Der große Fetisch
unserer Frauen beginnen. Die Reinheit unserer Rasse wäre dann in Gefahr.«
Marko sagte: »Wieviel Zeit haben wir noch?«
»Bis morgen früh. Wir achten darauf, daß alles seine rechte Ordnung hat, und es wird so lange dauern, bis unsere Gerichte Ihren Fall bearbeitet haben. Aber hören Sie, hier stellen wir die Fragen, und nicht Sie.«
Der Hohepriester gab den Wachen einen Befehl, worauf Marko und Halran aus dem Zimmer geführt wurden.
»Heiliger Vater!« rief Halran. »Sie schulden uns wenigstens – ah, geistlichen Beistand, nicht wahr?«
Die Wachen blieben stehen, und der Hohepriester lächelte leicht – das erste Anzeichen eines Gefühls, das Marko auf dem Gesicht eines Afkaners gesehen hatte. »Das ist anzunehmen. Ich werde Sie heute abend noch besuchen, nach der Abendmahlzeit, die Sie so unverhofft gestört haben.«
Als Ndovu ihre Zelle betrat, sagte er: »Ich bin überzeugt, daß der wahre Glaube Laas in Ihrem barbarischen Land unbekannt ist.«
»Das stimmt«, sagte Halran. »Bitte, klären Sie uns über ihn auf.«
»Nun, im Anfang schuf Laa den Himmel und die Erde. Er schuf auch den ersten Mann und die erste Frau, mit Namen Kongo und Kenya.
Viele Jahrhunderte hindurch bewohnten die Nachfahren Kongos und Kenyas das Land. Dann begannen einige, einen sündhaften Lebenswandel zu führen. Ich habe nicht die Zeit, alle Einzelheiten aufzuführen, es genügt jedoch, wenn ich Ihnen sage, daß Laa die Sünder dadurch bestrafte, daß er ihre Haut bleich werden ließ. Davor war die ganze Menschheit schwarz wie wir gewesen.
Die Zeit ging hin, und die Verdammten, die Bleichhäute, nahmen an Zahl zu. In einer plötzlichen Anstrengung überwanden sie die tugendhaften Schwarzhäute und machten sie zu Sklaven. Viele Generationen lang zwangen sie die Schwarzen, niedrige Arbeiten auszuführen.
Schließlich sandte Laa den Schwarzen, die in Gefangenschaft waren, einen Führer mit Namen Mozo, der sie in die Freiheit führen sollte. Mozo warnte den König der Bleichhäute, daß sein Volk schrecklich bestraft werden würde, wenn er Laas auserwähltes Volk nicht ziehen lassen würde.
Der König schenkte ihm aber keinen Glauben. Er ließ Mozo voller Zorn aus dem Palast werfen. Die Folge war, daß sein Volk von den Transors und anderen Schädlingen, von Trockenheit, Seuchen und anderen Plagen heimgesucht wurde. Nachdem die Bleichhäute von sieben Plagen überfallen worden waren, war ihr König endlich einverstanden, Laas Volk ziehen zu lassen. So zog es, geführt von Mozo, aus dem Land.
Dann bereute der König, Mozos Drohungen nachgegeben zu haben und verfolgte ihn mit seinem Heer. Als die Schwarzhäute aber die Küste des Mittelmeers erreicht hatten, betete Mozo zu Laa, der die Wasser des Meeres teilte. So erreichte Laas Volk trockenen Fußes die Insel Afka. Doch als der König der Bleichhäute und sein Heer folgen wollten, kehrten die Wasser zurück und ertränkten alle.
Bevor Mozo starb, rief er sein Volk vor sich und legte die Gesetze fest, nach denen es leben sollte. Neben den üblichen Verboten, das heißt, nicht zu lügen, nicht zu stehlen, nicht zu morden und nicht unkeusch zu sein, befahl er allen Afkanern, tüchtig, kraftvoll und fleißig zu sein. Sie sollten sich bis zu den Zähnen bewaffnen und immer bereit sein, sich zu verteidigen und das Land zu schützen, das Laa ihnen gegeben hatte.
Die Verdammten hatten sie zu Sklaven gemacht, sagte er, weil sie das Leben zu leicht genommen hatten. Sie hatten das Leben genossen, und dadurch waren sie von den Bleichhäuten politisch und technisch überflügelt worden. Das, meinte er, dürfe nie wieder geschehen. Es heißt, je mehr ein Mensch die Freuden des Lebens in dieser Welt aufgibt, desto größer werden seine Freuden auf Erden sein.«
»Ihr Afkaner scheint ein schrecklich puritanisches Volk zu sein«, sagte Halran. »Sie entschuldigen schon, daß ich das so sage.«
Ndovu sah ihn mit einem strahlenden Lächeln an. »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Was Sie sagen, wird hier als großes Lob angesehen. Mozo bestand außerdem auf rassischer Reinheit des Volkes, wenn es von Laa weiterhin geliebt und beschützt sein wollte. In der Zeit der Sklaverei war es natürlich zu Vermischungen der beiden Rassen gekommen, und viele Schwarze hatten eigentlich eine hellere Haut. Seitdem achten wir auf die Hautfarbe der Neugeborenen, und wenn sich Anzeichen von weißem Blut zeigen, töten wir das Kind. Auf diese Weise haben wir fast alle Spuren des Blutes der Verdammten
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