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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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hinaus, und es lief mit. Abends kehrte es immer wieder heim, und dann liebkosten es der Mann und die Frau, und es grunzte vor Freuden.
    Aber was merkwürdig war, es konnte auch sprechen wie ein ordentlicher Mensch. Es wuchs sehr langsam, und erst nach siebzehn Jahren war es endlich ein ganz großes Eberschwein. Da geschah es, dass eines Abends die beiden Eheleute untereinander sprachen: Der König habe ausgeschrieben, er wolle seine einzige Tochter nur dem zum Weibe geben, der drei Aufgaben löse, aber noch habe kein Königssohn die Aufgaben lösen können. Siehe, da richtete sich nur einmal ihr Borstenkind pfeilgerade empor und sprach: »Vater, führet mich zum König und verlangt für mich seine Tochter!« Der Mann aber erschrak über diese Kühnheit so sehr, dass ihm der Atem eine Zeit lang stehen blieb. »Wo denkst du hin, mein Sohn, was würde mir der König tun, wenn ich es wagte, so ein Verlangen zu stellen!« Aber das Borstenkind ließ nicht ab und schrie und grunzte dem Manne tagtäglich in die Ohren: »Vater, kommt zum König, ich kann das nicht länger aushalten, kommt nur, es wird Euch nichts geschehen!«
    Endlich gab der Mann nach, nahm Abschied von seiner Frau und wanderte der Königsstadt zu. Sie kamen ans Schloss. Es wurde das Tor geöffnet, das Schwein aber wollte man nicht hineinlassen, doch drängte es sich durch alle Wachen hindurch bis in das Vorzimmer des Königs. Hier blieb es zurück. Der Mann trat zitternd vor den König und bat für seinen Sohn um die Hand der Prinzessin. »So bringt ihn herein, dass ich ihn sehe!« Als nun der Bauer die Türe öffnete, stürzte der Eber mit einem »Roh, roh!« hinein. »Was ist das?«, schrie der König wütend, »ist das dein Sohn?« – »Ja!«, stammelte der Mann. »Wie kannst du dich unterstehen, mit dem garstigen Tier zu mir zu kommen?« Da rief er schnell seine Diener und ließ den Mann samt dem Schwein in den tiefsten Kerker werfen. Nun klagte und jammerte der alte Mann und sprach zu seinem Borstensohn: »Siehst du es jetzt, wohin du mich gebracht hast!« – »Lasset das nur gut sein, es wird schon anders werden!«
    Am andern Morgen sollte der Alte gehenkt und das Schwein erschlagen werden. Da bedachte sich der König und sprach: »Wohlan, ich will Gnade ergehen lassen. Wenn dein Sohn, ob er nun auch ein garstiges Tier ist, die drei Aufgaben lösen kann, so soll er meine Tochter zum Gemahl bekommen und ich will dich dazu noch mit reichen Geschenken entlassen. Löst er sie nicht, so hat dein und sein Leben ein Ende!« – Jetzt haben wir gewonnen!«, sprach das Borstenkind zu seinem Vater und tröstete ihn.
    Abends ließ der König sagen: Bis zum anderen Tage solle das Schloss, in dem er wohne, von purem Silber sein, sonst nichts mehr. Da hörte man in der Nacht nur einige Male knarren und krachen, dann ward es still. Als am Morgen der König erwachte und die Sonne durchs Fenster schien, blendete ihn das Licht so sehr, dass er die Augen schließen musste. Er stand auf und sah, dass alles von Silber war. »Das ist gelungen. Aber die zweite Aufgabe wird er nicht lösen!«
    Abends ließ der König sagen: Bis zum andern Morgen solle seinem Schlosse gegenüber sieben Meilen weit ein ebenso großes Schloss aus purem Golde gebaut sein. Man hörte in der Nacht wieder nur einige Mal krachen und brausen, und es ward still. Als am Morgen der König erwachte, strahlte ein so reicher Glanz auf ihn durch die Fenster, dass er fast erblindete. Er sprang aus dem Bett, und sowie sich seine Augen ein wenig gewöhnt hatten, sah er nur einmal in der Ferne das goldene Schloss. »Ha, auch das ist gelungen!«, rief der König und erstaunte nicht wenig. »Die dritte Aufgabe kann er mir dennoch unmöglich lösen!«
    Abends ließ der König sagen: Bis zum anderen Morgen solle von dem einen Schlosse bis zum andern eine Brücke gebaut sein aus lauter Diamantkristall, sodass der König gleich darauf spazieren könne. Man hörte wieder in der Nacht einige Mal klirren und klappern, dann war es still. Es war aber noch lange nicht Tag, als der König erwachte, und es schien so hell durch die Fenster, als stehe die Sonne schon lange am Himmel. Er sprang aus dem Bett und sah neugierig hinaus. Da konnte er sich vor Erstaunen nicht fassen, als er sah, dass aller Glanz von der wundervollen Brücke kam,

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