Der große deutsche Märchenschatz
Schloss. Obgleich ihn die Wache nicht durchlassen wollte und Halt! gebot, so kehrte sich der Hund doch nicht daran, sondern ging geradewegs in den Saal zu der Prinzessin, die mit dem ganzen Hofstaate bei Tafel saÃ, und klopfte ihr mit der Pfote auf den SchoÃ. Da erkannte die Prinzessin den Hund an den drei Reihen Perlen, ging mit ihm in das Nebenzimmer und fand in seinem Nackenhaar den Zettel, worauf geschrieben stand: »Ich wünsche Braten von der königlichen Tafel zu haben.« Nachdem die Prinzessin dem Hunde einen Korb mit Braten ins Maul gegeben, lieà sie der Schlosswache sagen, sie sollte den Hund nur frei passieren lassen. Der kam mit dem Braten auch getreulich zu seinem Herrn, und der Wirt musste die Wette bezahlen.
Die Prinzessin, welche nun wohl sah, dass ihr Befreier angekommen war, bat ihren Vater, den König, dass er den Herrn, dem der Hund gehörte, holen lassen sollte. Da gab der König ihren Bitten nach und lieà ihn in einer Kutsche mit vier Schimmeln auf das Schloss holen. Er setzte sich ganz bescheiden zuunterst an die Tafel, darauf lagen zur Schau die sieben Köpfe des Drachen, und es wurde von den Gästen viel von der Tapferkeit des alten Generals hin und her gesprochen. Da stand der Junge ganz gelassen auf, sah den Drachenköpfen in den Schlund und fragte, wie das wäre; ob die Drachen denn keine Zunge hätten? »Nein!«, sprach schnell der alte General, »Drachen haben keine Zungen.« â »Das haben sie doch!«, sprach der Junge, »und wer den Drachen getötet hat, der muss auch wissen, wo die Zungen geblieben sind.« Damit band er sein seidenes Tuch auf, nahm die sieben Drachenzungen heraus und zeigte sie den Gästen, und als er sie den Drachenköpfen in den Schlund hielt, so passten sie ganz genau. Als der alte General das sah, wollte er flüchten, aber der König lieà ihn von der Wache festnehmen und sah nun wohl, wer der rechte Drachentöter gewesen war; danach so heiratete der Junge die königliche Prinzessin. Der treulose alte General wurde aber zur Strafe von vier Ochsen mitten auseinandergerissen.
Das verwünschte Schloss
In alter Zeit ist mal ein Edelmann gewesen, der hatte einen groÃen, schönen Wald und vieles Wild darin, aber alle seine Jägerburschen, die er noch gehabt hatte, wenn sie ausgingen, in dem Wald zu jagen, so kamen sie nicht wieder zurück, sodass zuletzt keiner mehr bei dem Edelmann in Dienst gehen wollte.
Nach langer Zeit kam endlich mal wieder ein junger, hübscher Bursche zugereist, der stellte sich dem Edelmann als Jäger vor; da sagte ihm der Edelmann, wie es mit dem Walde bestellt wäre und dass noch keiner wieder daraus zurückgekommen sei. Aber der Bursche bat so viel, er möchte ihn doch annehmen, dass er ihn zuletzt doch in seinen Dienst nahm.
Gleich den andern Tag sattelte der Jäger sein Pferd und zog zum Jagen in den Wald hinein. Nicht lange war er geritten, so sah er auf einmal dicht vor sich elf prächtige Hirschkühe und einen prächtigen Hirschbock, der trug ein Geweih von purem Golde. Da fasste den Jäger ein heftiges Verlangen, dem wunderbaren Hirsche zu folgen, dass er ihn womöglich erjagen möchte; darum trieb er sein Pferd zu raschem Laufe an. Die zwölf Hirsche aber, als er ihnen nachsetzte, sprangen eilig davon; und zuletzt wurde der Wald so wüst und dicht, dass er die Hirsche ganz aus den Augen verlor und sich verirrte. Mit dem, so brach auch die Nacht herein. Da stieg der Jäger auf einen hohen Baum und sah von da aus der Ferne her ein Licht schimmern. Als er nun in der Richtung, wo das Licht herschien, weiterritt, so kam er an einen groÃen Pferdestall, darin brannte die Stalllaterne, und das war das Licht gewesen, welches er von dem Baume aus hatte schimmern sehen. Da band er sein Pferd wie die andern Pferde in den Stall.
Der Pferdestall gehörte aber zu einem Schlosse, das stand nicht weit davon, und als der Jäger da hineinging, so fand er alles aufs Schönste eingerichtet, aber es war ganz still darin und kein lebendes Wesen zu hören und zu sehen. Nun stand da ein Schrank voll schöner Lesebücher, da nahm der Jäger eins von in die Hand, um sich die Zeit zu kürzen. Mit einem Male so wurde eine Stimme wach, die rief: »Was beliebt?« â »Ei!«, sprach der Jäger, »wennâs nach meinem Belieben geht, so möchte ich wohl Waschwasser haben und ein gutes Abendbrot.« Und was er
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