Junge sein Pferd in den Stall und ging dann in das Schloss hinein.
    In dem Schlosse waren zwei Jungfern; die eine war weiß, die andere war schwarz; die weiße lag im Bett und war nicht lebendig und auch nicht tot und konnte kein Wort sprechen; die schwarze aber redete den Jungen an und sprach: »Du hast hier eine schwere Aufgabe zu vollbringen, wenn du uns und unser Schloss erlösen willst. Drei Nächte hintereinander musst du wachen und darfst kein Auge zutun; schläfst du aber ein, so ist hier noch eine alte Zigeunerin, die macht dich tot.« Danach brachte sie ihn in ein schönes Zimmer, gab ihm gutes Essen und Trinken und ließ ihn allein. Bis drei Uhr in der Nacht hielt es der Junge aus und blieb wach, da wurde er aber auf einmal so müde, dass er fest einschlief. Da kam die alte Zigeunerin hereingeschlichen und trug ein großes Beil in der Hand, damit hackte sie den Jungen in vier Stücke, trug ihn in ein Fass und salzte ihn ein.
    Um dieselbe Stunde stand der andere Bruder daheim bei dem Messer und sah, dass es auf einmal rostig wurde. »Nun ist mein Bruder in großer Not«, sprach er; »aber ich lasse ihn nicht im Stich, es mag kommen wie es will.« Sogleich setzte er sich auf sein Pferd, nahm seinen Hund, sein Schwert und seine Pistole mit, verabschiedete sich bei Vater und Mutter und zog fort, seinen Bruder aufzusuchen.
    Er kam auch in die Stadt und in dasselbe Wirtshaus, wo sein Bruder zuletzt eingekehrt war, und als ihn der Wirt kommen sah, meinte er,

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