Der große deutsche Märchenschatz
»oh, erzähle nur weiter!« Dann, erzählte er fort, sei er schnell aufgesprungen, habe das Schwert genommen und habe den drei Hünen im Hofe, wie sie einzeln durch das Mauerloch gekrochen wären, das Haupt abgeschlagen. »Oh, wie er wieder lügt!«, riefen seine Mutter und Brüder. »Nur weiter, nur weiter!«, rief die Königstochter, »bis zu Ende!« Dann habe er das Blut vom Schwerte gewischt, habe es an seine Stelle gehängt und habe zuletzt der Königstochter noch einen feurigen Kuss gegeben. Dann sei er fort. Eben habe es auf dem Schlossturm eins geschlagen, wie er hinausgekommen. Dann sei er zurück in den Wald zu seinen Brüdern und zu seiner Mutter, die hätten noch geschlafen. Am Morgen seien sie dann miteinander weitergezogen nach der heiligen Waldkapelle im Morgenlande, und jetzt sei er hier. Die Geschichte mit der Königstochter und den Hünen sei freilich auch sehr wunderbar, aber er habe dafür auch die Wahrzeichen. Damit langte er die Hünenzungen hervor und den goldnen Ring, den er der Königstochter beim Weggehen vom Finger gestreift hatte. Sie erkannte den Ring gleich und konnte sich nicht länger halten und sprach:
»Du bist mein Retter und mein Mann, siehe hier dein Kind!« Die Mutter und die Brüder machten groÃe Augen. Sie mussten sich jetzt dareingeben und die Sache glauben. Die Königstochter hielt aber noch alles verborgen. Sie zog zu ihrem Vater und sagte, sie wolle nun, da das Jahr vorüber sei, mit ihrem Retter Hochzeit halten. Der Hauptmann saà als Bräutigam an der Tafel und tat groÃ. Die drei Brüder und ihre Mutter waren auch zugegen. Da bat die Königstochter den Hauptmann, er solle die Geschichte mit den Hünen erzählen. Dazu war er gleich bereit und fing an zu erzählen und log so viel zusammen, dass man in der Banner Pelzmühle, wo man die Lügen mahlt, in zehn Jahren nicht so viel zusammen mahlen kann. Da hätte er dieses und jenes getan und sehr viel Angst und Schweià und Gefahr ausgestanden, bis er die drei Ungeheuer überwältigt hätte. Da sprach der Junge: Womit könne erâs beweisen, dass er die Hünen umgebracht habe. Da lieà der Hauptmann die Hünenhäupter hereinbringen. Der Junge aber sperrte die Mäuler auf und fragte, wo denn die Zungen seien. Da wusste der Hauptmann keinen rechten Bescheid, stockte und haperte und sprach: Hünen hätten ja keine.
Der Junge aber langte die Zungen hervor, und sie passten genau. »Wer hat nun«, fragte der Junge, »die Hünen getötet, der, welcher die Häupter, oder der, welcher die Zungen hat?« â »Der die Zungen hat!«, riefen alle. Da wurde der Hauptmann ergriffen und für seinen bösen Betrug in ein Fass, das inwendig mit Nadeln besetzt war, hineingelegt und ins Meer gerollt.
Der Junge aber feierte jetzt die Hochzeit mit der schönen Königstochter und war glücklich und zufrieden. Seine Mutter und seine Brüder zogen heim und schämten sich, dass sie den Jüngsten für einen Dummian gehalten und missachtet hatten. Der aber ward bald König und blieb geehrt sein Leben lang.
Das Borstenkind
Eine Königin saà vor ihrem Palast unter einer groÃen Linde und schälte sich Ãpfel. Ihr dreijähriger Sohn spielte um sie herum und hätte auch gerne ein Stückchen gehabt. Weil ihm aber seine Mutter nichts geben wollte, hob er die Schalen auf und aà sie. Als die Königin das sah, vergaà sie sich und rief im Ãrger: »Ei, dass du ein Schweinchen wärest!« Siehe, da war der Königsknabe plötzlich ein Schweinchen und quiekte und lief hinaus zur Herde.
Nun lebten an dem Saume des Waldes zwei arme Leutchen, die hatten keine Kinder und das schmerzte sie sehr. Sie saÃen aber gerade vor dem Hause, als am Abend die Schweine heimkehrten. Da sprach die Frau zu ihrem Manne: »Wenn uns Gott doch ein Kind bescherte, und wäre es auch so rau und borstig wie ein Schwein!« Und siehe, da kam gleich aus der Herde ein junges Schweinchen herangelaufen und schmeichelte und streichelte sich an die Alten und wollte nicht von ihnen, also dass sie sahen, ihr Wunsch wäre erfüllt. Nun nahmen sie es zu sich in die Stube wie ihr Kind, pflegten es fein, gaben ihm zu fressen Semmeln und Milch und machten ihm auch ein weiches Bettchen. Frühmorgens wenn man die Herde trieb und das Horn ertönte, konnte es daheim nicht aushalten, und man lieà es
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